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„Ja klar.", sagte ich und nahm meinen Rucksack von der Bank. 

Er setzte sich. „Weißt du, ich habe gehört, wie du Sally gesagt hast, dass du nicht eine von ihren Freundinnen sein willst. Das fand ich gut." 

„Äh danke, ist das so besonders? Warte, du bist doch ihr Bruder oder? Luke?" 

„Ja, genau, der bin ich.", sagte Luke und kratzte sich verlegen am Kopf. 

„Weißt du, immer wenn es ein neues Mädchen an dieser Schule gibt, versucht Sally, sie als ihre Freundin zu gewinnen. Sally ist eigentlich total schüchtern, aber irgendwas macht die Schule mit ihr. Bis vor einem halben Jahr war sie ja selbst neu hier. Dann fing sie plötzlich an, richtig rumzuzicken und brachte jeden Tag diese Lola mit nach Hause. Irgendwann kam Alice dazu und nur kurz vor den Sommerferien war dann Miranda auch dabei. Sie hat sich am Anfang auch gesträubt, aber Lola und Alice haben sie wohl überredet, dabei zu bleiben."

Deswegen interessiert sie sich nicht so für den Green-Day. 

„Die beiden sind beide kurz nacheinander auf diese Schule gekommen und waren Sally dankbar dafür, dass sie sie direkt mitgenommen hat. Kann ich ja verstehen, aber ich würde mich so nicht rumkommandieren lassen.", sagte er und grinste mich an. 

„Siehst du wohl genauso." „Stimmt. Das kann ich gar nicht ab, ich will schließlich selbst entscheiden. Vor allem, was ich wann anziehe!" Ich lachte und fuhr dann fort. 

„Seit ihr vor einem halben Jahr hergezogen oder wieso war Sally vorher nicht auf dieser Schule?" 

„Nein, wir wohnen hier schon unser ganzes Leben. Allerdings war Sally immer auf einer anderen Schule, die ist auf einer der Nachbarinseln. Da hatte sie nur ziemliche Probleme, wurde gemobbt und so." Er stockte. 

„Ich weiß gar nicht, ob ich dir das erzählen kann. Ich denke, Sally wurde so, weil sie auf der anderen Schule so schlechte Erfahrungen gemacht hat." 

Er räusperte sich. „Ist aber auch egal. Ich finds toll von dir, dass du ihr das so ins Gesicht gesagt hast. Vielleicht merkt sie dann mal was." 

„Mhmm", machte ich nur. 

Ich kam noch nicht ganz darüber hinweg, dass Sally eine der Unbeliebten gewesen war. Ich hatte so etwas zum Glück noch nie durchmachen müssen, und obwohl ich nicht wusste, wie schlimm es bei Sally war, tat sie mir Leid. 


Luke und ich redeten noch eine Weile weiter, und ich erfuhr, dass er normalerweise immer mit seinen zwei Kumpels Eric und Josh die Pausen verbrachte, die heute aber beide auf einem Projektausflug waren. 

Er schlug vor, dass wir uns für die zweite Pause an genau derselben Stelle wiedertreffen würden, und als es zu der nächsten Stunde klingelte, verabschiedeten wir uns mit einer Umarmung. 

„Bis dann", rief er mir noch zu, bevor er zwischen sämtlichen Schülern verschwand. Ich machte mich auf den Weg in die andere Richtung, da ich zum Kunstraum musste. 

Jetzt hieß es: Kreativ werden. 

Seit ich ungefähr 9 Jahre alt war, zeichnete ich viele Bilder. Angefangen hatte ich mit Stillleben, aber weil mir das ganze Gemüse und die Blumen zu Kopf gestiegen waren, wechselte ich zu Graffitibildern und zeichnete irgendwann auch Menschen. 

In meinem Zimmer im Internat war immer alles voll mit Papier, zerknüllt oder an der Wand aufgehängt, und schon einige Male waren Mitschüler von mir zu mir gekommen und hatten mich gefragt, ob ich etwas für sie zeichnen könnte. Ich fühlte mich sehr geschmeichelt und war überrascht, dass jemand sich für meine Kunstwerke interessierte. 

In der 6. klasse gewann ich dann einen Wettbewerb, durch den ich an einem Kunstkurs teilnehmen durfte und meine Fähigkeiten um einiges verbessern konnte. 

Als ich dann bei der Anmeldung für die Waterly High sah, dass einer der Wahlpflichtkurse Kunst war, trug ich mich sofort dafür ein. Nun konnte ich nur noch hoffen, dass wir keine Kinderaufgaben machen würden, sondern tatsächlich zeichnen würden. 

Im Kunstraum angekommen setzte ich mich in eine der ersten Reihen. Hier wollte ich so viel wie möglich vom Unterricht mitbekommen. 

Zwei Minuten später kam eine junge, blondhaarige Lehrerin mit Brille in den Raum. Während sie hinter sich die Tür schloss, fing sie auch schon an zu reden: 

„So, dann wollen wir den Laden hier doch mal ein bisschen aufpeppen. Ist ja ätzend, wie kalt das hier ist! Aber erstmal Hi!" 

Wir antworteten nicht, sondern schauten sie verwirrt an. Dann fingen einige an, im einschlafenden Ton einen Guten-Morgen Gruß zu sprechen, wurden allerdings sofort unterbrochen. 

„Stopp. So ja mal gar nicht. Ich leite einen Kunstkurs und keine Seniorennachtschicht. Dieses 'Guten-Morgen-Frau-Lehrerin' kann ich mal sowas von gar nicht ab! Ich hab's! Wir machen folgendes: Statt so einer nervigen Begrüßung komme ich noch einmal rein, sage 'Bereit zum Künstlern?' und ihr sagt alle zusammen 'Bereit!'" Sie fing an zu lachen. 

„Jup. So machen wir das!" 

Dann tat sie wie angekündigt und verließ den Raum, um drei Sekunden später wieder rein zukommen. 

„Bereit zum Künstlern?", fragte sie dann und lächelte. „Bereit!", riefen wir und es klang wirklich sehr motiviert. 

Sie setzte sich auf das Lehrerpult und schlug die langen Beine, die zur Hälfte von einem karierten Sommerkleid bedeckt waren, übereinander. 

„Also Kiddies. Ich erklär euch jetzt mal, wie das hier abläuft..."

||Die ist ja schon cool :) Was sagst du zu dem, was Luke erzählt hat? Arme Sally oder pf egal?

Bis bald, deine Helen ;-)  

Das JahrWo Geschichten leben. Entdecke jetzt