Sandsturm

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Sibirien, heute.

„Das ist nicht wahr!", protestierte ich verzweifelt, aber natürlich hatte sie recht. Ich wusste es instinktiv. Viola löste meinen Bann und schwebte elegant zu Boden. Weiß der Himmel woher sie die Konzentration aufbrachte, dass in dieser Situation auch zu schaffen.

„Weißt du, was das heißt: du hast verloren. Ihr alle habt verloren!"

„Viola?" In der Tür stand Peyton und ich ächzte. Im Schlepptau hatte sie Alex, der nicht freiwillig mitgekommen war. Sie schubste ihn in den Raum und schenkte Viola ein strahlendes Lächeln. „Ausgeführt. Was soll ich noch tun?"

„Du Schlampe!", schrie ich, weil es gerade das einzige Schimpfwort war, das mir einfiel. Ich stürzte mich auf sie, wurde aber zurückgezogen wie eine Marionette an ihrem Faden. Viola. Ich fiel neben Emanuel zu Boden und der nutzte den Moment, um auf die metallenen Gelenke um seine Hand zu deuten. Sie waren zu locker. Emanuels linke Hand blutete zudem stark und ich realisierte, dass er seine Hand aufgerieben hatte. Und das die Fessel nicht mehr lange halten würde. Trotzdem war immer noch Peyton hier und ich hatte gerade eben Mordgelüste bekommen. Und diesmal würde mich nichts stoppen. Aber dann hielt die Barbie das Stuhlbein, mein Stuhlbein in der Hand und ich ahnte, was als nächstes kommen würde.

„Ich an deiner Stelle würde jetzt aufpassen, was du sagst, Lou. Sonst... ups." Sie deutete eine Bewegung zu Alex an und der wurde ganz blass. Noch blasser als er schon war.

„Du... du..." Aber natürlich wirkte das Druckmittel. Schlampe.

„Da hätten wir es doch. Eine rekordreiche Win-Lose-Situation." Allein Violas Stimme brachte mich zum Kochen und ich schielte zu Emanuel, der aber noch nicht durch die Fessel durch war.

„Wir sind Familie, Viola! Zumindest waren wir das", schaltete sich jetzt Alex in das Gespräch ein. Ich wollte ihm verstehen zu geben, die Klappe zu halten, aber er war zu sehr auf seine Tante fokussiert.

„Wir waren nie Familie, Alex. Deine Mutter, oh, sie war ja so perfekt. So eine perfekte Tochter. Mit ihrem perfekten Sohn. Bis sie und ihr perfekter Lover tot waren", sagte sie eiskalt.

„Du... du hast nicht", grummelte Alex.

„Was? Das Flugzeug manipuliert? Sie getötet?" Das beantwortete wohl alles. Bevor Alex etwas wirklich dummes machen konnte, sprang Emanuel auf einmal auf und ich war noch nie so froh über richtiges Timing wie in diesem Moment.

„Viola." Er sprach ihren Namen fast zärtlich aus und ich konnte hören, wie viel sie ihm einst bedeutet hatte. „Das reicht." Dann schloss Emanuel die Augen und auf einmal wurde alles still, als wäre eben eine Bombe detoniert. Aber die Bombe war Emanuel. Ich spürte gewaltige Energie, mit der er Viola lähmte und die sie... ja, was eigentlich? Auflöste? So sah es aus. Aber es war kein Teleportieren, das hätte ich erkannt. Nein, es war feiner. Und langsamer. 

Viola sah an sich herab und verzog ihr Gesicht, als ihr Körper wie tausende Sandkörner in sich zusammenfiel. Er verwehte. Wir alle sahen dabei zu und ich konnte nicht sagen, ob es das Schönste oder Schrecklichste war, das ich je beobachtet hatte. Irgendwo dazwischen wahrscheinlich. Und dann war es vorbei und Viola war auf einmal weg. Emanuel sackte zu Boden als wäre er vom Blitz getroffen und mein Gehör kam auch erst nach einigen Sekunden wieder. Ich eilte zu ihm und prüfte seinen Puls, als wäre dass das einzige was zählte. Hinter mir hörte ich nur ein Krachen und als ich mich umdrehte sackte Peyton mit verdrehten Augen zu Boden.

„Sauber", kommentierte Marléne Alex'Schlag. „Man schlägt zwar keine Mädchen, aber in diesem Fall ist das wohl eine Ausnahme."

„Emanuel!" Alex kniete sich neben mich und tätschelte Emanuel die Wange, als könnte er jeden Moment aufwachen. Tat er dann auch.

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