Kapitel 3

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Gähnend krame ich meine Materialien zusammen und erhebe mich von meinem Stuhl. Das waren die mit Abstand langweiligsten Stunden Kunst, die ich in meinem ganzen Leben hatte. Nach der eigentlich ganz coolen Antwort von Ames gab es nichts spektakuläres, was wirklich erniedrigend ist.

Ich schultere meinen Rucksack und sehe ein letztes mal auf das pechschwarze Bild, dass noch immer an der Tafel hängt, ehe ich mich Kopfschüttelnd von Mr. Hell verabschiede und zusammen mit dem Strom von Schülern den Klassenraum verlasse.

Manchmal frage ich mich wirklich, ob die Lehrer das nicht ein bisschen komisch finden, dass die ganzen Schüler jedes Mal nach dem Klingeln aus dem Raum stürmen. Also ich zumindest würde das schon ein bisschen blöd finden, da der Unterricht so schlecht sein muss, dass die Schüler es keine weitere Sekunde lang in dem Raum aushalten können.

Oder aber sie haben ganz einfach Hunger und freuen sich auf die Mittagspause. Um ehrlich zu sein weiß ich nicht zu welcher Sorte ich gehöre, doch in diesem Moment würde ich mich der Zweiten zuordnen, da ich wirklich verdammten Kohldampf habe.

Zusammen mit meinem Rucksack im Schlepptau sehe ich mich im Korridor um, der sich allmählich mit Schülern füllt. Die Mengen steuern auf die Cafeteria zu und ich tue es ihnen stumm nach. Aria kann ich nirgends erblicken, was komisch ist, da sie sonst immer vor meinem Klassenraum auf mich wartet.

Meistens wird sie ja eh schon vor dem Klingeln aus dem Unterricht geworfen, deshalb trifft sich das gut. Ich muss sie nicht suchen und keiner von uns muss diesen endlos langen Weg zur Cafeteria alleine gehen.

Doch dieses mal scheint sie mich im Stich zu lassen, doch das nehme ich ihr nicht übel. Ich kann ja nicht erwarten, dass sie immer früher rausgeschickt wird, was genau genommen echt scheiße von mir wäre.

"Mia Bloom."

Überrascht schießt mein Kopf zur Seite und ich erblicke Ken, einen Jungen aus meinem Jahrgang. Er geht in meine Parallelklasse und ist wenn ich mich nicht täusche Chefredakteur der Schülerzeitung.

"Ken?", entgegne ich verwirrt und frage mich im nächsten Moment, von wo er überhaupt meinen Namen kennt.

Okay, ich war zwei Jahre lang mit Kolin zusammen, doch mich kannte man bis vor drei Wochen eigentlich nur als die kleine Freundin. So haben mich die anderen Schüler jedenfalls genannt.

Seit dem Vorfall mit Kolin, bei dem ich ihm, - falls ihr euch nicht mehr erinnern könnt, eine gescheuert habe, nennen mich alle Aggro-weib, was um einiges schlimmer ist, als die kleine Freundin.

Genau deshalb überrascht es mich gerade ja umso mehr, dass er mit mir spricht und auch noch meinen richtigen Namen kennt. Wobei Mia ja kein richtiger Name ist, kommt mir jedenfalls so vor, da mein Name nur mickrige drei Bustaben enthält.

"Wie geht es der hübschen so?" Ken grinst und ich bemerke sofort, dass da irgendwas im Busch ist.

"Was willst du?", frage ich also uninteressiert und halte an meinem Spind inne, der mal wieder voll mit Zetteln beklebt ist.

Sofort reiße ich eines ab und kann mich selbst nicht davon abhalten, zu lesen, was dieses Mal draufsteht.

Verlassen und Verzweifelt.

Genervt verdrehe ich die Augen und zerknülle das Papier, um es dann unachtsam in eine Ecke zu werfen. Die Menschen an unserer Schule sind wirklich Kinder, wobei ich den Verdacht habe, dass Kolin selbst einen dieser Zettel geschrieben hat.

Er ist schließlich das größte Arschkind hier.

"Die lassen sich aber viel einfallen..", bemerkt Ken grummelnd, während er sich einen der anderen Zettel schnappt und ihn lachend durchliest.

Schlecht gelaunt reiße ich es ihm aus der Hand und lasse es dann im hintersten Bereich meines Spindes verschwinden. Ich sage ja, dass sind alles Kinder die mich nun nicht aufregen dürfen. Diese Genugtuung darf ich ihnen einfach nicht geben.

"Komm endlich zum Punkt.", zische ich dann und ziehe meine Augenbrauen zusammen.

Ich habe keine Lust, dass Ken die ganze Zeit um den heißen Brei herumredet. Er möchte irgendetwas von mir und umso schneller er damit rausrückt, desto schneller kriege ich meine Ruhe, kann in die Cafeteria und mein heiß geliebtes Essen verdrücken.

"Ganz ruhig, Kätzchen."

Auf seinen Kommentar hin verdrehe ich nur erneut die Augen. Warum müssen alle Jungs eigentlich solche Inkompetenten Schweine sein?

Nein, ich darf die Hoffnung nicht aufgeben! Irgendwo in dieser großen weiten Welt muss es einen Jungen geben, der anders ist als alle anderen. In den ich mich sofort unsterblich verliebe und der mich auf Händen trägt...

Sicherlich nicht.

Hey, ich darf ja wohl träumen!

"Ich wollte dich fragen, ob ich über dich schreiben darf. Du weißt schon, der kleine Zwischenfall von vor drei Wochen. Wir brauchen wieder spannenden Stoff und nichts macht gerade mehr die Runde, als dein Ausraster."

Unwillkürlich weiten sich meine Augen und ich kann nicht anders, als Ken fassungslos anzustarren. "Warum vergesst ihr alle, warum ich ihn so angeschissen habe? Er hat mich verdammt nochmal betrogen!"

"Ich verstehe dich! Und genau deshalb möchte ich auch, dass du beim Interview mitmachst, dann kannst du endlich allen klarmachen, dass Kolin Baker ein mieses Schwein ist." Ken sieht mich verschwörerisch an.

"Du bist ein manipulatives Miststück...", brumme ich, da ich sofort durchschaue, dass er gerade versucht mich zu einem verkackten Interview zu überreden.

Ken zieht einen Schmollmund. "Ach, komm schon. Sei keine Spießerin."

Augenblicklich fange ich an zu kochen. Was verdammt haben alle mit diesem Wort?

"Ich bin keine Spießerin.", rufe ich entrüstet und verschränke die Arme vor meiner Brust, ehe ich Ken mit meinem Blick erdolche.

Ken setzt einen Blick auf, der mich regelrecht auf Knien anfleht. "Also?"

Im ersten Moment bleibe ich noch knallhart, ehe ich dann doch nachgebe. Wer weiß, vielleicht ist das ja tatsächlich keine allzu schlechte Idee und ich kann wie Kane zuvor schon gesagt hat klarstellen, wer der Böse in dieser Geschichte ist.

"Na gut. Aber du nennst mich nie wieder Spießerin!" Drohend hebe ich meinen Zeigefinger und halte ihm diesen vors Gesicht.

Er nickt grinsend. "Das verspreche ich. Auf eine gute Zusammenarbeit, Mia Bloom."

Ich seufze schwer.

Das kann ja was werden..

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