Erste Begegnung

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Am nächsten Morgen erwachte ich noch vor dem Wecker und stand gut gelaunt auf. Ich ging ins Bad und fluchte leise als ich meine Haare im Spiegel sah. Ich hatte vergessen mir einen Zopf zu machen und anscheinend lag ich in der Nacht komisch, jedenfalls sahen meine Spitzen total geknickt und kaputt aus. Mühsam machte ich mir einen Dutt und nach meiner morgendlichen Routine musste ich nicht lange überlegen was ich anziehen würde. Mit einer Jeans, Pullover und Parker bewaffnet, stürmte ich wieder ins Bad um gleich darauf einen Blick auf mein Handy zu werfen. Überrascht zog ich die Luft ein, als ich die Nachricht sah, die Neven mir geschickt hatte. 

Moje srce, du fehlst. Wir werden einen anderen Moment im Leben finden. Doch jetzt müssen wir erstmal uns selbst finden. Zauvijek – Nev  

Ein trauriges Lächeln schlich sich auf mein Gesicht. Wie viel Mühe er sich mit dieser Nachricht gegeben hatte, sah ich alleine an seinen gut gewählten Worten. Obwohl er kein Kroatisch sprach, nannte er mich schon eine Weile Moje srce und es erwärmte immer wieder mein Herz. Schnell tippte ich eine kurze Antwort: 

Moje srce, Zauvijek – A. Übersetzt: Mein Herz, für immer.

Danach schnappte ich mir meinen Autoschlüssel, sowie die Tasche und rannte aus dem Zimmer. Mein rot-schwarzer Mini Cooper parkte in einer kleinen Seitenstraße neben dem Hotel, da ich mich vor Parkhäusern gruselte. Fröhlich und mit sehr guter Laune machte ich mich auf den Weg zu der Adresse, hielt allerdings vorher noch an einem kleinen Café, um mir ein Croissant und einen Kaffee zu kaufen. Grinsend hielt ich an, als mir das Navi meine Ankunft verkündete. Vor fünf Minuten war ich an der Universität of Westminster vorbei gefahren und nun stand ich in einer Art Bungalowsiedlung.

Ich war mehr als begeistert als ich mich zur Nummer 86 aufmachte. Der Bungalow vor dem ich nun stand, war hellblau gestrichen und ich war kurz davor zu klingeln, als die Tür mit Schwung geöffnet wurde. Eine Frau, ungefähr in meinem Alter, trat aus der Tür, winkte noch einmal zu einem Fenster hinauf und schloss die Tür wieder. Mit einem skeptischen Blick zu mir ging sie auch schon Richtung Straße und ließ mich verwirrt stehen. Zögernd nun, drückte ich auf die Klingel und staunte nicht schlecht als diese direkt geöffnet wurde. „Hi! Kate von letzter Nacht, oder?" sagte der etwas pummelige Typ vor mir direkt und bat mich mit einer Geste einzutreten. Bei seiner Formulierung musste ich kurz lachen. „Hallo, ja die bin ich wohl. Tut mir echt leid, dass ich dich geweckt habe." 

Lächelnd schloss er die Tür hinter mir und lief voraus in die, wie ich zugeben muss, sehr elegante Küche. „Also eigentlich suchen wir einen männlichen Mitbewohner, da wir echt kein Drama wollen. Doch du klangst am Telefon so verzweifelt, da musste ich dir einfach eine Chance geben, dich vorzustellen. Ich bin übrigens Max", sagte er nun und lächelte dabei wieder. „Danke dir, Max. Ich suche wirklich dringend ein Zimmer, weil mein Studium in drei Wochen hier beginnt und ich bin wirklich nicht kompliziert", sagte ich etwas nervös und lächelte ihn auch vorsichtig an. „Was wirst du studieren?" „Computer Games Development und im Nebenfach Russisch. „Das ist ja wirklich mal etwas ausgefallenes!", antwortete er und fragte mich nach meinen Wurzeln und wie es denn dazu kam, dass ich jetzt in London gelandet war. Nach einer Weile, in der er mir auch genauso viel über sich erzählte, rief er plötzlich nach jemanden. Gleich darauf öffnet sich eine Tür und jemand trat zu uns in die Küche.

Wenn ich jetzt sagen würde das Atmen fiel mir für einen Moment schwer, war das keine Untertreibung. Vor mir stand der Traum aller Frauenherzen und musterte mich verblüfft. Ich konnte nicht anders als meinen Blick über ihn schweifen zu lassen. Seine gold-braunen Haare waren zerzaust und mein Verlangen damit zu spielen war verdammt stark. Seine Lippen waren leicht geöffnet und lenkten mich total von seinem ausgeprägten Wangenknochen ab. Ich biss mir auf die Lippe um mich nicht an ihn zu pressen und schüttelte sogleich meinen Kopf bei diesem lächerlichen Gedanken. „Woooah ihr müsst euch mit Blicken nicht gleich ausziehen Leute!" sagte Max nun belustigt und sofort flog mein Kopf in seine Richtung. Das hatte er nicht gerade gesagt oder? Eine leichte Röte schlich sich auf meine Wangen und ich wagte einen kleinen Blick in Richtung Sexgott. Das hätte ich allerdings nicht tun sollen, denn seine grünen Augen zogen mich direkt in den Bann. Doch erneut wurden wir von Max unterbrochen: „Also das ist Kate, unsere neue Mitbewohnerin. Ich weiß wir wollten einen Kerl, aber sie ist absolut entspannt und cool... Ey Alter hörst du mir überhaupt zu?" Überrascht schaut Sexgott jetzt Max an, die verschiedensten Emotionen spielen sich in seinem Gesicht ab. Zuerst war da Verwirrung über das Gesagte, dann Verärgerung und dann wurden seine Augen kalt und seine Miene verschloss sich. „Von mir aus. Hauptsache sie bleibt von mir und meinem Zimmer fern", sagte er völlig ausdruckslos bevor er sich abrupt wegdrehte und ging. Völlig steif und verwundert drehte ich mich zu Max. „Der ist immer so, keine Angst. Damit hat er dich gerade herzlich in unserer WG begrüßt", sagte er nun und beruhigte mich damit ein wenig. Jedoch realisierte ich erst jetzt, was er da gerade gesagt hatte. Ich bekam das Zimmer! 

„Oh Gott danke!!! Das ist so lieb, ich werde euch auch keine Umstände machen, versprochen", rief ich freudig aus und umarmte Max stürmisch und schnell. Er fing an zu lachen und wir plauderten noch über die Kosten und das Vertragliche. Zum Schluss zeigte er mir noch alles und meine Freude steigerte sich noch mehr, als ich mein großes Zimmer sah. Am Wochenende würde ich hier einziehen und ich war überglücklich endlich eine Wohnung gefunden zu haben, genauso wie einen netten Mitbewohner. Das ich dabei die ganze Zeit vermied über eine andere gewisse Person, deren Namen ich immer noch nicht kannte, nachzudenken, verschob ich in den Hintergrund. Ich hatte eine Bleibe, einen Studienplatz und ein Auto – so konnte mein normales Leben, das ich mir so sehr gewünscht hatte beginnen.


A lovely NightmareWo Geschichten leben. Entdecke jetzt