Kapitel 1: Der Junge, der nicht allein überlebt hat

238 8 1
                                    

Briefe - so viele Briefe und keinen davon dürfen wir behalten. Je mehr Briefe kamen, desto schlimmer war das Leben geworden. Letztendlich hatten wir das Haus im Ligusterweg verlassen und waren seither auf der Flucht. Anders konnte man es nicht sagen. Es war spät am Abend, eigentlich müsste es schon Nacht sein. Doch bei diesem Mistwetter war das schwer zu erkennen. Bald war mein und Harrys elfter Geburtstag, der 31. Juli. Wir zeichneten gemeinsam eine Torte mit elf Kerzen in den Staub des Holzbodens und beobachteten Dudleys Uhr. Er schlief auf dem Sofa, wir auf dem Boden, alles wie immer. Wir bekamen nur die Reste. Die Uhr sprang auf zwölf.

„Wünsch dir was", flüsterten wir einander zu und pusteten die Kerzen aus. Da klopfte es. Eine riesenhafte Gestalt trat herein und füllte sofort den gesamten Raum in der kleinen Hütte aus.

„Könnt 'ne Tasse Tee vertragen. War keine leichte Reise...", sagte er und schritt hinüber zum Sofa, auf dem immer noch Dudley kauerte. Ich erinnerte mich an ihn, ich hatte ihn vor vielen Jahren bereits einmal gesehen. Aber ich sagte nichts, ich redete nicht darüber.

„Beweg dich, Klops", sagte er barsch. Dudley quiekte und rannte davon, hinüber zu seinen Eltern, die in einer Ecke des Zimmers standen.

„Und hier sind Harry und Eleanor"

Wir sahen zu dem Riesen auf, unter all seinem Bart hatte er zu lächeln begonnen. „Letztes Mal, als ich euch gesehen hab, da wart ihr noch Babys. Ihr seht eurem Vater recht ähnlich, aber die Augen habt ihr beide von eurer Mum", sagte er freundlich. Onkel Vernon machte ein Geräusch, wie eine halb erwürgte Katze

„Ich verlange, dass sie auf der Stelle verschwinden! Das ist Hausfriedensbruch!"

„Aach, halt den Mund, Dursley, du Oberpflaume!"

Mit diesen Worten griff der Riese nach Onkel Vernons Gewehr und drehte einen Knoten in den Lauf.

„Euch jedenfalls-einen herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag. Hab hier was für euch, vielleicht hab ich zwischendurch mal draufgesessen, aber er schmeckt sicher noch gut"

Dann holte er eine etwas eingedellte Schachtel aus seinem Umhang und hielt sie uns entgegen. Es war ein Schokokuchen, verziert mit einer Menge quietschendbuntem Zuckerguss und grüner Schrift

Herzlichen Glückwunsch Harry & Eleanor

„Wer bist du?", fragte Harry verwundert.

„Wohl wahr, hab mich nicht vorgestellt. Rubeus Hagrid, Hüter der Schlüssel und Ländereien von Hogwarts", gluckste er.

Kurz darauf entbrannte ein hitziger Streit mit Onkel Vernon, der schon seit elf Jahren versuchte uns das Zauberer-und Hexe-Sein auszutreiben, erfolglos. Das ging so lange, bis Hagrid uns zwei identisch adressierte Briefe hinhielt. Ich öffnete meinen Brief und las:

HOGWARTS-SCHULE FÜR HEXEREI UND ZAUBEREI

Schulleiter: Albus Dumbledore

(Orden der Merlin, Erster Klasse, Großz., Hexenmst., Ganz hohes Tier, Internationale Vereinig. d. Zauberer)

Sehr geehrte Miss Potter,

Wir freuen uns, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie an der Hogwarts-Schule für Hexerei und Zauberei aufgenommen sind. Beigelegt finden Sie eine Liste aller benötigten Bücher und Ausrüstungsgegenstände.

Das Schuljahr beginnt am 1. September. Wir erwarten Ihre Eule spätestens am 31. Juli.

Mit freundlichen Grüßen,

Minerva McGonagall,

Stellvertretende Schulleiterin

Ich las den Brief zweimal und wollte es erst gar nicht glauben. Wir konnten die Dursleys verlassen! Zumindest die meiste Zeit des Jahres. Onkel Vernon wollte sich weigern, aber gegen den riesenhaften Hagrid hatte er keine Chance, schlussendlich verpasste Hagrid Dudley ein hübsches Ringelschwänzchen und die Dursleys flüchteten ins Nachbarzimmer. Damit war alles geklärt, wir durften gehen!

Die vergessene GeschichteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt