Kapitel 50 - Schlammblut
*Severus Sicht *
Der erste Schnee dieses Jahres knirscht unter meinen Füßen, als ich die zugeschneiten Hügel hinuntergehe, um nach Hogsmeade zu gelangen. In zwei Wochen ist Heilig Abend und der Winter hat nun gänzlich Einzug gehalten.
Mein Blick schweift über das weitreichende Weiß, das alles unter sich begräbt. Die Äste der verschiedenen Bäume, die ich passiere, biegen sich aufgrund der enormen Last durch und hängen traurig gen Boden. Der Schwarze See beginnt an den Seiten zuzufrieren und Pomona hatte einige Schwierigkeiten ihr Malvenkraut durchzubringen.
Mit starrem Blick schreite ich weiter voran, mein Ziel stets vor Augen.
Seit Potter mich das letzte Mal zu sich gebeten hat, sind fünf Wochen vergangen. Mein Puls beschleunigt sich, als ich daran denke, was passiert ist, als ich zurückkam. Eine angenehme Enge breitet sich unter meinen Roben aus.
Schnell schüttle ich den Kopf, um diese Gedanken loszuwerden. Ich darf während einer Mission nicht abgelenkt sein.
Ich straffe meinen Rücken, setze meine undurchdringliche Maske, die ich für eine Sekunde verloren hatte, auf und folge dem Weg, die Gebäude Hogsmeades bereits vor mir.
Nachdem ich – mehr schlecht, als recht – die Bilder von braunen Locken, weichen Lippen und einem vor Lust verzogenem Gesicht verdrängt habe, schießen mir andere Gedanken wie Klatscher durch den Kopf.
Was hat Potter dieses Mal gefunden? War es ein gutes Zeichen, dass er sich fünf Wochen nicht bei mir gemeldet hat? Wird es erneut so schmerzhaft für mich, wie die letzten Male?
Mein linker Unterarm beginnt bereits zu kribbeln, doch ich ignoriere ihn geflissentlich.
Als ich in den Matsch, den die Menschen inzwischen aus dem Schnee getrampelt haben, trete, verziehe ich mein Gesicht zu angewiderten Grimasse. Dennoch lasse ich mich nicht von meinem Vorhaben abbringen, weshalb ich direkt appariere, als ich ich die Grenze, die Hogwarts schützt, verlassen habe.Nachdem der vertraute Sog nachgelassen hat, öffne ich meine Augen und schaue mich um. Das idyllische Haus der Potters ist vollends mit einer dicken Schicht weißer Masse bedeckt, sodass es sich hervorragend in die Umgebung integriert. Wo ich auch hinsehe, ich erkenne nicht weiter, als Schnee. In allen Himmelsrichtungen herrscht eine Farbe vor – weiß. Ein eiskalter Windhauch umspielt meine Nase, doch meine Roben schützen mich vor solchen Witterungsbedingungen.
Mit geradem Rücken gehe ich auf die Holztür zu, an der ein eingeschneites Schild hängt, an dem man nur noch mit viel Fantasie „Potter" ablesen kann.
Ich hebe meine Hand und klopfe zweimal fest und bestimmt an. Mit verschränkten Armen warte ich darauf, dass mir endlich jemand öffnet.
„Ah! Severus!", ruft Miss Weasley und breitet ihre Arme aus, nur um dann einen Schritt auf mich zuzugehen. Schnell weiche ich zurück, meinen Blick ständig auf ihr liegend und jede ihrer Bewegungen beobachtend. Sie sieht mich einen Augenblick abschätzend an, ehe sie ihre Arme sinken lässt, seufzt und mit ihrer Hand eine einladende Geste vollführt. „Komm rein."
Als sie sich zur Seite dreht, um mir Platz zu machen, fällt mein Blick auf ihren bereits deutlich gerundeten Bauch. Ich ziehe eine Augenbraue ihn die Höhe.
„Zu viel gegessen, Miss Weasley?", frage ich spöttisch, als ich ihr in die Augen sehe. Diese beginnen sofort zu funkeln, während sie ihre Hände schützend über die Rundung legt und schnaubt.
„Du kannst es dir auch nicht einmal verkneifen, oder?", ertönt Hermines wundervolle Stimme tadelnd in meinem Kopf. Ein kaum hörbares, raues Lachen entfährt mir, ehe ich mich an Potters Frau vorbei zwänge, um in die Höhle des Löwen zu treten.
„Dir ist die Genauigkeit deiner Worte durchaus bewusst, ja?", fragt sie mich mit ihrer Himmelsmelodie in meinen Gedanken. Ich kann mir ein kleines Grinsen nicht unterdrücken, was sie dazu bringt zu schmunzeln. „Natürlich ist es das..."
„Severus! Wie schön, dass du es so schnell einrichten konntest", begrüßt mich Potter und unterbricht – zu meinem Missfallen – das zauberhafte Gedankengespräch. Mit ernster Miene kommt er auf mich zu gelaufen, um mir zur Begrüßung die Hand zu geben. Schnell und kräftig schüttle ich sie, ehe ich zu sprechen beginne.
„Was hast du gefunden?", frage ich direkt, ohne großes Geplänkel. Schließlich bin ich nicht hier um gemütlich einen Kaffee zu trinken.
„Möchtet ihr Kaffee oder Tee?", erkundigt sich Miss Weasley auch sogleich aus der Küche. Ich verdrehe unwillkürlich meine Augen und ziehe meine Brauen tief in mein Gesicht.
„Ich nicht, Schatz", antwortet Potter, wirft einen Blick auf mich und verzieht seinen Mund. „Severus auch nicht."
Langsam geht er voran Richtung Sofa, setzt sich und schaut mich abwartend an, ob ich mich auch dazu leiten lasse, neben ihm Platz zu nehmen. Ich bewege mich keinen Zentimeter, sondern starre ihn an. Er senkt den Kopf und seufzt.
„Wir sollten gleich los. Ich habe etwas in Wales gefunden. Wieder dieses Zeichen, doch dieses Mal..." Er unterbricht kurz, um nervös mit seinen Fingern zu spielen. Seine Hände kneten sich in seinem Schoß und ich meine zu erkennen, dass er leicht zittert.
„Was?", setze ich nach, als er scheinbar nicht gewillt ist weiterzusprechen. Sein Kopf hebt sich und er sieht mir direkt in die Augen. Für einen kurzen Moment bleibt mir der Atem weg, als ich seinen Gesichtsausdruck sehe. Er zeigt pures Leid, seine Augen triefen vor Panik.
„Du musst es sehen, Severus", haucht er bloß, ehe er seinen Kopf erneut senkt, um seine werkelnden Hände zu beobachten.
Plötzlich werde ich wütend. Angespannt ballen sich meine Hände zu Fäusten. Wieso sagt er es mir nicht einfach?
„Dann lass uns auch gehen", knurre ich bedrohlich, als er noch immer keine Anstalten macht aufzustehen, oder gar mir etwas zu sagen. Kaum merklich nickt er, erhebt sich und geht an mir vorbei.
Ich bleibe vorerst mitten im Wohnzimmer stehen, darauf wartend, dass er endlich aufbruchbereit ist. Meine Gedanken fliegen wie Wichtel in meinem Kopf hin und her. Wenn sich Potter so aufführt, wird es dieses Mal wohl eine andere Mission, als die davor.
„Komm, wir gehen", murmelt er, während er sich einen Wintermantel und einen Schal überzieht.
„Alleine?", frage ich herablassender, als beabsichtigt. Potter sieht auf, während er den Reißverschluss seiner Jacke zuzieht und nickt.
„All meine Auroren sind heute verhindert. Teilweise wurden sie direkt heute Morgen zu einigen Fällen beordert."
Mit einem verabschiedendem Nicken in Richtung Miss Weasley, schreite ich an Potter und seiner Gemahlin vorbei, öffne die Tür und trete in die Eiseskälte, die sich sogleich wie eine ausgehungerte Chimära auf mich stürzt.
Inzwischen hat es angefangen zu schneien. Die kleinen weißen Kristalle landen auf mir und schmelzen sogleich, als sie die Hitze, die ich ausstrahle, bemerken.
Hinter mir vernehme ich das Geräusch einer schließenden Tür, weshalb ich meine Hand ausstrecke und Potters mir dargebotenen Arm sofort ergreife.Stillschweigend laufen wir nebeneinander her, seitdem wir aus dem Sog des Apparierens gespuckt wurden. Seit einigen Minuten schlagen wir uns inzwischen durch den immer stärker werdenden Schneesturm. Mit jedem Schritt nimmt der Schmerz in meinem Arm zu, sodass meine Kiefer bereits aufeinander mahlen, um ihn irgendwie zu unterdrücken.
Mitten in Wales, irgendwo im Niemandsland, in dem weit und breit nichts zu sehen ist, außer Schnee, hier und da ein Baum und - wie soll es anders sein - Schnee, kämpfen wir uns mühsam voran, bis Potter endlich stehen bleibt. Auch ich bin mir sicher, dass es hier sein muss, denn das Brennen in meinem Arm zwingt mich beinahe erneut in die Knie. Mit den letzten Missionen habe ich mich zu beherrschen gelernt, dennoch ändert meine hervorragende Selbstbeherrschung nichts an den fürchterlichen schmerzen.
Mit einer kurzen Bewegung seines Zauberstabes lässt er den Schnee in einem Umkreis von gut drei Metern schmelzen.
Ich blinzle mehrmals gegen den kalten Wind an, der mir ins Gesicht peitscht und versuche zu lesen, was dort neben dem Zeichen auf dem Boden geschrieben steht.
Doch ehe meine Augen die Buchstaben entziffern können, fällt mein Blick auf etwas anderes, das dort mitten in dem Totenkopf liegt.
Mein Herz setzt einen Schlag aus und meine Augen weiten sich, als ich den braunen Fellhaufen erkenne. Erkaltet und erstarrt, irgendwo achtlos auf den Boden geworfen.
Ich atme einmal tief durch, der eisige Sauerstoff brennt in meinen Atemwegen, straffe meinen Rücken und beginne zu lesen.
Plötzlich geben meine Knie unter mir nach und ich sacke kraftlos auf den gefrorenen Boden. Mein Atem stockt und das Herz in meiner Brust verlangsamt seinen Rhythmus drastisch.
Meine Hände beginnen zu zittern, als ich sich die Worte in meinem Kopf zu einzelnen Buchstaben auflösen und wieder zusammensetzen. Als nächstes dein Schlammblut.
Ich nehme nichts mehr um mich herum wahr.
Der kalte, pfeifende Wind rückt in den Hintergrund, ebenso wie meine schmerzenden Knie und mein brennender Arm. Selbst Potter, der scheinbar aufgebracht etwas brüllt, ist gedämpft von dem Rauschen, das in meinen Ohren pocht.
Langsam dringt Potters Stimme in meinen Gehörgang. Erst leise, dann immer deutlicher.
„Falle! Severus, wir müssen weg!", schreit er über den lautstarken Wind zu mir herüber. Mein Kopf ruckt in seine Richtung und ich erkenne, dass er mit gezücktem Zauberstab in Angriffsstellung steht, sich immer im Kreis drehend.
Mein Hirn schaltet schnell. Abrupt bin ich auf den Beinen, meinen Zauberstab in das endlose Weiß gerichtet, als plötzlich hinter mir ein grünes Licht aufleuchtet. Gerade rechtzeitig hechte ich zu Potter, um nicht getroffen zu werden. Adrenalin pumpt durch meine Adern und lässt mich klarer sehen. Fokussierter.
Panisch streckt er seinen Arm nach mir aus, den ich sofort ergreife. Der vertraute Sog zieht mich an meinem Nabel nach hinten, als ich die Augen weit aufreiße. Das Grün wird vom Schnee reflektiert.Das Nächste, das ich höre, ist ein entsetzliches Reißen, gefolgt von einem markdurchdringenden Schrei. Sekunden später realisiere ich, dass das mein eigener gewesen sein muss. Mein linker Arm brennt, als würde er geradewegs in den Feueratem eines Drachens gehalten werden und der Schmerz beginnt sich durch meine gesamte linke Körperhälfte zu ziehen.
„Scheiße! Severus!", brüllt Potter, der uns scheinbar direkt in sein Wohnzimmer appariert hat, doch ich schiebe ihn unter starker Anstrengung beiseite.
Schwer keuchend greife ich mit dem rechten Arm in die Schüssel Flohpulver, werfe sie dabei auf den Boden und schmeiße mit letzter Kraft das schwarze Puder in die Flammen des Kamins, ehe ich mich in diesen hineinrolle.
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Komm, unsere Herzen zeigen uns den Weg
FanficHermines Karriere läuft nun doch anders, als bisher geplant. Aber das macht ihr nichts aus, denn immerhin hat sie ihre große Liebe an ihrer Seite. Severus Snape. Endlich können die beiden ein glückliches, gemeinsames Leben führen, oder doch nicht? M...