Kapitel 24 - "Tu mir sowas nie wieder an"

1.3K 99 4
                                    

Kapitel 24 - "Tu mir sowas nie wieder an"

*Hermines Sicht*

Ich wache auf. Im Bett. Alleine.
Ein Blick auf meinen Tempuszauber verrät mir, dass wir erst sechs Uhr haben.
Leise seufze ich und drehe mich auf die andere Seite, da mir mein Becken inzwischen schmerzt.
Der Streit mit Severus ist gestern Abend noch ziemlich heftig geworden.
Es wurde viel gebrüllt, einige Gläser und Vasen haben schmerzliche Bekanntschaft mit der Wand gemacht und es wurde noch mehr gebrüllt.
Dass sich das aber auch immer so hochschaukeln muss.
Erneut keimt Wut in mir auf, als ich daran denke, dass er mich für eine kleine Banalität so angefahren hat.
Doch dann strecke ich meinen Arm aus und spüre, dass seine verwaiste Bettseite eiskalt ist.
Er ist die ganze Nacht nicht hier gewesen.

Ein beklemmendes Gefühl macht sich in meiner Brust breit und ich versuche meinen aufgeregten Atem unter Kontrolle zu bekommen.
So sehr haben wir uns noch nie gestritten, dass er sich dazu entschließt freiwillig auf der Couch zu schlafen.
Nach einigen Atemkontrollen und Seufzern, entscheide ich mich dazu aufzustehen und wie jeden Morgen joggen zu gehen.
Außerdem kann ich so einen Blick auf ihn erhaschen.
Also stehe ich mühsam auf, strecke meine versteiften Glieder, schlüpfe in meine Sportsachen und schleiche mich leise aus dem Schlafzimmer.

Ich öffne vorsichtig die Tür, stecke meinen Kopf durch und sehe mich um.
Ein kleines Glutnest im Kamin erhellt den Raum mehr schlecht als recht, doch ich vernehme ein ganz leises Schnarchen.
Er ist wenigstens hier.
Erleichtert stoße ich die Tür weiter auf, sodass ich hindurchschlüpfen kann und schleiche mich auf Zehenspitzen an.
Ich achte penibel drauf, dass ich weder am Teppich hängen bleibe, noch in irgendeiner Weise Mobiliar mit meinem Körper berühre.
Die Zeit auf der Flucht hat mich flexibel werden lassen, sodass ich gekonnt jede Geräuschquelle umschlängeln kann, bis ich mich vor der Couch wiederfinde.

Mein Blick fällt auf einen leise vor sich hin schnarchenden Severus, der halb von der Couch fällt.
Sein rechter Arm hängt von der Sitzfläche und sein Kopf liegt gefährlich nahe an der Kante.
Die rabenschwarzen Haare hängen ihm wirr im Gesicht, sein Mund ist leicht geöffnet und die dünne Decke, mit der er seinen, nur mit Boxershort bekleideten, Körper zugedeckt hat, liegt nur noch halbherzig auf seinen Beinen.
Er muss unglaublich frieren.
Auf dem Beistelltisch neben der Couch steht eine Flasche Feuerwhiskey, die gut geleert ist.
Sein Anblick berührt mich zutiefst und ich kann mir ein kleines Schluchzen nur mit Mühe unterdrücken.
Kurz entschlossen zücke ich meinen Zauberstab und bringe ihn, vor mir her schwebend, ins Schlafzimmer in sein Bett.
Dort angekommen decke ich ihn sorgsam zu, gebe ihm einen leichten Kuss auf die Stirn und streiche ihm die Strähnen aus dem Gesicht.
Soll er sich noch eine Stunde aufwärmen und ausruhen.

Als ich zurück ins Wohnzimmer komme beseitige ich das Durcheinander seines nächtlichen Durstanfalls.
Nachdem sowohl die Flasche, als auch die Gläser und die Decke ordentlich verstaut sind, begebe ich mich endlich auf die Ländereien, um meinem neuen Hobby nachzugehen.
Die morgendlich kühle Luft schlägt mir ins Gesicht, als ich durch das Schlossportal trete und der erweckende Sauerstoff kriecht in jede Faser meines Körpers, sodass ich ohne Umschweife beginne los zu laufen.
Sofort spüre ich, dass sich meine Gedanken und Sorgen mit jedem Schritt zu lockern scheinen, bis sie in ungeahnte Höhen abgedriftet sind.
Mein Kopf ist leer und mein Körper ist bereit jede Grenze auszureizen.

Bei jeder kleinen Bewegung in meiner Nähe gehe ich in Angriffsposition, bereit mich zu verteidigen, doch jedes Mal stellt es sich als ein junges, verirrtes Reh oder einen Vogel heraus.
Das Adrenalin kocht mir dennoch in den Adern und treibt mich an ungeahnte Spitzen meiner Kondition.
Immer schneller absolviere ich die Runden um den schwarzen See, bis ich nur noch einen Bruchteil der Zeit brauche, die ich bei meinem ersten Lauf benötigt habe.
Langsam laufe ich meine letzte Runde aus, weil mir der Stand der Sonne verrät, dass es allerhöchste Zeit ist duschen zu gehen, wenn ich vor dem Frühstück noch meine Differenzen mit Severus klären möchte.

Also wische ich mir den Schweiß und einige verirrte, an meiner Stirn klebende, Strähnen aus dem Gesicht und mache ich auf den Weg zurück ins Schloss.
Aber da habe ich meine Rechnung ohne einen grimmig blickenden, in schwarze Roben gekleideten Mann gemacht.
Lässig lehnt er am Portal und blickt mich abschätzend an.
In meinem Innern rebelliert es und mein Mut versteckt sich in der hintersten Ecke, als ich seinen Gesichtsausdruck erkenne.
Wut, Verzweiflung, Sorge und Enttäuschung liegen darin.

Trotzdem straffe ich meinen Rücken, zwinge meinen Mut mir beizustehen und gehe betont gleichgültig auf ihn zu.
„Guten Morgen", sage ich fröhlich.
„Wieso bist du hier draußen?", fragt er, ohne auch nur auf meine Begrüßung einzugehen.
„Ja, ich freue mich auch dich zu sehen, Severus", schnaube ich und bleibe mit verschränkten Armen vor ihm stehen.
„Antworte mir", knurrt er ungehalten und mein Mut will sich mit aller Kraft von mir losreißen und fliehen, doch ich schaffe es irgendwie ihn bei mir zu halten.
„Weil du genau weißt, dass ich jeden Morgen laufen gehe", gebe ich ihm zurück.
Ein lautes Schnauben ist seine Antwort.

„Machst du das eigentlich mit Absicht?", fragt er mit einem leisen, aber deutlich vernehmbaren Knurren in der Brust.
Dieses Mal ist es an mir seine Frage zu übergehen und sage gespielt lässig, „Wenn du dich so sehr sorgst, könntest du mit mir aufstehen und mich bewachen"
Damit löse ich mich aus seinem, mich niederstarrenden, Blick, gehe an ihm vorbei und schlage meinen Weg in die Kerker ein.
Prompt setzt ein ungutes Gefühl bei mir ein und ein kleiner Schauer läuft mir über den Rücken.
Wieso muss ich ihn auch immer so provozieren?

Mir bleibt beinahe das Herz stehen, als ich neben mich sehe und er auf gleicher Höhe neben mir läuft.
Ich dachte, er würde noch am Portal stehen, doch scheinbar sind seine Fähigkeiten als Spion, zu denen auch gehört sich geräuschlos von A nach B zu bewegen, nach wie vor ausgeprägt.
Beeindruckend, denke ich mir und nicke im Innern anerkennend mit meinem Kopf.
Kurz bevor wir auf die Treppen, die in die Kerker führen, abbiegen, werde ich am Arm gepackt und etwas unsanft gegen den kalten Stein der Mauer gedrückt.
Geräuschvoll wird die Luft aus meinen Lungen gedrückt und meine Lider beginnen leicht zu flattern.

„Tu mir sowas nie wieder an", flüstert er eindringlich leise und betont dabei jedes Wort auf seine ganz eigene Weise.
Gänsehaut krabbelt über meinen gesamten Körper und seine samtene, bedrohliche Stimme nimmt mich in Beschlag, sodass meine Libido sofort auf in reagiert.
Ich öffne meine Lider und fixiere seine schwarzen Augen, in denen ich ein Funkeln erkenne, mit den meinen.
Seine markante Nase berührt meine, weil er mir so nah steht.

Komm, unsere Herzen zeigen uns den WegWo Geschichten leben. Entdecke jetzt