Schule

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High School...

was soll man dazu schon sagen? Wahrscheinlich definiert jeder die High School anders. Einige sagen, die High School war die beste Zeit. Manch andere ist der Meinung, es sei die schlimmste Phase ihres gesamten Lebens gewesen und ist sichtlich froh endlich aus dieser Irrenanstalt voll Hormon gepumpten, verunsicherten und unterentwickelten Teenager raus zu sein. Wem kann man es verübeln?

Wenn man mich fragt, käme wahrscheinlich eine Aufzählung von Dingen, die mich schon beim ersten Anblick einer Schule stören. Angeführt von gelangweilten Lehrern, die sich insgeheim noch weniger für den Unterricht interessieren, als die Schüler aus deren Angelegenheiten sie sich gescheit heraushalten und im besten Fall nach Wochen bemerken, dass ein Schüler seit Monaten nicht mehr den Unterricht besucht hat. Dazu die nach Aufmerksamkeit lüsterne Mädchen, welche denken, jeden Moment könnte eine verrückte Modellserie die Schultore einreißen und den nächsten großen Star finden. Nur so kann ich es mir erklären, warum sie sich jeden Tag für eine Abendveranstaltung kleiden als müssten sie sich vorbereiten, aus dem Unterricht gezogen zu werden und den Flur als Catwalk auszunutzen. Dann gibt es die auf den ersten Blick ziemlich gut aussehende Jungs, welche sich – leider – viel zu wichtig fühlen. An ihnen kommt man nicht vorbei ohne einen Kommentar zu hören, wie toll sie doch beim letzten Footballspiel aussahen. Sie wissen ganz genau, dass sie nicht die unattraktivsten Gestalten auf diesem Planeten sind, nur leider benutzten sie lediglich einen Bruchteil der Kapazität ihres Gehirns – meiner Meinung nach sind sie einfach nur Anhänger des grünen Hulks; muskelbepackt, aber nichts im Kopf. Eine Unterhaltung mit ihnen ist meist unmöglich, außer es geht um sie selbst. Beinah wie Höhlenmenschen laufen sie durch die Gänge der Schule und beurteilen die Leute nach ihren Äußerlichkeiten. Etwas Intelligentes aus ihren großen Mündern zuhören, grenzt an Unmöglichkeit. Neben ihnen existiert natürlich der komplette Gegensatz. Die Ehrgeizigen, welche untereinander debattieren, wer den besseren IQ besitzt und dabei mit alten Pokémon Karten spielen. Schlussendlich bleiben noch die bösen Jungs. Vermutlich sind sie noch eingebildeter, als die Coolsten der Schule. Sie sind Anti-Helfer mit einem zu großem Ego, denen alles egal ist, Hauptsache sie verschwinden so schnell wie nur möglich von diesem Ort. Man kann also deutlich erkennt, dass ich verdammte Klischees verachte, weswegen mein gesamtes Leben vollkommen auf den Kopf gestellt wurde, als ich ihn traf...

Bei meiner kleinen Aufzählung bleibt nur noch die Frage offen, zu welcher Kategorie von Schülern ich gehöre. Tja, also wie genau nennt man das Mädchen, das mit ihrer alleingelassenen Mutter, welche die wahnsinnige Idee hatte – wirklich sie hatte definitiv mal bessere zum Beispiel Ben & Jerry's Eis in unserem Auto essen, während um uns die Welt bei einem Schneesturm unterging – in eine neue Stadt auf einem ganz anderen Kontinent zu ziehen und nun versuchen ein neues und hoffentlich besseres Leben aufzubauen? Klar die Neue. In diesem Fall bin ich die komische, neue Person, die niemand leiden kann, aber man nennt mich auch einfach Zoey O'Conner.

Freiwillig hätte ich meine Heimatstadt London wohl niemals verlassen, wenn nicht plötzlich diese zwei Probleme im Raum standen, die mir wortwörtlich das Atmen unmöglich machten.

Da wäre das erste Problem. Die spontane Entscheidung meiner Mom, eine eins achtzig Meter große Frau mit Beinen bis zum Himmel – so sagen es zumindest die zahlreichen Männer, welche meine Mutter neuerdings datet –, meinen Vater zu verlassen. Er lebt jetzt gemeinsam mit seiner neuen Freundin irgendwo in England und scheint mich längst vergessen zu haben. Denn seitdem wir weg sind, hat er sich kein einziges Mal gemeldet. So traurig es auch klingen mag, für ihn existierte ich schon nicht mehr, nachdem ich unseren Familiennamen durch den Dreck zog.

Doch die plötzliche Trennung und der damit verbundene radikale Umzug führten dazu, dass ich an der erstbesten Schule angemeldet wurde, um mein letztes Jahr erfolgreich zu beenden, damit ich dann meine eigenen Entscheidungen treffen kann, wie meine Mom gerne zu pflegen sagt. Als wäre ich nicht alt genug auch ohne Zeugnis durch die Welt zu kommen. Soweit ich mich erinnere, haben viele internationale Berühmtheiten keinen Abschluss in der Tasche, trotzdem ist etwas aus ihnen geworden. Zu schade, dass ich weder ein spektakuläres Talent besitze, noch den Mut finde meiner Mutter zu widersprechen. Doch ich möchte ihr meinetwegen keine weiteren Probleme bereiten. Zu hören wie sie sich jeden Abend nach ihren Verabredungen in den Schlaf weint, genügt meinem schlechten Gewissen. Anstatt mit mir darüber zu reden, ist meine Mutter viel zu stolz und starrköpfig, um sich tatsächlichen einzugestehen, dass ihr die Trennung mehr ausmacht, als sie jedem – besonders mir – vorgibt. Doch die dunklen Ringe unter ihren Augen bestätigen meine Vermutungen. Auch sie leidet. Geblendet von ihrer eigenen Sturheit, vermeidet meine Mutter stattdessen jegliche Erinnerungen an England und meinen Vater. Was ihr dabei aber nicht bewusste ist, sie schließt mich unweigerlich aus. Durch ihre unterdrückten Gefühle wurde meine Mutter zu einer emotionslosen Hülle, die nur noch aussieht wie die Frau, die ich liebe. Ich mache ihr keine Vorwürfe, schließlich ist sie meine Mutter, aber seit ungefähr einem Jahr weiß sie nicht mehr wie sie mit mir umgehen soll. Also behandelt sie mich lieber als eine Fremde.

𝐑𝐞𝐬𝐭 𝐢𝐧 𝐏𝐞𝐚𝐜𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt