49

11 3 3
                                    

Nach Schulschluss trafen wir uns an Sallys Auto. Sie saß bereits hinter dem Steuer und winkte mich zu sich heran. Schnell stieg ich in das vorgewärmte Auto und schnallte mich an. Dann sah ich erwartungsvoll zu meiner Freundin. Sie grinste mich an und startete den Motor.


„Du willst mir also immer noch nichts verraten?", fragte ich und sah sie bettelnd an.


„Noup.", sagte sie, wobei sie das „o" extra lang zog, und das „p" am Ende ploppte.


„Mhmpf.", gab ich von mir und schaute aus dem Fenster. Am Wegesrand waren einige Haufen Schnee zu sehen, die zu kleinen Haufen aufgeschoben waren. In sämtlichen Vorgärten, an denen wir vorbeikamen, standen Schneemänner und in einem war sogar eine Mauer aus Schnee aufgebaut. Doch auf der Straße war nichts von diesem Winterwunderland zu erkennen; überall lag Schneematsch herum, der von den Autos immer dreckiger und matschiger wurde.


Wir erreichten Sallys Haus nach einer zehn minütigen Fahrt und Sally fuhr in die Garage, dessen Tor sich über einen Sensor öffnete. Klar, was sonst?


Durch den Durchgang in der Garage gingen wir in den Eingangsbereich und schließlich direkt in die Küche. Dort stand gerade Luke am Kühlschrank und starrte hinein.


„Luke? Geht's dir gut?"


„Jup. Hab nur kein Essen. Ich bestell Pizza."


Mit diesen Worten warf er die Kühlschranktür zu und verschwand aus der großen Küche.


„Oooke. Was willst du Essen?", wandte sich seine Schwester dann an mich.


„Spaghetti. Habt ihr Spaghetti hier?"


„Ich denke schon, ich schaue nach." Sally öffnete einen der unteren Schränke und begutachtete seinen Inhalt. Dann fischte sie eine längliche, blaue Packung heraus und rief: „Heureka! Gefunden!"


Also bereiteten wir das Wasser vor und gaben die Nudeln hinein, als es kochte. Als wir schließlich am Tisch saßen und aßen, konnte ich mich nicht mehr zurückhalten.


„Was ist denn jetzt deine Idee? Spaghettiessen wohl kaum, oder?", fragte ich und beobachtete Sally, wie sie einfach weiter aß, und nur kurz aufblickte.


„Du musst Geduld haben, Sam. Es dauert noch etwas."


„Ob man 'Sam' und 'Geduld haben' in einen Satz nehmen kann, weiß ich zwar nicht, aber okay. Dann warte ich eben. Kein Problem."


Es war ein Problem. Nach dem Essen schauten wir einen Film und als Sally danach vorschlug, wir könnten uns die Nägel lackieren, wurde ich zunehmend unruhiger. Ich wollte gerade Einspruch erheben, als es an der Tür klopfte und Sallys Dad seinen Kopf in die Tür steckte. „Hey ihr beiden. Sally, ihr könnt jetzt fahren, Mike ist so weit."


„Super!", rief Sally aus und klatschte in ihre Hände. Dann schleppte sie mich hinter ihr her zu ihrem Mini Cooper.


Diesmal fuhren wir länger. Die Uhr sagte mir, wir hatten 27 Minuten gebraucht, und die Straßenschilder sagten mir, dass ich keine Ahnung hatte, wo ich war.


Sally parkte vor einer großen, grauen Halle, die etwas verlassen in einem Neubaugebiet stand. Wir stiegen aus und ich dackelte hinter meiner Freundin her, die geradewegs auf eine große Eingangstür zusteuerte. Doch anstatt einzutreten, drückte sie auf eine Klingel und sprach in die Sprechanlage, direkt nachdem eine Stimme „Mike Doam, Sekretariat bei Creck, was kann ich für Sie tun?" gezwitschert hatte: „Guten Tag Mrs Creck. Ich bin es Sally. Ich möchte gerne zu meinem Onkel."


„Ach Sally, das freut mich. Ich mache dir auf." Dann summte es und Sally drückte die Tür auf. Mich erwartete ein relativ kleiner Empfangsraum, der in einem dunklen Grün gestrichen war. Auf der einen Seite waren zahlreiche Stühle sowie Tische und auf der anderen Seite gab es eine kleine Bar. Sally hielt auf eine Tür zwischen der Bar und einem Fenster zu und öffnete sie. Dahinter saß eine Frau mit einer roten Hochsteckfrisur und haute fleißig in die Tasten ihres Computers, als hinge ihr Leben davon ab.


„Sally." Die Dame erhob sich und kam mit ausgebreiteten Armen auf uns zu. „Wie schön, dich wiederzusehen. Mike ist nebenan. Komm doch gleich wieder zu mir, dann können wir ein wenig reden. Wen hast du mitgebracht?" Ihre grünen Augen lagen nun auf mir und sie strahlte mich an.


„Das ist Sam, eine Freundin von mir. Ich erzähle dir gleich, warum sie hier ist. Sie weiß es selber noch nicht.", fügte Sally mit einem Zwinkern in meine Richtung hinzu. Bis gleich Mrs Creck."


Sally nahm meine Hand und führte mich zu einer Holztür, die sie langsam öffnete. Ich fühlte mich ein wenig unbehaglich und schenkte der Sekretärin ein Lächeln, bevor die Tür zufiel. Was mich hier erwartete, lies mich einmal erschrocken aufatmen. Ich war in einem Raum mit abgetrennten Wänden, Menschen in Schutzanzügen oder Schürzen und riesengroßen Leinwänden. Ich war in einem Raum, in dem es sehr intensiv nach allen möglichen Farben roch. Eigentlich war ich in keinem Raum, eigentlich war ich in meinem persönlichen Paradies.


||Persönliches Paradies? Wo ist Sam wohl gelandet? Und was hat Sally wohl vor?

Bis bald,

deine Helen ;-)

Das JahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt