Grabstein

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Ein konstanter Ton einer Maschine holte mich aus meinem tiefen Schlaf. Grelle Sonnenstrahlen schienen in das fremde Zimmer in dem ich mich befand und erhellten den Raum, der schlicht und modern eingerichtet war. Blinzelnd versuchte ich die schwarzen Punkte aus meinen Augen wegzublinzeln, um irgendetwas deutlich zu erkennen, was mich vielleicht an etwas erinnern ließ. Außer meinen kaputten Klamotten auf einer Stuhllehne eines leeren Stuhls fand ich nichts Weiteres von mir. Von der Angst gepackt, guckte ich an mir herunter. Mehrere Nadeln waren in beiden meiner Arme gestochen und enthielten irgendetwas Durchsichtiges – ähnlich wie Wasser. Ich lag in einem weißen Bett, das doppelt so breit, als ich war. Eine Maske, die nach Gummi und Waschmittel roch, entdeckte ich plötzlich auf meinem Gesicht. Mit zitternden Händen entfernte ich die Maske von meinem Mund und meiner Nase und atmete tief ein. Doch kaum spürte ich die Luft in meiner Lunge fing ich an zu husten. Schmerzend packte ich mir an meinen Brustkorb und redete mir ein wieder langsam zu atmen, um den Schmerz zu lindern.

Ohne auf ein „Herein“ zu warten, kam plötzlich eine dunkelhäutige Frau hinein, die etwas kleiner als ich sein musste. Mit gesenkten Kopf schloss sie die Tür hinter sich und guckte dann auf, um kurz erschrocken zusammenzuzucken und dann unerwartet anfing zu lächeln. Irritiert beobachtete ich die ungefähr vierzigjährige Ärztin, so sagte es zumindest ihr Namensschild auf dem ein Doktortitel zu lesen war, die langsam an meine Bett trat. In ihrer Hand hielt sie einen blauen Ordner mit einigen Papieren drinnen.

„Hallo Zoey.“ Ihre warme, herzlich Stimme ließ meine Muskeln wieder entspannen. Leicht lächelte ich ihr zu, wagte aber nichts zu erwidern.

„Ich bin Doktor Davis, deine behandelnde Ärztin. Kannst du dich an irgendetwas erinnern?“ Nachdenklich konzentrierte ich mich auf die letzten Moment, die mir noch in Erinnerungen geblieben waren. Frustriert kopfschüttelnd gab ich auf. Ich konnte mich an rein gar nichts mehr erinnern. Weder wie ich hier hingekommen bin, noch weshalb ich hier überhaupt liege.

„Ist nicht schlimm. Das wird alles wieder zurückkommen. Du hattest eine schlimme Gehirnerschütterung, dazu kommt hoher Blutverlust. Durch den Schuss.“ Abrupt hört sie auf zu reden, zog leicht das Pyjamashirt, das man immer nach ein OP angezogen bekommt, auf der linken Seite hoch - nachdem sie mich vertrauenswürdig angeguckt hatte -, wo sich nun eine große Wunde befand, die von einem weißen Verband bedeckt wurde. Was war nur passiert?

„Wie lange liege ich schon hier im Krankenhaus?“ Wie bei einer Erkältung kratzte mein Hals. Hustend schnappte ich nach Luft, was erneut ein starkes Ziehen verursachte. Netterweise reichte mir Dr. Davis einen Becher mit Wasser. Froh über die angenehme Flüssigkeit, die das Brennen in meinem Hals ein wenig minderte, trank ich in einem Zug den ganzen Inhalt aus.

„Seit fünf Tagen. Du kannst ihm sehr dankbar sein, dass er dich so schnell ins Krankenhaus gebracht hat.“ Ihm? Sprachlos guckte ich sie an und warte auf eine Erklärung, doch auch sie sah mich verwirrt an.

„Ich weiß nicht, was mit dir passiert ist, aber vor fünf Tagen kam ein junger Mann mit dir in den Armen zur Notaufnahme gestürzt. Er schrie panisch um Hilfe und wollte dich gar nicht mehr loslassen. Ich glaubte er hatte mehr Angst als du. Als ich ihn fragen wollte, wer du und er sei, war er weg und auch nicht mehr wieder zu finden.“ Mitfühlend lächelte sie mich an. Ahnungslos zuckte ich mit den Schultern, was sich schwieriger erwies als zuvor noch gedacht.

„Ich hab keine Ahnung, wer-.“ Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. Die tiefen Augenringe waren nicht zu übersehen, sowie sein Bart, den er sich seit Tagen nicht mehr rasiert hatte. Er sah total fertig aus, zwang sich aber zu einem glücklichen Lächeln, als er sah, dass ich wach war. Schüchtern erwiderte ich sein Lächeln. Ich war froh, dass er da war, trotz unserer Auseinandersetzungen.

𝐑𝐞𝐬𝐭 𝐢𝐧 𝐏𝐞𝐚𝐜𝐞Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt