Nineteen

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C O L E

Von angenehmer Ruhe und einer friedlichen Atmosphäre umgeben, so mochte ich meine Abende am liebsten. Das Whiskyglas schmiegte sich perfekt in meine Hand, die angenehm brennende Flüssigkeit rann meine Kehle hinunter und ich beobachtete Gray, während er den Tresen wischte.

Die Bar war menschenleer, ich konnte nicht die genaue Uhrzeit bestimmen, aber es müsste bereits nach drei Uhr nachts sein. Der Laden hatte längst geschlossen. Man merkte meinem Bruder an, dass er seit heute Morgen auf den Beinen stand und insgeheim dringend Schlaf benötigte.

"Sicher, dass ich dir nicht beim Aufräumen helfen soll?", erkundigte ich mich, da er allmählich wie eine wandelnde Leiche umherschlenderte. Sowie einige Minuten zuvor winkte er ab, worauf er meinte, er wäre sowieso gleich fertig. "Du kannst mir aber ein Glas Scotch einschenken."

Ich folgte seinem Geheiß und schob mir die Flasche zu. Wenn sich Gray dazu entschied, mit mir gemeinsam zu trinken, bedeutete das immer, dass wir noch weitere Stunden hier sitzen und über alles reden würden. Das war einer der wichtigsten Bestandteile unserer Freundschaft.

In letzter Zeit waren wir nie dazu gekommen, wir hatten uns nur flüchtig gesehen. Umso froher war ich jetzt darüber, dass uns diesmal keine Verpflichtungen hinderten. Manchmal wünschte ich, wir wären immer noch neun Jahre alt und würden Burgen aus lauter Kissen oder Sand bauen.

Hätten wir gewusst, wie sehr uns unser Leben jetzt beanspruchen würde, wären wir sicherlich noch ein wenig länger in den Campingzelten geblieben, die wir mit der Hilfe seines Vaters in diesem großen Garten unter Sommernächten aufbauten, und hätten diesen Augenblick mehr geschätzt.

"Cole?", hörte ich Gray fragend meinen Namen sagen, "wieso siehst du mich so verliebt an?" Er legte den Kopf schief, seine Augen funkelten belustigt, und auf seinen Lippen lag ein entzücktes Lächeln, welches er eben extra für mich aufgesetzt hatte. Ich schüttelte grinsend den Kopf. Dieser Idiot.

Er umrundete den Tresen und nahm daraufhin neben mir auf einem gemütlichen Barhocker Platz, bevor er sein bereitstehendes Glas zu sich zog. "Du kannst mich für nächstes Wochenende gerne auf ein Date einladen, bloß keine Hemmungen", fuhr er fort und blickte mich auffordernd an.

Auch eine Art mich an das anstehende Football Spiel zu erinnern, das wir uns gemeinsam ansehen wollten. Ich lachte auf. "Genau wegen solchen Aussagen wundere ich mich nicht mehr, wieso uns Leute für ein schwules Paar halten", meinte ich, ehe ich das Glas an meine Lippen führte.

Gray gab augenblicklich einen abfälligen Laut von sich. "Sollen sie doch. Nichts und niemand kann mir die Liebe, die ich für dich empfinde, ausreden." Theatralisch hatte er seine Hand auf die Stelle seines Herzens gelegt. Und wieder präsentierte er die Dramatikerin in ihm.

"Schon gut, Grace. Die Message ist erfolgreich angekommen." Lachend gab er mir einen spielerischen Schlag gegen die Schulter, bevor er den Scotch probierte. Im Anschluss betrachtete er bewertend die Flüssigkeit, sein Gesichtsausdruck schien zufrieden. Ganz seiner Meinung.

Mein Blick fiel auf mein schwarzes Lederarmband, das ich mir diesen Sommer angelegt hatte. Der Verschluss hatte sich auf die Oberseite gedreht, weswegen ich es wieder richtete, als mich Gray auf mein heutiges Training bezüglich meines nicht existierenden Lampenfiebers ansprach.

Ich seufzte tief auf. Eigentlich hatten wir ausgemacht, darüber nicht zu reden. Er liebte es einfach, mich mit unangenehmen Dingen aufzuziehen. Frustriert ließ ich den Kopf sinken. "Scheiße, ich war so kurz davor gewesen, ihr die Wahrheit zu sagen. So kurz davor..."

Ein ungläubiges Lachen ertönte neben mir. Gray konnte nicht fassen, wie sehr mich diese Situation allmählich belastete. Ich hatte gegen einen meiner wichtigsten Prinzipien verstoßen, indem ich Celia gegenüber unaufrichtig war und wusste nicht, wie ich mir das verzeihen sollte.

CloverleafWo Geschichten leben. Entdecke jetzt