Beziehungsprobleme

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Salem, America, today

„Setzt euch doch." Emanuel deutete auf ein Sofa, dass dem futuristischen Raum durch seine zeitlose Eleganz eine gewisse Greifbarkeit gab. Während wir gemeinsam auf einem cremefarbenen Sofa Platznahmen erzählte Emanuel weiter.

„Das hier ist mein ganz privates Reich. Eigentlich Büroräume, aber so oft wie ich hier bin habe ich es gleich häuslich eingerichtet, es sollte also kein Problem für euch sein, hier zu wohnen. Er deutete in Richtung Eingang. „Ich habe zwei Zimmer im obersten Stock für euch herrichten lassen, ich hoffe es stört euch nicht, wenn Leute in den unteren Stockwerken ein- und ausgehen. Dafür habt ihr das Dachgeschoss ganz für euch allein."

„Oh, ich liebe diesen Stil!" Philine streichelte den Bezug des Sofas. „Meine Wohnung in Paris ist in einem ganz ähnlichen Stil eingerichtet." Und wirklich, die Einrichtung hier erinnerte mich wirklich an die Designermöbel in Philines Wohnung.

„Ja, sie sind schön und vor allem praktisch, wenn wir doch mal eine kleine Konferenz abhalten müssen." Ich runzelte die Stirn, weil ich nicht verstand. „Leicht abzuwischen", lachte Emanuel und zeigte auf die glatten Flächen der Regale, über die man wirklich nur einmal mit einem Staubwedel fahren musste, um sie zu säubern."

„Also... du und Viola wart ein Paar?", fasste ich die eben neu gewonnenen Informationen noch einmal zusammen.

„Wir waren erst fünfzehn und... in gewisser Weise war es wohl dumm zu denken, wir hätten eine gemeinsame Zukunft. Ich habe sie damit überforderten Viola hat auf ihre ganz eigene Weise reagiert: sie ist abgehauen." Das kannte ich noch von jemandem.

„Das heißt, du warst der Grund, weshalb Viola weggelaufen ist?", fragte ich ungläubig nach.

„Nicht nur ich", verbesserte mich Emanuel. „Aber ich habe durchaus dazu beigetragen. Zusammen mit vielen anderen Faktoren wie der Distanz zu ihren Eltern und ihrer Schwester Kora." Alex hatte mir schon von den Streitereien zwischen seiner Mutter und Viola erzählt. Und er fragte sich noch immer, ob Viola etwas mit dem Flugzeugabsturz seiner Eltern zu tun hatte. Zuzutrauen wäre es ihr auf jeden Fall.

„Aber was ist eigentlich danach passiert? Wie ist sie zu der Viola geworden, die ich kenne?" Wenn einer die Antwort darauf wusste, war es Emanuel. Nach dem, was ich gehört hatte, hatte er Viola schon seit einer Weile überwacht.

„Du meinst, wie konnte sie sich von einem unschuldigen Teenager zu einer grausamen Mörderin entwickeln?" Er zuckte nicht einmal mit der Wimper als er aussprach, zu was seine einstige Liebe heute geworden war. „Ich kann nur vermuten, dass sie damals in Russland gelandet ist. Die wahren Magier gab es schon immer und Viola ist wohl damals auf ihre Versprechungen hereingefallen. Sie war schon immer eine Kämpferin, also hat sie sich von ihnen nicht unterkriegen lassen. Ihre Skrupellosigkeit hat sie mit der Zeit bis ganz an die Spitze gebracht. Und ich habe intuitiv die andere Richtung eingeschlagen, als ich zum ersten Mal wieder von ihr gehört habe, hatte ich gerade hier in Salem angefangenen war auch nicht viel mehr als ein Praktikant. Seitdem habe ich sie nicht mehr gesehen. Alles, was ich weiß sind Informationen über Quellen in Sibirien."

„Sie haben Leute im Hauptquartier der wahren Magier?" Mein Puls beschleunigte sich von einem Moment auf den anderen. „Das heißt, du weißt wie es Alex und Selian geht?" Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich von Anfang an auf Emanuel gesetzt. „Vielleicht könnten wir die beiden durch deinen Kontakt zurückholen!" Ach was, vielleicht könnten wir sogar Viola stürzen! Aber Emanuel hob beschwichtigend die Hände und die Leichtigkeit die ich gefühlt hatte verpuffte von einem Moment auf den anderen.

„Louise, so gern ich den beiden auch helfen würde, wir können nichts riskieren. Es hat Jahre gedauert meinen Kontakt einzuschleusen und sich das Vetrauen der anderen wahren Magiern zu gewinnen. Aber ich kann herausfinden, wo die beiden genau festgehalten werden und wie es ihnen geht."

„Ja, bitte!", rief ich aufgewühlt. Philine neben mir stellte den leeren Teller, auf dem zuvor noch fünf Macrons gelegen hatte, vor sich auf dem gläsernen und spiegelblanken Couchtisch ab.

„Die waren fast so gut wie in Paris, Monsieur."

„Das freut mich zu hören. Ich will euch nicht mehr lange aufhalten, ihr seid sicher todmüde wegen der Zeitumstellung. In Paris ist es jetzt wie viel Uhr? Halb drei nachts?" Das traf es ganz gut. Ich konnte mich gerade noch bemühen, die Augen offen zu halten und nicht von der Couch zu kippen „Aber ich denke es ist gut, wenn ich euch gleich sage in welcher Form ich euch meine Hilfe anbieten kann und wie wir diesen Wahnsinn stoppen können. Estella hat mir ja bereits alles Wichtige erklärt." Das hatte sie bei den langen Telefongesprächen, für die sie sich in den letzten Tagen immer von uns abgegrenzt hatte.

„Ich will dich nicht unter Druck setzten, Emanuel, aber du bist unsere letzte Hoffnung." Emanuel schien nicht überrascht.

„Ja, das habe ich mir schon gedacht. Aber ich kenne Violas Schwächen. Damit haben wir eine reelle Chance gegen sie." Plötzlich polterte etwas und gleich darauf fluchte jemand. Philine und ich drehten uns nach der Quelle des Lärms um. „Das ist nur Dean. Schlechter Tag für ihn, wie es scheint." Koffer schleppen gehörte also zu seinen Tätigkeiten als Praktikant dazu.

„Vielleicht sollte ich ihm helfen?", bot meine Cousine überraschenderweise an und ehe ich mich versehen konnte, war sie schon aufgesprungen und auf dem Weg zur Treppe. Die Farbe seiner Haare hatte es ihr wirklich angetan, ich hatte im Auto eine schnell gekritzelte Skizze einer Jacke mit einem ganz eindeutig bekannten Blaustich gesehen. Ich war froh über die Unterbrechung des Gesprächs und nutzte sie, um mich ebenfalls vom Sofa aufzurappeln und ein Gähnen zu unterdrücken.

„Es ist wirklich toll das sie uns helfen wollen, Emanuel. Viola muss gestoppt werden."

„Das sehe ich genauso, Louise. Geh ruhig rauf und leg dich hin, ich glaube in eurem Zustand bringt weitere Planung nicht mehr viel." Ich lächelte ihn dankbar an.

„Einfach die Treppe nach oben?"

„Und dann gleich rechts. Und ich kümmere mich in der Zeit um meinen Informanten und werde ihm sagen dass er mich sofort über den Zustand deines Freunds und Vaters in Kenntnis setzten soll. Wenn du wieder aufwachst, kann ich dir hoffentlich schon sagen wie es ihnen geht." Die Aussicht, schon so bald Neuigkeiten über die beiden zu hören versetzte mich trotz meiner Müdigkeit in einen enthusiastischen Zustand. Während ich mich die Treppe in den obersten Stock hochschleppte kam mir Philine entgegen.

„Die Koffer waren doch nicht so schwer." Das bezweifelte ich zwar, aber ich folgte ihr ohne Widerworte in den dritten Stock. Ich war überrascht als ich sah, dass Emanuel nicht zu viel versprochen hatte. Die Zimmer waren im gleichen Stil eingerichtet, in dem der Rest des Hauses gehalten war und ich konnte mir durchaus vorstellen, hier in der nächsten Zeit zu wohnen. Obwohl wir zwei Badezimmer hatten putzte ich mir die Zähne in Philines und holte nur die wichtigsten meiner Sachen aus dem Koffer, der schon neben dem gemachten Bett stand. Das große Bett in ihrem Zimmer war durchaus für zwei geeignet und heute Nacht , beziehungsweise Tag wollte ich nicht alleine in meinem Zimmer sein.

Da fiel mir ein, dass ich Emanuel noch etwas zu sagen hatte. Etwas, dass er von seinem Informanten eventuell noch nicht wusste. Viola hatte mich als ihre ganz eigene Auftragsmörderin anheuern wollen. Dabei hatte sie bestimmt schon unzählige. Und ihr Ziel war heißgeliebter Ex. Viola wollte Emanuel an den Kragen und damit könnte sich seine Überlegenheit gegen ihn wenden.

„Philine... glaubst du Emanuel weiß, dass Viola ihn am liebsten tot sehen will?" Philine, die sich gerade eine ihrer Schönheitscremes ins Gesicht schmierte, hielt in der Bewegung inne und drehte sich zu mir um.

„Er kann sich bestimmt denken, dass sie nicht gerade freundlich auf ihre gesinnt ist."

„Ich muss es ihm sagen, oder?", schloss ich aus ihrer Antwort. Sie nickte.

„Er muss wissen, auf was er sich einlässt. Das sein Leben womöglich selbst auf dem Spiel steht, wenn er uns hilft."

„Okay." Ich nickte bestimmt. „Ich sage es ihm morgen. Versprochen", schob ich hinterher als Philine mir einen kritischen Blick schickte.

„Das ist das Richtige, Lou. Er verdient zu wissen wie die Lage wirklich aussieht." Ich antwortete nicht mehr, sondern registrierte Philines Worte nur noch am Rande meines Bewusstseins. „Gute Nacht, Lou." 

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