Keine Schneeflocke in einer Lawine wird sich je verantwortlich fühlen, pflegte mein Vater seit Monaten zu sagen. Auch wenn dieses Zitat von Voltaire geklaut war, passte es einfach perfekt auf die Situation.Mit diesen und weiteren düsteren Gedanken stand ich in der Küche meiner neuen Wohngemeinschaft und nippte an meinem Kaffee. Die letzte Nacht hatte ich auf einer provisorischen Matratze verbracht, war dementsprechend mit Rückenschmerzen und schlechter Laune aufgewacht. Gestern bin ich in mein neues Leben eingezogen und leider hab ich nichts geschafft, außer alles in mein Zimmer zu tragen. Heute kommt der Maler und ich muss mein neues Bett in Empfang nehmen, welches zum Glück geliefert wird. Noch eine Nacht auf dem Boden hätte mein Rücken nicht überlebt. Da meine Mitbewohner übers Wochenende weggefahren sind, offiziell um mich in Ruhe einziehen zu lassen - meiner Vermutung nach wohl eher um sich vor Arbeit zu drücken - stapfe nun ich missmutig zur Tür, um diese zu öffnen.
"Sie wollen wirklich zwei Wände schwarz haben? Und dann auch noch die Decke dunkelblau?", fragt mich der Maler nach meiner Einweisung skeptisch. "Ja genau. Trinken stell ich Ihnen an die Tür. Falls Sie was brauchen, rufen Sie mich", sagte ich energisch und überließ ihm seinen Job. Mir war bewusst, dass mein Wunsch nach schwarzen Wandfarben bei vielen auf Abneigung traf. Ich bin allerdings sehr von meiner kleinen Idee in meinem Kopf überzeugt. Wenn alles so wird, wie ich es mir erhoffe, will ich mein Zimmer bald nicht mehr verlassen.
Einige Stunden später
Mittlerweile befand ich mich in meinem frisch gestrichenen Zimmer. Ein riesiges schwarzes King-Size-Bett nahm den Raum ein und befand sich gegenüber der Tür. Mein neu ersteigerter, antiker Schreibtisch aus dem 18. Jahrhundert befand sich hinter der Tür und meine Unibücher lagen darauf bereit. Ich lächelte glücklich, als ich meinen Blick an die Decke schweifen ließ. Ein dunkelblauer Sternenhimmel - mein größter Kindheitstraum - war dort zu sehen. Auf der anderen Seite der Tür, komischer Weise war diese nämlich in der Mitte des quadratischen Raums, befand sich mein dunkelbrauner Kleiderschrank. Ich hatte überall kleine Lichterketten verteilt, so dass sich auf jedem Möbelstück mindestens eine befand.
Ich löschte das Licht und schaltete sie ein. Sofort erstrahlte der Raum in gemütlichem, rot-goldenem Licht und ich flog förmlich auf mein Bett zu. Müde legte ich mich auf das frisch bezogene Bett - weiße Bettwäsche mit Snoppy - und sah mir den Raum noch Mal aus dieser Perspektive an. Rechts neben mir, hingen viele Fotos von der Band, Violett und meiner Familie. Die linke Wand ließ ich frei, um später noch Bilder aufzuhängen. Ich gähnte herzhaft und suchte nach der Fernbedienung, um die Lichter auszuschalten. Mit einem Knopfdruck verfiel das Zimmer in vollkommener Dunkelheit - in der ich auch sogleich meine Augen schloss.
Am nächsten Morgen, es war bereits Sonntag und die Jungs würden heute wiederkommen, fiel mir das Aufwachen nicht besonders schwer. Ich duschte mich ausgiebig und machte mir dann einen Earl Grey zum Frühstück. Als mein iPhone anfing zu vibrieren, war ich nur halb so genervt, wie ich es sonst gewesen wäre. Schon nach dem Abheben hörte ich Landon im Hintergrund reden, während Vi mich fröhlich grüßte. "Bist du gerade bei der Band?", fragte ich etwas verwirrt und bekam aber keine Antwort auf meine Frage. "Wir müssen nächstes Wochenende ausgehen! Hunther Eath Blake ist in der Stadt und schmeißt eine verdammt angesagte Party in seinem Haus. Da müssen wir hin! Bitte sag dass du das organisieren kannst?" Oh nein. Ich schüttelte den Kopf und merkte erst im Nachhinein, wie dämlich das war. "Vi! Du weißt doch, Hunther und ich..." Ich kam nicht mal dazu meinen Satz zu beenden. "Ja genau deswegen! Hunther und du, also kriegst du es hin ja? Ich will da unbedingt hin, es gibt Gerüchte, weißt du..." Ich seufzte tief und erwiderte dann: "Für dich schaff ich das, ja. Aber nur wenn du mir versprichst, dass ich dich da nicht betrunken wegtragen muss. Von welchen Gerüchten redest du eigentlich?" Hoffentlich meinte sie nicht die, über Hunther und mich...
"Oh klasse, ich wusste es! Du bist die Beste, weißt du das eigentlich?", schrie mir Vi schon ins Ohr und wollte gar nicht mehr aufhören zu kreischen. "Entspann dich endlich! Und jetzt sag mir welche Gerüchte du meinst", sagte ich nun, denn etwas zwischen Nervosität und Neugier nagte an mir. Nach etlichen weiteren Minuten sagte sie mir endlich worauf sie angespielt hatte. "Es wird erzählt, dass ein paar ganz bekannte Promis kommen", sagt sie ehrfurchtsvoll. "Wie interessant, nicht! Das ist nun, zum Glück, nicht das, was ich erwartet hatte. Du weißt doch, dass ich mich für Promis nicht wirklich interessiere Vi! Ich muss jetzt auch los. Dank dir hab ich eine Aufgabe zu erledigen", sagte ich gelangweilt und verabschiedete mich von ihr. Hunther war in der Stadt? Fuck! Fuck! Fuck! Das ist etwas, was mir an diesem Morgen sofort die gute Laune nahm.
Schnell tippte ich eine Nachricht und verweilte einen Moment auf dem Senden-Button:
Hey Sweetheart,
hab gehört du bist in der Stadt? Können wir uns die Tage sehen? Am besten vor deiner Party - zu der du mich übrigens noch nicht eingeladen hast! Ich bin verletzt. :D Hab dich fürchterlich vermisst und hoffe wir vertragen uns wieder - LiebeIch hoffte das würde ausreichen um ihn milde zu stimmen und drückte auf senden. Da ich nicht direkt eine Antwort erhalten würde, ging ich in mein Zimmer um noch die letzten Kartons auszupacken. Gegen Mittag, ich hatte gerade meine Mozzarella-Sticks aus dem Ofen geholt, hörte ich den Schlüssel in der Haustür. "...schmerzhaft sein", hörte ich da auch schon die Stimme von Max. Schnell biss ich in einen Stick und spazierte dann in den Flur.
Was mich da allerdings erwartete ließ es mich bereuen, einen Bissen genommen zu haben - denn dieser blieb mir buchstäblich im Hals stecken.
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A lovely Nightmare
Romanzi rosa / ChickLitSeit knapp vier Jahren besteht Ava's Leben aus Konzerten, Groupies und ihrer Musik. Doch als sie sich der Schattenseite dieses Lebens nicht mehr entziehen kann, verlässt sie die Band. In London versucht die mittlerweile 21 Jährige ein normales Lebe...