Ein letztes Mal zog ich mein rotes Haarband zurecht, bevor ich mich mit ihr endgültig zufriedengab und nach meiner Retro Sonnenbrille griff. Die roten Gläser kombinierten sich perfekt mit meinem kleinen Rucksack und selbstverständlich mit meinem Haarband.
Missbilligend verzog ich die Miene, als mir wieder einfiel, dass in einigen Wochen September war und die Schule wieder anfangen würde. Ich musste mich wohl oder übel von den warmen Tagen und von meinen Accessoire Sonnenbrillen verabschieden.
Gerade als ich mir die besagte Brille über den Nasenrücken schob, erblickte ich durch den Spiegel meine Mutter, die mit einem blauen Wäschekorb in mein Zimmer trat. "Pichoncita, hast du noch graue Schmutzwäsche?" Noch während sie das fragte, schaute sie sich in meinem Zimmer um.
Den Kopf schüttelnd drehte ich mich zu ihr. "Ich habe mich darum schon gekümmert", informierte ich sie, doch trotzdem hielt sie Ausschau nach weiterer Wäsche und legte den Korb zu Boden. Vor meinem Fenster hielt sie inne, ehe Mamá die Vorhänge energisch aufzog.
"Nicht!", rief ich währenddessen wie aus der Kanone geschossen, was sie augenblicklich stutzen ließ. Verdutzt starrte mich die zierliche Frau an. Einige Haarsträhnen hatten sich aus ihrem Dutt gelöst. Die plötzliche Helligkeit war nicht der Grund, wieso ich ihr gegenüber laut wurde.
In letzter Zeit achtete ich darauf, dass meine Vorhänge zu blieben und die Jalousien unten waren, denn ich hatte mich immer noch nicht mit dem Gedanken angefreundet, dass Cole jederzeit in mein Zimmer sehen und mich beobachten konnte.
Na schön, ich gab zu, dass ich auch deswegen Wert darauflegte, weil ich mich selbst nicht unter Kontrolle hatte. Meine Augen schweiften ständig in die Richtung des Nachbarzimmers. Zudem plagte mich andauernd das Bedürfnis, nachzusehen, ob er sich zu Hause aufhielt.
Dementsprechend stand ich manchmal auf dem Balkon und schaute auf Mrs Carvers Garten herunter, weil ich mir gut vorstellen konnte, wie er dort seiner Großmutter half oder nur am Gartentisch saß und chillte. In solchen Momenten kam ich mir so fürchterlich erbärmlich vor.
"Aber wieso möchtest du die Vorhänge nicht öffnen?", hörte ich Mamá verwundert fragen, worauf ich unsicher an meiner Unterlippe kaute. Ich konnte ihr schlecht sagen, dass ich wegen Cole mein Fenster geschlossen hielt.
"Etwa wegen dem Nachbarsjungen?", ich glaubte ein Schmunzeln auf ihren Lippen zu sehen. Mein Gesicht nahm einen fassungslosen Ausdruck an. Wie konnte diese Frau nur immer den Nagel auf den Kopf treffen? Manchmal befürchtete ich, dass sie meine heiligen Gedanken las.
Für sie musste es wohl so wirken, dass ich seinetwegen diese Maßnahmen traf, weil ich Angst hatte, er könnte mich beim Umziehen oder dergleichen beobachten. Dass ich nur paranoid war. Dabei ging es um so viel mehr. Beispielweise um die Genugtuung, die ich Cole nicht geben wollte.
Wenn er bemerkte, dass meine Augen willkürlich nach ihm suchten, dann würde er garantiert einen Spruch bringen, der mich völlig sprachlos machen und mich emotional einschränken würde. Ich hasste es, wie er mir immer einen Schritt voraus war.
"Nein?", entgegnete ich verspätet, was nicht sonderlich glaubwürdig klang. "Ich will nur nicht, dass mein Zimmer, wenn ich am Abend wieder nach Hause komme, heiß und stickig ist. Sonst kann ich nachts nicht schlafen. Also soll es möglichst dunkel und schattig bleiben."
Die Ausrede war gar nicht mal so schlecht, denn wir hatten Ende Sommer und die Tage waren immer noch erstaunlich heiß. Mamá schien zwar nicht vollkommen überzeugt, aber sie würde auch nicht weiter darauf herumhaken und mich gehen lassen. Dessen war ich mir ganz sicher.
"Gut. Der Raum soll aber trotzdem mindestens zehn Minuten lüften. Danach ziehe ich die Vorhänge wieder zu und schließe das Fenster. In Ordnung?" Einverstanden nickend trat ich einige Schritte nach vorne, um ihr einen Kuss auf die Wange zu drücken. "Danke!"
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Cloverleaf
Roman d'amourDie Begegnung an einem Schiffshafen sorgte bei Cole und Celia für ein Gefühlschaos, das beide zuvor noch nie verspürt hatten. Sie konnten das, was zwischen ihnen war, nicht definieren. Gar sahen sie ein, dass sich ihre Herzen nach einander sehnten...