Kapitel 32 - Des einen Freud ist des anderen Leid
*Severus' Sicht*
„Die Stunde ist beendet", schnarre ich und durchdringe somit das laute Kratzen der Kessel, die über die Tische geschoben werden, und das leise, aber dennoch deutlich wahrnehmbare Murmeln der Schüler. In Windeseile packen sie ihre Sachen zusammen und verlassen fluchtartig den Raum. Offensichtlich hat mein Ausbruch vorhin, der auf Brandon Snow's Unfähigkeit beruhte, die Bälger verunsichert. Gut so. Meine Laune ist seit gestern, als ich Potter's Brief in der Hand hielt, merklich gesunken und ich spüre die Furche zwischen meinen Augen mehr als deutlich.
Als auch der letzte Schüler den Raum verlassen und die Tür geschlossen hat, seufze ich und schließe meine Augen. Ich hoffe für Hermine, dass sie zu den Potters gegangen ist. Wenn ich dort ankomme und sie ist nicht da, kann ich für nichts garantieren.
Meine Hände ballen sich neben meinem Körper zu Fäusten und beginnen zu zittern.
„Severus. Du musst mir vertrauen", sagt ihre Stimme sanft in meinem Kopf, was mich schlagartig dazu bringt mich zu beruhigen. Ihre Stimme hatte schon immer, auch schon, als ich noch im Koma lag, eine beruhigende Wirkung auf mich. Ich atme einmal hörbar aus, öffne meine Augen und mache mich auf den Weg in unser Wohnzimmer, um zu Potter zu flohen.Als mich die grünen Flammen ausspucken, trete ich mit geradem Rücken aus dem Kamin und sehe mich um. Vor mir steht, mit dem Rücken zu mir, Hermine. Ihre braunen Locken fließen wie ein Wasserfall über ihren Rücken und hüpfen aufgeregt auf und ab, als sie ihren Kopf zu mir umdreht. Ein strahlendes Lächeln breitet sich auf ihrem wunderschönen Gesicht aus, als sie mich erblickt. Ihre rehbraunen Augen strahlen so viel Zuneigung und Liebe aus, dass mir bei ihrem Anblick beinahe schwindelig wird. Ihre Grübchen vertiefen sich immer weiter und diese unbeschreibliche Wärme breitet sich in mir aus, die ich so schon lange nicht mehr gespürt habe. Wir streiten uns so in letzter Zeit so oft, dass ich fast vergessen habe, wie es sich anfühlt, wenn ich die Frau, die ich liebe, vorwurfsfrei ansehe. Mein Mundwinkel hebt sich leicht, während ich ihr bezauberndes Bild weiter in mich aufsauge.
„Severus", haucht sie leise, dreht sich vollends um und überbrückt den Abstand von zwei Schritten zwischen uns. Ihre Stimme trieft vor Liebe und das lebenswichtige Organ in meiner Brust zieht sich zusammen, ehe es mit einer unfassbaren Intensität weiterschlägt.
Ich breite meine Arme leicht aus und prompt schmiegt sie sich hinein. Sanft vergrabe ich meine Nase in ihren buschigen Haaren und sauge gierig ihren Duft in mich ein. Pfirsich und Lavendel. Genießerisch schließe ich meine Augen.
„Hattest du Spaß bisher?", frage ich, gegen ihre Kopfhaut murmelnd, was sie leicht zittern lässt. Sie seufzt leise, ehe sie sachte nickt. Ich schließe meine Arme enger um ihren Körper, atme noch einmal ihren betörenden Duft ein und lasse sie schließlich los. Immerhin sind wir hier zu Besuch. Sie löst sich von mir und schenkt mir nochmal ein bezauberndes Lächeln, doch es erreicht ihre Augen nicht. Es sieht anders aus, als das, was sie mir eben gezeigt hat, als ich aus dem Kamin getreten bin. Aber ich werde unsanft aus meinen Gedanken gerissen, als ich im Augenwinkel etwas Rotes auf mich zugelaufen sehe.
„Severus!", ruft die junge Mrs. Potter und lächelt mich freundlich ein, während sie aus der Küche gelaufen kommt, mit einem Teller unterschiedlichster Nahrungsmittel darauf, gefolgt von ihrem Ehemann. Ich nicke ihr zu und begrüße sie steif.
„Mrs. Potter." Ein leises Lachen ertönt und sie bedenkt mich mit einem fürsorglichen Blick.
„Ich denke, darüber sind wir längst raus. Spätestens, seitdem du unsere liebe Hermine als Dein auserkoren hast", lacht sie, als sie auf Hermine zugeht und sie umarmt. Auch sie lacht leise und drückt ihre Freundin fest an sich.
Potter ist inzwischen neben mir stehen geblieben und betrachtet, wie ich, das Szenario, welches sich vor uns bietet. Er lächelt, ganz im Gegensatz zu mir, herzlich, ehe er mir auf den Rücken haut, was mich leicht zusammenzucken lässt.
„Severus. Schön, dass du hier bist", sagt er freundlich, beinahe freundschaftlich, und ich rümpfe meine Nase.
„Potter", ist meine kurze Begrüßung. Ich drehe meinen Kopf leicht nach links und mein Blick wandert von seiner Hand, die er zwischenzeitlich auf meiner Schulter geparkt hat, zu seinem Gesicht. Scheinbar hat er verstanden, denn er zieht sie ruckartig zurück und gestikuliert unkontrolliert, ehe er sich dazu entscheidet sie auszustrecken und mich auf die Couch zu bitten. Dieser Bitte komme ich nach und schiebe mich an dem Knäuel Frauen vorbei, setze mich mit geradem Rücken auf die, für meinen Geschmack, viel zu weiche, Couch und warte, bis er das Wort ergreift.
Potter setzt sich auf die andere Seite des L-förmigen Sofas und blickt, mit einem liebevollen Ausdruck in den Augen, an mir vorbei auf die jungen Frauen.
Ich verziehe meinen Mund etwas, schaue dann aber auch nach rechts, um mir die beiden genauer zu betrachten. Sie umarmen sich noch immer herzlich und murmeln sich Dinge ins Ohr, die ich nicht verstehe.
Ich räuspere mich kurz, sodass die Köpfe der beiden auseinander fahren und uns entgeistert ansehen, ehe sie in ein ausgelassenes Gelächter verfallen. Mein Herz zieht sich schmerzhaft zusammen, als ich Hermine so sehe. In letzter Zeit hat sie viel zu selten gelacht und so schon gar nicht.
Schnell wende ich meinen Blick ab und blicke Potter an. Das Sofakissen gibt neben mir nach und ein Arm schlängelt sich unter meinen Roben vorbei, bis eine zierliche Hand die meine findet.
Mein Kopf ruckt kurz zu ihr herum und erneut trifft mich ihr entwaffnender Blick bis ins Mark. Voller Liebe sieht sie mich an und drückt aufmunternd meine Hand, bevor sie ihren Blick von meinem loseist und zu Potter sieht.
Auch ich drehe meinen Kopf wieder zu ihm und bedeute ihm lautlos, dass er meine ungeteilte Aufmerksamkeit hat.
Er räuspert sich kurz, ehe er zu sprechen ansetzt.
„Also, Severus. Wie du meinen Brief bereits entnommen hast, habe ich herausgefunden, dass das Zeichen in Wales echt ist"
Ich versteife mich. Es ist mir die ganze Zeit klar gewesen, doch diesen Brief zu lesen und es jetzt selbst nochmal von ihm zu hören, gibt mir die traurige Gewissheit, dass es tatsächlich noch Todesser gibt, die auf freiem Fuß sind.
„Bist du dir sicher?", knurre ich.
Mit gesenktem Kopf nickt er.
„Ja, das bin ich mir. An diesem Ort herrschte so starke schwarze Magie. Ich habe eine Gänsehaut bekommen, als ich die Lichtung betreten habe", seufzt er.
Meine Hand um Hermines' verkrampft sich und mein Puls beschleunigt sich.
„Und du bist dir auch sicher, dass es ein Todesser war und kein Nachahmer?", frage ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hindurch.
„Ja, auch da bin ich mir sicher. Ich habe im Krieg gemerkt, dass die Magie der Todesser, sich deutlich von anderen Schwarzmagiern unterscheidet. Durch das Mal bekommt sie noch mal eine Art unterschwellige Brisanz", erläutert er, mir dabei stets in die Augen schauend.
Meine Kiefer mahlen und das einzige, was mich gerade davon abhält die Fassung zu verlieren, ist der Herzschlag, der an meinem rechten Oberarm pocht, weil Hermine sich an mich geschmiegt hat.
„Gut", schnaube ich resignierend und massiere mit geschlossenen Augen meine Nasenwurzel zwischen Daumen und Zeigefinger.
„Aber wir haben auch gute Nachrichten", piepst die Weasleytochter. Ich öffne meine Augen und schaue sie abschätzend an. Ob Nachrichten gut sind, liegt immer im Auge des Betrachters.
Hermine hingegen hat sich aufgerichtet und hört gespannt zu.
Die Rothaarige verzieht ihren Mund zu einem unterdrückten Lächeln, auf mich wirkt es aber eher wie eine abschreckende Grimasse.
„Wir sind schwanger!", platzt es plötzlich aus ihr heraus, begleitet von einem lauten Quietschen, welches Hermine von sich gibt. Abrupt springt sie auf und rennt auf ihre Freunde zu.
Ich verdrehe die Augen. „Wir sind schwanger." Diese Redewendung finde ich einfach nur schrecklich, denn es ist anatomisch nicht möglich, dass sowohl Frau, als auch Mann gleichzeitig schwanger sind.
Um mich herum herrscht hysterisches Gekreische und wiedereinmal verziehe ich mein Gesicht zu einer angewiderten Grimasse.
„Das ist ja sooooo wunderbar!", quiekt Hermine und hüpft vor Freude auf und ab. Ihr Blick schweift kurz zu mir und ich erkenne ein sehnsüchtiges Glitzern in ihren Augen, welches mir auf den Magen schlägt. Sie ist neidisch. Sie ist traurig. Sie wünscht es sich auch.
Die Geräusche um mich herum ausblendend, sitze ich mit durchgestrecktem Rücken auf der Couch und setze meine undurchdringliche Maske auf. Niemand darf jetzt sehen, was ich denke.
Meine Fantasie projiziert ein Bild einer Hermine, mit kugelrundem Bauch, vor mein inneres Auge, wie sie strahlend und schön wie eh und je an der alten Eiche am Schwarzen See sitzt und ein Buch liest.
Einer Hermine, die ein winziges Bündel Mensch in ihrem Arm hält und glücklich, mit einer Träne im Augenwinkel, darauf hinabschaut.
Einer Hermine, die schallend lachend einem kleinen Jungen über die Ländereien hinterherrennt.
Mir wird schlecht. Sie wünscht sich Kinder. Das war mir bisher nie bewusst. Die leise Stimme in meinem Hinterkopf, welche mein Gewissen darstellt, meldet sich, nach langem Schlaf, zurück und flüstert mir zu.
„Du wusstest von Anfang an, dass sie alles für dich aufgibt. Ihre berufliche Perspektive, ihre Zukunft, ihre Träume, ihr Leben."
Ich weiß, dass ich nicht der Richtige für so etwas bin. Dass ich sie nicht glücklich machen, zumindest nicht auf Dauer. Dass ich ihr nicht das geben kann, nach dem sie sich so sehr sehnt.
Mein Herz beginnt träge zu schlagen und mein Magen rebelliert. Ich hab egoistisch gehandelt, als ich sie an mich herangelassen habe. Obwohl ich wusste, dass das in einer Katastrophe enden würde, habe ich zugelassen, dass sie alles wegwirft, woran sie gehangen hat.
Tiefe Traurigkeit überfällt mich, als mir bewusst wird, dass sie etwas besseres, als mich, verdient hat. Ich hätte es niemals so weit kommen lassen dürfen. Ich bin nicht gut für sie. Ich bin nicht der Richtige für sie.
Ich zucke unter ihrer Berührung, als sie sich neben mich setzt, leicht zusammen und versteife mich. Meine Gewissensbisse sind so stark, dass ich sie nicht ansehen kann. Ich habe ihr alles verbaut. Alles, was ihr je wichtig war. Alles, was sie sich jemals gewünscht hat. Alles, wovon sie geträumt hat.
Das alles hat sie aufgegeben, nur um mit mir zusammen zu sein. Wie naiv sie doch ist!
Ich werde wütend. Wütend auf sie, dass sie nicht auf mich gehört hat. Wütend auf mich, dass ich nicht stark genug war, sie gehen zu lassen, um ihr ein glückliches Leben zu ermöglichen. Wütend auf die Potter's, weil sie mit ihrem Glück meines innerhalb dem Bruchteil einer Sekunde zerstört haben.
Sobald wir zurück in Hogwarts sind, werde ich mit ihr reden. Ich werde nicht zulassen, dass sie sich für mich ins Verderben stürzt.
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Komm, unsere Herzen zeigen uns den Weg
FanficHermines Karriere läuft nun doch anders, als bisher geplant. Aber das macht ihr nichts aus, denn immerhin hat sie ihre große Liebe an ihrer Seite. Severus Snape. Endlich können die beiden ein glückliches, gemeinsames Leben führen, oder doch nicht? M...