Kapitel 9.

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Reet packte seine Gegenstände, sie waren nicht viel, er hatte auch nie wirklich an Wertgegenständen festgehallten, nur an Menschen, so wie Weey. Auch wenn sich Weey nie als Mensch bezeichnete, so war sie dennoch aus Fleisch und Blut, sie hatte zwar andere, bessere Organismen, aber sie konnte gehen und stehen, vorallem konnte sie lieben. Reet erinnerte sich nicht mehr an jenen Zeitpunkt, wo er sie zum ersten Mal erblickte. Sie war schon immer Teil seines Lebens gewesen, doch jetzt in dieser klammen Nacht aus Schnee und Eis war sie fort. Sie hatte ihn verlassen, weil sie frei sein wollte, aber das würde er nie riskieren, sie würde nicht ihr Leben aufgeben, nur um darauf frei zu sein. Nicht ohne ihm. Er warf sich den Sack über die Schultern und ließ die Hütte mit dem Dorf hinter sich ruhen. In der verschneiten, klammen Winterwelt.

Der einsame Taugenichts Reet, eine Legende

Ich schreckte zurück, als die Tür aufging und eine unscheinbare Person den Raum betrat, sie bat mich ihr zu folgen. Mein Zimmer war nicht größer, als mein vorheriges, verdammt. Ich stand im Raume und begutachtete alles genau nach der Güte. Es ließ sich hier aushalten, ich müsste ja nur nächtigen, die Tage würde ich anderswaltig verbringen. Ich stieß mit meinem Oberschenkel gegen eine Tischbeinkante, bei dem Versuch das Fenster zu öffnen. Die kalte Luft trat herein, sofort fühlte ich mich wohler. Wie lange es wohl dauerte bis ich mich hier wie zu Hause fühlen würde? Die Damen brachte mir Gewänder für den Abend. Ich ließ sie unberührt auf dem Bett liegen und starrte in die weite Schneewelt. Sie würden mich hier nie finden oder? Es war Großvaters letzter Wille gewesen, dass ich zu der Königin gehe, ich weiß bis heute nicht warum. Dies war eines jener Gründe, weshalb mich Mutter und Vater in die Einöde schickten, sie konnten so schwer loslassen. Sie hielten Großvater für verrückt, weil er den Schnee bändigen konnte und ebenso für einen schlechten Umgang für mich. ,,Er verdirbt mir meine Isabella mit den ganzen Training!'', hatte meine Mutter eines Abends gesagt, als Großvater und ich spät heimkamen vom Training. Wir ,die Schneemenschen, haben keine Kräfte, normalerweise können wir kaum oder selten den Schnee beherrschen, ich zählte mit meinem Großvater zu selten. Meine Hand war schon ganz Gelb von dem Schneeentzug, ich holte mir meinen Freund in mein Zimmer und warf mich in die Schneemasse, welche sich auf meinem Boden ausgebreitet hatte. Ich spielte Schneeengel und fühlte wie ich ihn in mir aufsog, ich war richtig abhängig von ihm geworden. Die Dame kehrte zurück und ließ eine Schüssel mit Wasser fallen. Sie kniete sich zu mir nieder und begutachtete mich. Ich öffnete die Augen und erschrack als sie so dicht vor mir war. Schnell ließ ich den Schnee zurück in seine Heimat reisen und erhob mich. Ich wurde entkleidet und kam mir auf einmal entblösst vor. Sie schnürte mich in ein Korsett und warf sämtliche Überröcke über mich drüber, bis sie mir endlich das eigentliche Kleid gab. Es war schwarz und mit goldnen Ornamenten bestickt, leichte Rottöne mischten sich mit Braun, Schwarz. Meine Haare wurden frisiert und über meine Schulter gelegt. Hinten wurden ein paar zusammengefasst und zugebunden. Meine Verwandlung war vollendet. Ich drehte mich im Spiegel und konnte gar nicht mehr von mir lassen. Ich nickte der Dame zu und sie ließ mich allein. Das Fenster stand immer noch offen. Ich fragte meinen Freund: ,,Und gefällt es dir?'' Er raunte durch die Löcher in der Decke. Ich besann mich auf alles, was ich über den Adel wusste und schritt hinaus in den Garten zu meinem Pferd, ich wollte jetzt ausreiten, als mein neues Selbst.

Sobald ich beim Stall ankam hörte ich Rosalie schnauben. Ich eilte zu ihr und befreite sie aus der viel zu kleinen Box und schwang mich über sie. Sie ritt sofort lod und ich machte mich auf in den nahegelegen Wald. Ich liebte es durch den Wald zu reiten, der Wind strich mich sanft durch das Haar und ließ es Kreise ziehen. Ich summte mein Lieblingslied und fühlte mich so frei. Wir sprangen über Baumstämme und flogen durch die Lüfte. Ich wusste genauso wie Rosalie, dass wir es liebten. Der Winter war überall, er umhüllte uns und stärkte uns, er war für uns wie eine zweite Haut, eine Seele. Plötzlich blieb ich apruppt stehen. Ich entdeckte rote Flecken im Schnee, sie zogen eine Spur mit sich, Pfotenabdrücke. Ich stieg ab und nahm Rosalie an der Leine. Die Spuren wurden immer röter und größer. Sie gingen lange und endeten bei einem Baumstumpf im Gebüsch. Ich legte die Äste und Blätter zur Seite, eine schwarze Gestalt. Ihr Fell war verfilzt und an einer Stelle zerfetzt. Ich bückte mich nach unten, sie atmetete flach. Rote Flüssigkeit trat aus ihr. Die Augen waren offen und blickten mich flehentlich an. Ich legte meine Hand auf die Stelle und kühlte sie mit einer Eisschicht. Es schrie auf und für einen Moment erstarrte es. Dann fiel es in sich zusammen und leckte mir das Gesicht. Ich lachte leicht. Seine Augen hatten sich von rot zu blau verwandelt und seine Stelle wuchs zu. ,,Danke, gestatten Sie mir, ich bin der böse Wolf!'', sagte er in einer tiefen Stimme. Ich erschrak das ich zurückwich: ,,Du, du kannst sprechen?'' ,,Ja, Mademioselle!'', er verbeugte sich. ,,Bleib blos weg von ihm!'', sagte eine Männerstimme.

Im Schatten der Königin #PlatinAward2018#iceSplinters18Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt