Two

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Erst als eine schrille Stimme ertönte, die dem Mädchen gehören musste, wurde mir klar, dass ich an den Lippen eines Fremden hing- wohl gemerkt gegen meinen Willen-, wodurch ich glücklicherweise einigermaßen klar denken und den Kuss beenden konnte.

Irritiert blickte ich ihn an, während seine Miene dagegen ausdruckslos schien, bis die Rothaarige fassungslos mit ihrem Kopf schüttelte. "Du machst mir Hoffnungen, indem du mir all die Romantik vorgaukelst, obwohl du die ganze Zeit über in einer Beziehung bist?", schrie sie ihm wütend entgegen.

Anscheinend hatte dieser Kuss Nebenwirkungen, denn mein Gehirn war nach wie vor nicht in der Lage, logische Gedankengänge zu bilden. Stattdessen fokussierte ich mich mehr darauf, dass er immer noch meine linke Hand festhielt und wir in derselben Position standen.

Wenigstens schaffte ich, meine andere Hand von seiner, offensichtlich trainierten, Brust zu nehmen und sorgte zwischen uns für einen gewissen Abstand. Zudem wollte ich mich seinem Griff entreißen, doch der Kerl merkte dies sofort, weshalb er mir hierfür keine Chance gab.

Stattdessen stellte er mich neben sich. "...- wir führen eine offene Beziehung. Deswegen treffe ich mich manchmal auch mit anderen Mädchen", vernahm ich ihn sagen, wusste nicht, wie seine vorherigen Worte lauteten. Wann zum Teufel setzte er für eine Antwort an?

Nun sah auch ich unser Gegenüber an und die junge Frau schaute überhaupt nicht glücklich aus. Dennoch erleichterte es mich, dass diesmal ihr tödlich wirkender Blick einzig allein dem Typen neben mir galt. "Aha, wieso macht dann deine sogenannte Freundin einen verwirrten Eindruck?"

Als sie diese äußerst intelligente Frage stellte, half sie mir, somit ich wieder zu mir kam. Dadurch begriff ich endlich, was hier eigentlich vor sich ging. Dieser Mistkerl wollte die hübsche Rothaarige abwimmeln und nutzte mich dafür schamlos aus.

Nachdem mich die Erkenntnis traf, dass er zudem hässliche Lügen auftischte, von wegen er sei mein Freund, versuchte ich sofort das Missverständnis aufzuklären. Gerade als ich jedoch sagen möchte, dass wir uns nicht kannten und er vollkommen irre war, fiel mir der Dreckskerl ins Wort.

"Beachte sie erst gar nicht!", rief er, während sich seine Fingernägel in meine Haut bohrten, damit ich bloß den Mund hielt. Er übte leichten Druck aus, als er mich einen Herzschlag lang warnend anblickte. Du mich auch, Arschloch.

"Mira, du musst wissen, dass meine Freundin ein kleines Problem hat." Wollte der mich jetzt völlig verarschen? "Sie kann Situationen nicht direkt aufnehmen und peilt daher manchmal gar nicht, was gerade geschieht." Ruhig bleiben, Celia. Du kannst ihm auch später eine scheuern.

Inzwischen hatte sie die Arme vor der Brust verschränkt. Ihr Blick wurde zwar nach diesen Worten etwas weicher, doch trotzdem wirkte sie ziemlich sauer. Wäre ich an ihrer Stelle wohl auch gewesen. Sorry Schwester, Gott hat eben auch Flachwichser in die Welt gesetzt.

"Ja, nimm es meinem dämlichen Freund bitte nicht übel", spielte ich schließlich bei diesem kranken Theater mit. "Manchmal weiß er gar nicht, was er tut, weil sein Gehirn so klein ist wie eine Erbse. Außerdem glaubt er, dass er bei anderen Weibern cool dasteht."

Der Typ warf mir sogleich einen bösen Seitenblick zu, welchen ich stolz auffing. Zwar war das nicht mein bester Konter, gar war er erwachsen formuliert, aber seine Ausrede vorhin war genauso lächerlich gewesen. In gewissermaßen auch beleidigend. Wie er mir, so ich ihm.

CloverleafWo Geschichten leben. Entdecke jetzt