C E L I A
Ich hätte es niemals für möglich gehalten, dass mich ausgerechnet Venoras Anblick dazu veranlasste, die Plastikflasche in meiner Hand aggressiv zu zerdrücken. Dadurch nahm sie in binnen Sekunden eine ungesunde Form an, die sich für eine Flasche garantiert nicht gehörte.
Nur drei Tische weiter saß sie von mir entfernt- lachte mit Menschen, über die sie Monate zuvor noch gelästert hatte. Sie witzelte mit ihrer neuen Clique, die aus einem Computerfreak, einem Beauty Guru und einer Ökotante bestand. An sich waren das ja alle nette Leute.
Aber Nora säße jetzt nicht dort, wenn sie nicht ihre besten Freunde- die einzigen Menschen, mit der sie alles teilte- wegen eines irrelevanten Kerls abgewiesen hätte. Ich konnte immer noch nicht begreifen, weshalb sie auf einer ähnlichen Weise auch ihre Freundschaft zu Suela ruiniert hatte.
Jetzt mit anzusehen, wie sie sich ihnen anzupassen versuchte, traf mich wirklich wie ein Schlag in die Magengrube. Am meisten verletzte mich die gekonnte Ignoranz, die sie uns nun zu spüren gab, obwohl wir doch immer nur das Beste für sie wollten. Das hatte sie nur nie sehen können.
Ihr Fehlen brachte zudem all meine Gewohnheiten durcheinander, womit ich nicht umzugehen wusste. Nichts war wie davor. Es fühlte sich erschreckend merkwürdig an, sie nicht länger an meiner Seite zu haben. Suela und ich waren schlichtweg kein fester Bestandteil ihres Lebens mehr.
Es war garantiert nicht fair, wie unsere Freundschaft in die Brüche ging, aber noch hässlicher war der Grund, weshalb wir uns überhaupt in dieser Situation befanden. Hatten wir nicht ausgemacht, dass uns nichts und niemand trennen würde? Außer... wir selbst.
Reece trieb zwar diesen Keil zwischen uns, aber nur wir alleine hatten uns in diese fürchterlich eisige Lage gebracht. Wir beendeten, was er angestiftet hatte. Ich würde nicht lügen, sie fehlte mir. Mit allem, was sie und uns ausmachte. Und dennoch war ich kein bisschen um eine Versöhnung bemüht.
Wie hart das auch klang, aber momentan hatte ich absolut nicht das Bedürfnis dazu, die Scherben des Zerbrochenem aufzusammeln und die Stücke wieder zusammenzukleben. Venora brauchte jetzt die Zeit, um sich wieder neu zu entdecken. Das klappte am besten, wenn sie ohne uns war.
Unter anderen Umständen wären Suela und ich selbstverständlich keine Sekunde von ihrer Seite gewichen, aber nun halfen ihr am ehesten neue Bekanntschaften und andere Gewohnheiten. Einfach alles, was sie nicht ständig an die jüngsten Ereignisse erinnerte.
Vielleicht tat uns allen sogar diese Veränderung gut. Wir konnten uns unsere unausgesprochen Worte- die Entschuldigungen- auch für später aufheben. Mir blieb also nichts weiter übrig, als nochmals zu lernen, wie ich mit dieser Distanz umzugehen hatte. Nichts, worin ich nicht schon geübt war.
"Ich denke, du hast diese arme Wasserflasche genug gequält", vernahm ich Suela plötzlich sagen, worauf ich erschrocken meinen Blick auf sie richtete. Ein leichtes Grinsen verzog ihre Lippen, die sie heute mit einem dezenten Lippenstift geschmückt hatte.
Tatsächlich blendete ich die gesamte Cafeteria aus und konzentrierte mich nur auf meine ehemalige beste Freundin. Das wurde mir nur erst in diesem Moment bewusst. "Vorhin bin ich ihr auf dem Flur begegnet", erzählte sie, "sie hat zu Boden gesehen und sich schnellstens von mir entfernt."
Ja, das hörte sich ganz nach Nora an. Sobald wir widerwillig aufeinander trafen, weil unsere gottverdammte Schule beinahe schon einem Mauseloch glich, wagten wir nicht, uns anzusehen, sondern liefen peinlich berührt und schweigsam aneinander vorbei. Scheiße.
"Aber das macht nichts, denn wenn sie nicht mit uns reden möchte, werden wir sie auch nicht dazu drängen", fuhr sie sodann fort, was ich mit einem Nicken bestätigte. "Hör jetzt bitte auf, Trübsal zu blassen und sag mir lieber, ob wir nach der Mittagspause Politik haben."

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Cloverleaf
RomantikDie Begegnung an einem Schiffshafen sorgte bei Cole und Celia für ein Gefühlschaos, das beide zuvor noch nie verspürt hatten. Sie konnten das, was zwischen ihnen war, nicht definieren. Gar sahen sie ein, dass sich ihre Herzen nach einander sehnten...