Meine Augen hatten die ganze Situation noch nicht wirklich erfasst, als mein Körper sich auch schon in Bewegung setzte. In der Tür stand Max – und hielt unseren blutüberströmten Mitbewohner aufrecht. Als Max mich bemerkte, sah man ihm die Erleichterung förmlich an. Was ich nun wirklich nicht verstand, denn ich war weder ein Arzt noch hatte ich irgendwelche medizinische Erfahrung. „Was ist passiert? Warum seid ihr nicht im Krankenhaus?!", rief ich da auch schon und legte nun auf der anderen Seite unseres Mitbewohners einen Arm um dessen Schulter. Sofort lag gefühlt das ganze Gewicht auf mir und ich biss die Zähne zusammen. „Wir waren in ... ist ja auch egal. Dann sind wir mit solchen üblen Typen aneinander geraten und dieser Trottel hier hat eine ziemlich tiefe Schnittwunde am Arm – die wir sofort versorgen müssen. Warum wir nicht im Krankenhaus sind, erklärt sich, glaube ich von selbst..." Ich wollte gerade widersprechen, dass sich hier gar nichts von selber erklärt, als ich Max in die Augen sah. In die knallroten Augen. „Idioten!", sagte ich leise und verbiss mir einen weiteren Kommentar. Mit vereinten Kräften schleppten wir den benommenen Trottel auf den Küchentisch – unser Sofa war einfach zu teuer für Blutflecken.
„Ich kann sowas nicht Max!", sagte ich ängstlich, als ich mir den Arm genauer ansah. „Ich hab das schon ein paar Mal gemacht, vertrau mir. Der wird das schon überleben. Es wird wehtun, weil ich hier kein Betäubungsmittel habe...", sagte Max leise zu mir. Während er in einem Schrank kramte und einen silbernen Koffer zu Tage führte, rannte ich in mein Zimmer. Bei dem Wort Betäubung ist mir sofort meine Wiskey Flasche eingefallen, die ich immer auf Lager habe. Mit genannter Jack Daniel's Flasche lief ich wieder zurück und drehte sie mühsam auf. Max war bereits dabei, mit behandschuhten Händen, metallische Utensilien zu ordnen. Mein Blick blieb bei unserem Patienten hängen – ich könnte mich dafür selbst schlagen – aber ich kam nicht umhin, auch jetzt noch seine Schönheit zu bewundern. Er hatte die Augen geschlossen und versuchte sich sichtlich zu entspannen, während er schwankend auf dem Tisch saß. Blutverlust, ist ein unangenehmer Vorgang, nicht wahr meine Liebe? Hörte ich da auch schon meine innere Stimme flüstern und schüttelte sofort den Kopf. Das hatte aufgehört, als ich 18 war und ich wollte nicht, dass sich diese Stimme wieder in meinem Kopf einnistete. „Kate! Hörst du mich?" Verwirrt hob ich den Kopf und schaute Max an. „Ich hab dich schon zwei Mal angesprochen. Wenn du mit der Situation nicht klar kommst, musst du mir nicht helfen", sagte er nun und ich schüttelte entschlossen den Kopf. „Das ist es nicht. Mir geht's gut. Sag mir nur, was ich tun soll", erwiderte ich entschlossen. „Okey. Als erstes musst du ihm das Shirt ausziehen. Ich hab schon die Handschuhe an." Das mit den Handschuhen hatte ich auch schon bemerkt und als ich ihn jetzt grinsen sah, wusste ich, dass es Absicht gewesen war. Ich nahm den Wiskey und schluckte zweimal bevor ich die Flasche wieder abstellte. Ich trat vor unseren Patienten und sah ihn auffordernd an.
„Würdest du bitte deinen gesunden Arm heben, Trottel?", sagte ich dann ungeduldig, als er mich nur verwundert anstarrte. Nachdem er endlich verstanden hatte, was ich von ihm wollte, schlich sich ein dreckiges Grinsen auf sein Gesicht. „Denk nicht mal dran!", sagte ich grimmig und zog ihm dann mit einem Ruck, das Shirt üben den gesunden Arm und Kopf. Am verletzten Arm ließ ich es langsam über die Wunde gleiten und währenddessen zog Mr. Arrogant scharf die Luft ein. Dann war es auch schon vorbei und man konnte das Ausmaß der Verletzung sehen. Eine tiefe, immer noch blutende Wunde schmückte seinen linken Oberarm. Ich nahm noch einen Schluck aus der Flasche und setzte sie dann an seine Lippen. „Trink!", sagte ich auffordernd und zu meiner Überraschung tat er genau was ich ihm gesagt hatte. Nach seinen großzügigen Schlucken, war die halbe Flasche leer und ich schnaubte etwas entrüstet. Immerhin war das meine Notfall-Flasche. „Du kannst die Flasche jetzt wegstellen. Lenk ihn irgendwie ab, wenn ich die Wunde nähe. Er hat Angst vor Nadeln, an seinem Körper", flüsterte Max mir ins Ohr während er nach dem Desinfektionsmittel griff. „Okey Kumpel, das wird jetzt verdammt wehtun. Halt einfach still, dann geht es schnell vorbei", sagte Max ernst und setzte die Sprühflasche an. Als Max anfing die Wunde zu reinigen, sah ich in das Gesicht von dem, dessen Name mir immer noch unbekannt war. Man sah, dass er versuchte alles über sich ergehen zu lassen, doch nach ein paar Minuten wurde sein Atem heftiger und ein schmerzerfülltes Stöhnen verließ seine Lippen. Das war der Moment, in dem ich seine Hand ergriff. Ohne die Augen zu öffnen, hielt er sie fest umschlossen. Nach weiteren Minuten, griff Max nach Nadel und Faden. Und als hätte er es gewittert, öffnete unser Patient die Augen und versteifte sich sogleich. Sein Blick lag auf der Nadel in Max Hand. „Das muss sein", war alles was Max dazu sagte und sein Gegenüber nickte steif. Sein Blick lag immer noch auf der Nadel. Innerlich stöhnte ich auf, denn die Idee in meinem Kopf gefiel mir gar nicht.
Doch schien sie die einzige Möglichkeit, die auf die Schnelle funktionieren würde. Zumindest hoffe ich, dass sie funktionieren würde. Ich legte meine Hand auf die Wange von Mr. Arrogant und drehte seinen Kopf von der Nadel weg, zu mir. Tief schaute ich ihm nun in die Augen und versuchte den Blick von unserer ersten Begegnung aufzusetzen. Seine Augen, die ebenso in meine schauten, überwältigten mich allerdings ein wenig und ich musste hart schlucken. Das hier war kein Blick, den man „aufsetzen" konnte. Ohne hinzuschauen, merkte ich wie die Nadel seine Haut durchstach, denn er kniff die Augen zusammen und brach damit den Augenkontakt. Jetzt kam der Part, der mir an dieser ganzen Idee nicht gefiel. Ich wusste schon jetzt, dass ich es bereuen werde. Da ich sowieso nicht drum herum kam, machte ich einen kleinen Schritt und stand nun zwischen seinen Beinen, die vom Tisch herunter baumelten. Bevor er etwas dagegen tun konnte, fuhr ich mit meiner Hand zu seinem Nacken und presste meine Lippen auf seine.
DU LIEST GERADE
A lovely Nightmare
ChickLitSeit knapp vier Jahren besteht Ava's Leben aus Konzerten, Groupies und ihrer Musik. Doch als sie sich der Schattenseite dieses Lebens nicht mehr entziehen kann, verlässt sie die Band. In London versucht die mittlerweile 21 Jährige ein normales Lebe...