Paris, today
Offiziell sollte ich mich ja noch schonen. Na ja, und inoffiziell stand ich jetzt hier vor Philines Wohnungstür und sah mich damit konfrontiert, das meine Cousine mich wohl oder Übel vergessen hatte. Dabei war ich extra eine Stunde früher gekommen, unter anderem um das Essen und die Demo in Augenschein zu nehmen und zu probieren. Natürlich nur das Essen, verstand sich. Man konnte fast meinen, Philine war nervös vor dem Abendessen mit ihren Eltern. Anscheinend so nervös, dass sie die Klingel nicht hörte. Ich drückte nochmals auf die Klingel und klopfte dann mehrmals laut gegen die Tür. Immer noch nichts, nicht mal ein kleiner Mucks der auf ein Lebenszeichen hinter der Tür schließen ließ. Dann musste es eben so gehen, ich kannte ja einen Trick mit dem ich die Tür öffnen konnte ohne sie dabei aus den Angeln zu reißen. Trotzdem sah ich mich nach Kameras im Flur um, bevor ich mit meiner Magie das Türschloss drehte und es Klick machte. Einem Haus in einem so noblen Viertel würde ich es durchaus zutrauen, Kameras installiert zu haben um die brav zahlenden Bewohner vor jeder erdenklichen Gefahr zu schützen.
„Philine? Bist du da?" Im Flur sah alles ganz normal aus und auch als ich die Glastür zum Wohnzimmer einen Spalt öffnete, schien es, als hätte sie den Raum erst vor Kurzem verlassen. Eine Strickjacke aus Flanell lag auf einem Sessel drapiert und die großen Blumen in der Vase schienen erneuert worden zu sein. Außerdem konnte ich nicht anders als zu bemerken, das Philippe ein ganz eigenartiges Raumspray, das nach Vanille und etwas fruchtigem roch, in der Luft versprüht hatte, und davon nicht gerade wenig. Ich japste nach Luft und eilte zur Flügeltür auf die Terrasse, um die Intensität des Geruchs wenigstens ein bisschen zu mildern. Dankbar atmete ich die kalte Nachtluft ein und ließ den Blick über die Skyline Paris wandern. Bei Nacht war es hier fast so hell wie tagsüber und allein Philines Terrasse, die nur ein paar schwache Lichter im Whirlpool und an den Seiten installiert hatte, schien dabei eine Ausnahme zu machen. Bei Gelegenheit würde ich diesen auch einmal benutzen, versprach ich mir. Nur vielleicht nicht gerade heute.
Ich wappnete mich erneut gegen die Geruchswand, die mir entgegenkam und wedelte halbherzig mir der Hand in der Luft herum. Wo zur Hölle steckte Philine? Langsam erwog ich die Option, dass Viola es vielleicht doch geschafft hatte hier einzubrechen und Philine zu entführen. Oder vielleicht waren sie immer noch hier und versteckten sich hinter der Küchentheke. Ich lugte um die Ecke in die Küche und beäugte die Szene. Auf dem Herd standen ein halbes Dutzend verschiedene Töpfe und es roch angebrannt. Ich wägte die Situation ab und stellte mir vor, ich wäre in einem Horrorfilm. Natürlich wusste der Zuschauer, dass das Monster hinter der Küchentheke kauerte und nur darauf wartete, das der dumme Charakter einen Schritt vorwagte. Aber ich musste es einfach tun, nicht nur um meine Neugier zu befriedigen, sondern auch um den Topf, der jeden Moment davor war, überzukochen, und damit das Essen auf der Herdplatte zu retten. Sobald ich den Entschluss gefasst hatte schnappte ich mir per Telekinese das Messer von der Küchenablage gegenüber und sprang mit einem lauten „Ha!" Hinter dem Rahmen der Tür hervor, der mich bis dahin verdeckt hatte. Natürlich war niemand hinter der Theke und die Leere auf dem Boden schien mich förmlich auszulachen, bis ich meinen Blick abwandt. Mit einer schnellen Bewegung zog ich den Topf von der Platte und schnupperte an etwas, das wohl einmal Béchamel-Soße hatte werden sollen. Aber lange konnte sie noch nicht weg sein, denn sonst wäre der Boden des Topfes zu diesem Zeitpunkt völlig schwarz und verkoppelt gewesen. Nein, Philine musste sich noch irgendwo in der Wohnung befinden.
Nachdem ich die Abstellkammer, das Gästebad und das Esszimmer auf der gleichen Etage gecheckt hatte, führte mich mein Weg zurück zur Treppe ins zweite Geschoss des geräumigen Penthouses.
„Philine?" Obwohl ich auch diesmal keine Antwort bekam, bildete ich mir ein, ein leises Geräusch zu hören. War das ein Poltern? Es hörte sich an, als sei jemand gegen eine Tür gelaufen. Mein Griff um das Messer, das ich immer noch umklammert hielt, verfestigte sich und ich machte mich auf alles gefasst. So schnell es ging ohne dabei auszurutschen lief ich die schmale Treppe nach oben und spähte in den Flur der oberen Etage. Niemand zu sehen. Auf Zehenspitzen schlich ich mich an Türen vorbei, hinter denen sich jeweils ein Gästezimmer, ein Bad wie aus einem Spa-Katalog entsprungen, und Philines Zimmer befanden. Alle standen offen, aber aus den Tiefen von Philines Reich hörte ich erneut das Geräusch, diesmal lauter. Noch ein Poltern. Okay, hier musste ich eindeutig eingreifen, ich konnte das Leben meiner Cousine nicht länger aufs Spiel setzen. Das war eindeutig nicht das mutigste, was ich je getan hatte, aber es war nah dran. Mit schnellen Schritten lief ich in Philines Zimmer und riss die Tür zu ihrem begehbaren Kleiderschrank auf, hinter der die Geräusche lauter wurden. Ich war darauf gefasst jeden potentiellen Angreifer auf der Stelle zu Kleinholz zu hacken, doch was ich hinter der Tür sah, ließ mich fassungslos das Messer sinken machen.
„Was machst du da?"
„Nach was sieht's denn aus?"
„Du versuchst, dich aus einem Kleid zu befreien an dem der Reißverschluss abgebrochen ist?" Nun ja, das war die Beschönigte Version. Eigentlich hatte Philine das Kleid halb über den Kopf gezogen, einer ihrer Arme lugte aus dem Loch, das eigentlich für den Kopf vorgesehen war, hervor, und versuchte verzweifelt den Reißverschluss zu erreichen, der abgebrochen war. Dabei lief sie mehrmals gegen die Wand.
„Ich stecke fest." Sie seufzte. „Dabei wollte ich doch nur das perfekte Outfit finden." Ja, das sah ich. Auf dem Boden verstreut lagen Kleider in allen Farben und Variationen.
„Du bist nervös", stellte ich fest. „Philine, wann haben dich deine Eltern zum letzten Mal besucht?" Sie zog eine Grimasse, während sie immer noch versuchte sich aus dem Kleid zu befreien.
„Du meinst, zusammen? Hm, lass mich überlegen... Muss kurz nach der Scheidung gewesen sein."
„Da warst du wie alt... zwölf?" Ich bekam keine Antwort.
„Würdest du mir bitte aus diesem Ungeheure von modischem Geschöpf helfen? Kaum zu glauben das es so etwas wirklich über einen Entwurf hinaus geschafft hat..."
Nach erstaunlich kurzer Zeit hatte wir es geschafft, Philine ohne weiteren Schaden aus dem Kleid zu befreien und ein Neues aus der überdimensionalen Anzahl in ihrem Kleiderschrank auszuwählen.
„Was ist denn jetzt mit deinen Eltern. Und komm schon, ich weiß das da was im Busch ist. Auch wenn es für dich wirklich nicht außergewöhnlich ist, einen Topf auf dem Herd zu vergessen, das hier ist nicht einmal für deine Maßstäbe normal." Ich hielt das etwas zerfledderte Kleid in die Höhe. Philine seufzte ergeben.
„Ich habe dir ja schon von meiner Maman erzählt... Sie ist oft weg, auf Reisen, und sieht die tollsten Orte der Welt. Man kann nicht gerade sagen, das ihre Maßstäbe tief gesetzt sind. Und wenn mein Papa nicht gerade damit beschäftigt ist seinen neuen Ferrari auszufahren, sitzt er in den nobelsten Restaurants Paris und pflegt seine Kontakte zur Aristokratie. Ich will einfach, dass dieser Abend perfekt wird. Meine Eltern haben seit Jahren nicht mehr miteinander gesprochen und das sie sich jetzt endlich dazu durchgerungen haben, kann einfach nicht normal sein. Da steckt etwas dahinter, und wenn ich heute Abend nicht allein bin, macht das alles etwas besser." Sie schenkte mir ein leichtes Lächeln. „Wenn du meinen Lebensstandard schon für extravagant hältst, kennst du meine Eltern noch nicht." Da könnte sie allerdings durchaus Recht haben. Ich hatte keine Vorstellung von Philines Eltern, aber das sogar Philine selbst durchdrehte ließ meiner Fantasie freien Lauf. Ich drückte Philines Hand.
„So schlimm können deine Eltern gar nicht sein, wenn sie dich hervorgebracht haben", ermutigte ich sie. „Aber sag mal, was sollte das denn eigentlich auf dem Herd werden..." Sie sprang abrupt auf.
„Oh nein, das habe ich total vergessen. Verdammt!" Sie rauschte aus dem Zimmer und ich hatte Mühe Schritt zu halten. „Lasagne mit Lachs auf gebratenen Jakobsmuscheln", rief sie mir über die Schulter zu. „Und als Nachspeise Crème Brûlée."
„Du weißt aber schon das ich mit Muscheln total auf Kriegsfuß stehe", erinnerte ich sie im Laufschritt daran, dass es jedes vergangene Mal, wenn ich mich mit dem glibberigen Fleisch der Muscheln konfrontiert sah, ein Desaster gegeben hatte.
„Lou, die sind von mir gekocht, du wirst dir nicht vorstellen können jemals etwas anderes gegessen zu haben." Wir waren in der Küche angekommen und sie warf einen hastigen Blick auf die Uhr. „Wenn wir das in einer halben Stunde denn noch hinbekommen."
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Das würde ich eine geballte Portion von Philines Tollpatschigkeit nennen. Habt ihr wirklich geglaubt, da sitzt ein wahrer Magier in der Küche versteckt? Pfff, so ein Quark.
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Something like power
FantasyDas Finale der Magic-Trilogie. Lou, der 17- jährigen Magierin, stehen schwierige Entscheidungen bevor. Sie hat ihre Antworten bekommen, aber zu welchem Preis? Menschen, die sie liebt schweben in Gefahr und alles scheint auf einen finalen Kampf hinau...