Mein Gehirn fügte die verdrängten Bilder wie Puzzleteile zusammen. Die Erinnerungen von jenem Abend, an dem durch unseren Einfluss Reece und Venora zum bitteren Gespött des Abends wurden. Die Nacht, in der ihre längst gestörte Beziehung zerbrach.
Wenn ich mir dieses jetzige Bild ansah, ergänzten sich nicht die Teile, sondern ergaben ein völlig falsches Muster, mit welches ich nie und nimmer gerechnet hätte. Es war für mich unbegreiflich, dass sie offensichtlich wieder ein Paar waren. Ging es Nora überhaupt gut?
Sie sah nicht so aus wie ich sie im Gedächtnis behalten hatte. Ihre Haut war blass, dunkle Schatten lagen unter ihren Augen. Sie wirkte erschreckend abgemagert. Zudem lag in ihrem Gesicht ein trauriger Ausdruck, dessen Grund ich mir nicht richtig einordnen konnte.
Ich hatte keine Ahnung, was in ihrem Leben vor sich ging. Umso überraschender war es, sie Hand in Hand mit Reece zu sehen. Dieser Moment war merkwürdig. Gar unangenehm. Cole und ich tauschten einen Blick miteinander aus und ich wusste, dass er ebenso sprachlos war wie ich.
"Wie geht es dir, Kumpel?", sagte der Ekel zu meinem Liebling mit einem falschen Lächeln auf den Lippen. Man beachte die Anspannung zwischen uns. "Mir ging es ersichtlich besser, bevor du aufgetaucht bist." Ja, definitiv war sie so gespannt wie die Saiten einer Violine.
Reece nickte wissend. "Das hat man bemerkt." Ich fragte mich, wie lange sie wohl dort standen, während ich mit Cole den reizvollen Kampf um meinen Autoschlüssel führte. "Wann war es das letzte Mal, als wir uns trafen? Etwa am Abend, an dem ihr unsere Beziehung ruiniert habt?"
Da meine Beachtung mehr Nora statt den Jungs galt, erkannte ich auch ganz genau, wie sich in ihrer Mimik etwas änderte. Sie wollte diese Konversation nicht führen. Mir erging es gleich, also wollte ich, dass mein Geist für diesen Augenblick meinen Körper verließ und woanders hin ging.
Beispielweise auf die schönste Insel auf den Bahamas. Physisch musste ich dort nicht anwesend sein, nämlich reichte es mir, wenn nur meine Seele mit diesem wundervollen Erlebnis erfüllt werden würde. Hauptsache weg von dieser Lage und der qualvollen Atmosphäre. Gott, ich war so feige.
Mein absurder Gedankenzug bestätigte schließlich nur, dass ich nicht dazu bereit war, jetzt meiner ehemaligen besten Freundin gegenüberzustehen. Doch zu meiner Erleichterung schien sie das ebenfalls nicht zu sein. Reece hatte ohne ihre Einverständnis gehandelt, als er uns ansprach.
Umso beruhigter war ich, während Cole trocken auflachte und offensichtlich wieder genau wusste, was wir ihnen zu sagen hatten. "Schon klar, du hältst uns immer noch für schreckliche Beziehungs-Killer. Aber weißt du, Kumpel, das sind wir im Grunde genommen gar nicht."
Er schaute mich an, in seinem Blick lag die Aufforderung, dass ich gefälligst auch etwas erwidern sollte. Nun gut, ich sah ein, dass wir jetzt zusammenhalten mussten. "Stimmt", sagte ich also, darauf bedacht, dass meine Stimme fest klang. Wow, sehr hilfreiche Teilnahme, Celia. Applaus.
Coles Hand strich verdächtigt vielsagend über meinen Rücken, was vermutlich hieß, dass er mich weitersprechen hören wollte. "Verwechsle nicht die Realität mit deiner Fantasie, indem du uns die Schuld gibst. Nicht wir ruinierten eure Beziehung, sondern deine Seitensprünge."
Die zur Kommunikation dienende Streicheleinheit hörte auf. Er schien zufrieden mit meinen Worten, was ich jedoch von Venora und Reece nicht behaupten konnte. Für eine klitzekleine, unscheinbare Sekunde, wünschte ich mir diese angenehme Berührung zurück.
"Okay, wir haben es verstanden. Ihr werdet euch nicht dafür entschuldigen, dass ihr vor versammelter Mannschaft dieses widerwärtige Video abgespielt habt", äußerte plötzlich Nora entnervt, die bisher nur den stillen Zuhörer gespielt hatte. Mich überraschte der harsche Ton.

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Cloverleaf
RomanceDie Begegnung an einem Schiffshafen sorgte bei Cole und Celia für ein Gefühlschaos, das beide zuvor noch nie verspürt hatten. Sie konnten das, was zwischen ihnen war, nicht definieren. Gar sahen sie ein, dass sich ihre Herzen nach einander sehnten...