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Perplex starrte ich ihn an, noch gelähmt durch den Kuss. Er stand vor mir, ans Auto gelehnt und grinste verlegen.

"Komm, lass uns nach Hause gehen. Die Feier ist schon so gut wie vorbei."

Er hielt mir die Autotür auf und ich stieg ein. Mein Herz klopfte immer noch wie wild und wollte sich nicht beruhigen. Ist das gerade wirklich passiert? Die Autofahrt verlief peinlich stumm.

Bei ihm angekommen, fiel ich todmüde auf das Bett. Ich kuschelte mich in die Kissen und war schneller eingeschlafen, als erwartet.

Oh mein Gott. Er hat mich geküsst.
Na und. Was bedeutet schon ein Kuss.
Mag er mich etwa?
Pff, sei nicht so arrogant. Er hat bestimmt irgendwelche Hintergedanken.
Nein. Das würde Dazai nie tun.
Ach denkst du? Warum sollte er genau dich unter den vielen Frauen aussuchen, wenn er nicht irgendetwas plant? Er könnte jede haben, die er will.
...
Siehst du. Du bist für ihn nur ein Mittel zum Zweck.
Nein.
Er liebt dich nicht.
Hör auf!
Er nützt dich nur aus. Genau wie alle anderen. So sind Menschen nun mal.

"SEI LEISE!" Ich wachte schweißgebadet auf. Diese Stimme hörte sich an wie meine eigene. Sie ließ mich nicht mehr ruhig schlafen. Keine einzige Nacht hörte ich sie nicht.

Es war nur ein Traum.
Es war nur ein Traum.

"Kaguya. Beruhig dich." Dazai wurde wach und sah mich besorgt an. Er nahm mich schützend in die Arme. Seine wärme beruhigte mich und ich zog mich schluchzend an ihn heran.

"Hast du schlecht geträumt?", fragte er mit seiner weichen Stimme. Ich nickte.

"Brauchst du etwas?" Ich schüttelte den Kopf.

"Willst du... alleine sein?" Ich schüttelte wieder den Kopf. Nein, ich wollte nicht alleine sein. Nicht jetzt.

Die Stunden vergingen und man konnte die Sonne schon aufgehen sehen. Ich hatte ein schlechtes gewissen, weil ich Dazai vom Schlaf aufgehalten und ihn geweckt habe.

Ich löste mich langsam von ihm, bedacht darauf ihn nicht wieder zu wecken. Es war noch etwas Zeit bis wir raus mussten, also beschloss ich ihm Frühstück, als Entschuldigung, zu machen. Tief versunken in meinen Gedanken bemerkte ich nicht, wie Dazai hinter mir stand. Erst als er mich ansprach, zuckte ich erschrocken zusammen.

"Schleich hier nicht so rum. Da bekommt man ja einen Herzinfarkt", warf ich ihn lachend vor. Er entschuldigte sich, indem er uns einen Kaffee machte.

"Heute ist die Abschlussfeier in der Akademie oder?", fragte mich Dazai nuschelnd, den Mund voll mit dem Frühstück. Er konnte so kindisch und süß sein, da möchte man ihn am liebsten knuddeln. Peinlich berührt von meinen eigenen Gedanken, antwortete ich:"Ja, heute werden die Noten bekannt gegeben und heute Abend die Zeugnisse überreicht."

Die Schule plante ein großes Fest. Essen, trinken, tanzen und die älteren Ermittler suchen sich dort oft ihre Schüler aus. Für viele war es das Highlight ihres Lebens und in den letzten Monaten war es das Gesprächsthema Nr.1.

"Lass uns nachher zu Sato fahren."

"Wozu?", fragte ich mit erhobenem Augenbraue.

"Weißt du nicht mehr, warum du zur Schule gegangen bist?", lachte er. "Ab den Tag, wo du deinen Abschluss hast und eine Ermittlerin bist, wird Sato's Verfügung über dich nicht mehr gelten. Er muss dir die Papiere unterschreiben."

Doch plötzlich machte er ein ernstes Gesicht. Ich schaute ihn besorgt an.

"Alles okay? Geht es dir gut?", fragte ich ihn.

"Da gibt es einen Haken. Bei der Sache." Er schaute mich etwas traurig an und mir wurde mulmig. Es war klar das es einen Haken gab, aber warum schaut er so besorgt!?

"Du... Die Verfügung wird jemand anderes bekommen. Heute Abend wird entschieden, wer von den Ermittlern, die dich erwerben wollen, dein neuer Vorgesetzter wird. Das heißt... Das Sato die Verfügung verliert und ich eventuell meine Partnerin."

Der Schock saß tief. Das heißt... Ich werde von Dazai getrennt? Ich werde weiter gereicht wie ein Objekt? Wie etwas gemietetes. Ich werde nach wie vor behandelt wie ein Ghoul. Wie ein wildes Tier in Gefangenschaft.

"Aber ich verspreche dir, das ich alles tun werde, damit wir nicht getrennt werden!" Er nahm meine Hand in seine und sah mir entschlossen in die Augen.

"Wirst du das hinkriegen?" Mir liefen die Tränen über die Wangen.

"Ich werde es versuchen." Er wischte mir die Tränen weg.

"Verspreche nichts, was du nicht zu 100% weißt", antwortete ich ihm, um mir selber keine Hoffnungen zu machen. Ich stellte mich auf das Schlimmste ein, denn dann kann ich auch nicht enttäuscht werden. Das würde ich nicht mehr verkraften. Mein Leben kam mir vor wie ein Kartenhaus, das bei dem nächsten Windzug zusammen bricht.

-

Die große Halle war bis zum Rand mit Menschen gefüllt. Verunsichert stand ich alleine am Rand und beobachtete die ganzen fröhlichen Menschen. Die Absolventen mit ihrer Familie und Freunden. Mit dem Zeugniss in der Hand wurde ich von älteren Ermittlern umringt, die sich mir vorstellten.

"Ich bin ein First Class und habe ebenfalls dich als meine Partnerin angefordert", stellte sich ein kleiner, runder Mann vor. Sein Blick jagte mir einen Schauer den Rücken herunter und er kam mir unangenehm nah.

"Komm setzen wir uns an den Tisch und unterhalten uns ein bisschen." Seine Hand umfasste meine Taille und er führte mich Richtung Tisch. Als er mich berührte setzte mein Herz für einen Moment aus, sowie bei jeder Berührung die unerwartet kommt. Diese Nähe jagte mir eine gewaltige Angst ein. Die Angst, als könnte mich die Person verletzen, wie ich damals verletzt wurde.

Ich riss mich panisch von ihm und rannte weg. Doch weit kam ich nicht, denn ich lief gegen jemanden und war kurz davor das Gleichgewicht zu verlieren.

"Kaguya? Alles in Ordnung?" Ich sah in das verwirrte Gesicht von Ichiru und ich entschuldige mich sofort. Erst einige Augenblicke später bemerkte ich das er von Dazai gefolgt wurde.

"Hey, Dazai. Kümmer dich um deine Prinzessin. Ich glaube sie fühlt sich hier nicht wohl." Mit diesen Worten ließ Ichiru uns grinsend alleine.

"Geht es dir gut?", fragte Dazai und schaute mir tief in die Augen.

"Ja. Danke."

"Lüge mich bitte nicht an, Kaguya. Du quälst dich mit etwas und das sehe ich. Lass mich dir bitte helfen."

Ich zögerte einen Moment, doch dann erzählte ich ihm alles. Davon, das ich Alpträume von der Vergangenheit hatte. Das ich, immer wenn ich alleine war, Stimmen hörte. Das sie mir komische Sachen einredeten. Das es sich anfühlt, als hätte jemand anderes meinen Körper gesteuert, als man in Dazai's Wohnung eingebrochen ist. Und, das ich Angst hatte, ihn zu verlieren. Ihn zu Verletzten.

Er nahm mich wortlos in die Arme. Ich zitterte unkontrolliert am ganzen Körper. Er war die einzige Person, bei dem ich nicht diese Feindseeligkeit spüre. Nicht diese Angst, diese panische Angst, er könnte mir was antun.

"Ich werde immer für dich da sein, Kaguya. Ich werde dich nicht alleine lassen."

CCG's Black Vampire (Tokyo Ghoul FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt