Putzwahn

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France, today

Wir quartierten meine Adoptiveltern nach reichlicher Überlegung erst mal bei Estella ein, da uns in dem alten Haus ein weiteres Schlafzimmer zur Verfügung stand und die beiden bei uns weitaus sicherer waren als alleine in einem Hotel.

„Wenn etwas wäre- was ich nicht glaube, aber wenn etwas wäre und Viola deine Adoptiveltern im Visier hat, können wir sie beschützen", hatte Estella dazu gesagt und sie hatte recht. Außerdem war es fast so, als wären wir wieder in Richmond, alle unter einem Dach, mit der einzigen Aufnahme der Zuwachs alias Estella. Ich war zwar immer noch nicht glücklich, dass die beiden sich ausgerechnet jetzt, in so einer gefährlichen Situation nach Paris fahren mussten, aber ich musste mich schließlich mit der Tatsache abfinden.

„Das Haus ist ja zauberhaft!", rief Sandra entzückt als Philine uns mit dem hippen Auto bis vor Estellas Haustür fuhr.

„Ja, nicht? Etwas heruntergekommen, aber ich habe mir für die nächsten Tage sowieso vorgenommen das Haus mal ein bisschen aufzupeppen."
„Wohl eher Monate", scherzte Chris beim Anblick des Lackes, der von der Eingangstor abblätterte und wohl auch schon mal bessere Zeiten gesehen hatte. Ich warf ihm einen warnenden Blick zu, schließlich wollte ich nicht, dass er Estella ein schlechtes Gewissen machte. Sie musste sowieso völlig überfordert sein, so wie alle in dieser Situation. 
„Ich muss dann mal wieder weiter, an meiner Kollektion arbeiten."
„Kommst du morgen vorbei? Dann unterhalten wir uns nochmal über den Plan", fragte Estella. Philine nickte.
„Und ich werde schon mal ein paar Recherchen über deinen früheren Lover anstellen", zwinkerte Philine Estella frech zu.

„Er war nicht mein Lover!", empörte sich Estella daraufhin.

„Aber er wäre es gern gewesen." Da wurde Estella rot und ich kicherte. „Bis morgen!" Und sie ließ den Motor an, verschreckte wahrscheinlich die ganze Nachbarschaft mit dem getunten Auto und brauste davon. Sandra sah etwas perplex aus.

„Ich wusste ja, dass sie etwas flippig ist... aber das?"

„Das ist eben Philine." Ich zuckte mit den Schultern und legte dann einen Arm um Sandra. „Schön, dass ihr hier seid. Ich kann es gar nicht erwarten, euch das Haus zu zeigen. Estella, du hast doch bestimmt noch Fotos von früher, oder?" Estella verzog das Gesicht.

„Ehrlich gesagt nicht. Vielleicht sind noch welche im Haus, wenn meine Eltern sie nicht alle mit in ihre neue Villa genommen haben." Ich erinnerte mich an das Foto der alten Damen, das ich bei meinem ersten Besuch entdeckt hatte und nahm mir vor, weiter in den Erinnerungsstücken der Cartiers zu stöbern. Estella öffnete die Eingangstür zum Haus ihrer Eltern mit ihrem Schlüssel und ich fragte mich, ob sie meine Adoptiveltern nicht gleich mit ihrer Magie überfordern wollte. Schließlich hatten die beiden heute auf der Autobahn bereits mehr Magie gesehen als je zuvor in ihrem Leben.

„Huch, ist das staubig!" Sandra nieste, als Estella mit dem Aufschwingen der Haustür den Staub aufwirbelte, der sich in den letzten fünf Jahren im Haus abgesetzt hatte.

„Tut mir Leid, ich hatte noch keine Gelegenheit das Erdgeschoss sauber zu machen", erwiderte Estella zerknirscht.

„Wir sind auch erst gestern angekommen", setzte ich noch hinzu.

„Ich kümmere mich gleich darum", meinte Estella.

„Kein Problem, ich bin nur ein bisschen empfindlicher als normal, wenn es um Staub geht. Und in der letzten Zeit ist es ein bisschen schlimmer geworden, wahrscheinlich wegen den Pollen im Frühjahr."

„Heute Abend sieht es hier unten blitzblank aus, das verspreche ich. Was wollt ihr zum Abendessen?" Estella schien Ambitionen zu haben, die perfekte Gastgeberin zu sein, und ich konnte mir gerade noch verkneifen sie in ihrem Eifer zu bremsen.

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