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Ich war sauer. Sauer und verletzt. Warum hatte er mich angelogen?

Vor meinem inneren Auge spielte sich immer und immer wieder die gleiche Szene ab: Toby, der mit dem Rücken zu mir in seinem Zimmer stand und wie er sich nervös am Hinterkopf kratzte. Wie er während seiner Erklärung immer wieder das Schuhregal anschaute. Und wie er mich ernst angeschaut hatte, als er mir versichert hat, Safira hätte ihn nicht geküsst. Als er mir eine Lüge aufgetischt hat.

Ich lag auf meinem Bett und starrte an die Zimmerdecke. Seit vier Tagen ging ich Toby nun schon aus dem Weg.

Am ersten Tag kam er öfter vorbei, klingelte und wollte mit mir reden. Er rief mich an, schrieb mir Nachrichten – ich drückte ihn weg und antwortete nicht. Dann hörte er bald auf, unsere Tür zu bewachen, und ich beobachtete aus dem Wohnzimmerfenster, wie er sich mit hängenden Schultern umdrehte, einen letzten flehenden Blick zur Haustür warf und dann langsam von unserer Auffahrt ging. Dieser Anblick zerstörte mich.

Ich sprang auf, flitzte zur Haustür und riss sie auf. „Toby!", schrie ich und rannte in seine Arme. Da es sehr kalt war und ich nur ein leichten Pullover trug, fror ich augenblicklich und hatte einen Grund mehr, mich in seine Arme zu kuscheln. „Ich verzeihe dir. Ich liebe dich!", flüsterte ich und sah zu ihm hoch. Er lächelte und kam immer näher...

Ich hatte immernoch auf dem Sofa gesessen und Toby beobachtet. Ich hatte genau das machen wollen, was ich mir kurz vorher vorgestellt hatte, doch meine Beine hatten sich nicht bewegen wollen.

Bei der Erinnerung an diesen Moment, wurde ich erneut traurig. Seit zwei Tagen hörte und sah ich nichts mehr von Toby. Zum zehnten Mal an diesem Tag öffnete ich sein Profil auf Whatsapp. Noch immer versetzte mir die Meldung „Online" einen Stich. Wir waren beide online und schrieben nicht. Ich scrollte in unserem Chat hoch und entdeckte ältere Nachrichten, aus der Zeit, in der er weg gewesen war. Viel geschrieben hatten wir nicht, da wir häufig telefoniert hatten, doch trotzdem musste ich beim Lesen der Nachrichten schwer schlucken.

Ein Klingeln riss mich aus den Gedanken. Ich schreckte hoch und merkte, dass das Telefon klingelte. Gerade als ich aufstand, hörte es auf und ich legte mich wieder auf mein Bett. Da rief meine Mum: „Sam, Telefon!" „Wer?", entgegnete ich und ignorierte die Tatsache, dass mein Herz wie verrückt zu Klopfen begann. Ich lief die Treppe herunter und nahm das Telefon entgegen. „Mrs Socks", wisperte Mum und verschwand in der Küche. So schnell, wie es gekommen war verschwand das Herzklopfen auch schon wieder. Ich meldete mich mit „Guten Tag, Mrs Socks" und lächelte. Schon einige Male war ich bei Mrs Socks gewesen, hatte für sie das Haus ein wenig sauber gemacht und war mit ihrem Pudel Balty ausgegangen. Auch ihre Einkäufe hatte ich des öfteren übernommen. Sie war eine freundliche, kleine und alte Dame mit einer großen Begeisterung für das Stricken. Den ganzen Tag saß sie in ihrem Sessel und strickte, was das Zeug hielt. Zum Essen lief sie einige Schritte rüber zu ihrem Esstisch, und abends ging sie in den oberen Stock, um zu schlafen. „Kannst du heute Nachmittag vorbeikommen, Sam? Ich habe endlich meine neuen Wollen bekommen, und du kannst mir helfen, den Schrank ein bisschen aufzuräumen. Wahrscheinlich helfen. Du beobachtest mich doch nur., dachte ich grinsend und sagte zu. Mrs Socks war ganz aus dem Häuschen und sagte, sie freue sich schon, mich wieder zu sehen. Diese Frau war wirklich lieb.

Eine Stunde später war ich auf dem Weg zu Mrs Socks. Draußen waren nur ein paar Grad, in den letzten Wochen war es erstaunlich abgekühlt. Jedoch schien die Sonne und sorgte für eine bessere Atmosphäre.

Ich klingelte bei der großen weißen Eingangstür des cremefarbenen Altbauhauses. Kurz darauf öffnete Mrs Socks mir auch schon die Tür und ich tritt ein, woraufhin ich von Balty angesprungen wurde, der schwanzwedelnd und kläffend um mich herumsprang...

|| Reagiert Sam über, damit, dass sie Toby ignoriert? Oder ist das normales Verhalten? (Was ist schon normal? :D)

Bis bald,

deine Helen ;- )

Das JahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt