Schmerz breitete sich in meinem rechten Bein aus. Warmes Blut tropfte in meinen Schuh während das Pferd immer schneller und panischer rannte. Mit zitternden Fingern berührte ich den Bolzen. Brennende Schmerzen strahlten aus. Kurz und verdammt schmerzhaft zog ich den Bolzen aus meiner Wade und für einen kurzen Moment drohte ich vor Schmerzen vom Pferd zu fallen. Doch ich riss mich zusammen. In der Ferne konnte ich bereits die Flaggen von Dalra erkennen. Ich zerrte ein Stück Stoff meines Umhangs ab und wickelte ihn provisorisch um mein Bein.
Nachdem die Rufe schon lange untergegangen und die Stadttoren immer näher kamen überkam mich Erleichterung. Meine Nase blutete, mein Bein schmerzte und mein Gewissen plagte mich. Doch das atemberaubende Panorama von Dalra machte alles wett. Der riesige Palast hob sich von allem ab und ließ die Stadt in Glanz erstrahlen. In der Stadt unterhalb des Palastes konnte man das Dach des Theater, die Bibliothek und die Stadtwache erkennen. Selbst die Stadtteile, das Armenviertel, das Hafenviertel, das Villenviertel und das Arbeiterviertel ließ sich abgrenzen. Rötliches Licht schien in den Himmel und die Mittagssonne ließ die Stadt glänzen. Ich hatte es geschafft. Dalra liegt endlich wieder vor mir. Und ich hatte es vermisst. Nun musste ich für meine Fehler gerade stehen, auch wenn es das Letzte war was ich in meinem Leben tun musste. Ich würde es tun.
Das Pferd lief langsamer und überquerte die letzten Meter zwischen uns und den Stadttoren. Die Wachen beäugten mich genaustens und versperrten mir den Weg. Ihr Blick wanderte von meinem verhüllten Gesicht zu meinem Bein und schließlich zu meinem Bogen. "Macht auf", sagte ich mit fester Stimme. "Weist euch aus!", befahl eine der Wache. Sie trugen eine Eisenrüstung mit dem Wappen des dunklen Königs, einer schwarzen Hand. Dazu eine Lanze die sie vor den Toren kreuzten um mir den Durchgang zu verwehren. Ein Grinsen schlich sich auf meine Lippen und ich formte den Königsgruß. Die Wachen rissen die Augen auf und ich meinte erkennen zu können, wie sie sich einen Reim drauf machten, wer ich war. Augenblicklich nahmen sie ihre Lanzen weg und gewährten mir Eintritt. Das Torgitter wurde hochgezogen und ich ritt in die Stadt ein.
Es war brechend voll. Überall waren Menschen, Händler, Bettler, Arbeiter und Wachen. Menschen schrien und verkündeten Waren, andere hingen Wäsche auf und überall rannten Kinder herum. Es war ein wildes Durcheinander. Ein ganz normaler Tag in der Hauptstadt. Als ich mit dem Pferd nicht mehr weiterkam ließ ich es in einer Gasse stehen. Jemand wird das Pferd bestimmt nehmen, aber da es eh nicht meins war, war es mir recht egal. Durch einige mir bekannten Seitengassen versuchte ich den meisten Menschen aus dem Weg zu gehen und ging geradewegs auf das Königsschloss zu. Doch mit jedem Schritt wurde es mit schwerer ums Herz und mir ging es wieder schlechter. Die Nesselminze nahm ab und meine Angst nahm zu. Immer wieder musste ich mich an den dreckigen Wänden abstützen um kleine Pausen zumachen.
Unwohl stand ich auf einmal vor den Toren zum Schloss. Sie ragten prunkvoll vor mir auf endeten mit bedrohlichen Spitzen. Dahinter lag der Schlossgarten durch den ein wunderschöner Weg zum Haupteingang führte. Der königliche Garde erkannte mich direkt und nahm mich fest. Sie hatten Anweisungen vom dunklen König. Sie nahmen mir meine Waffen und fesselten meine Hände vor der Brust mit Handeisen. Dann packten sie mich unter den Schulter und geleiteten mich durchs Tor. Immer wieder knickte ich weg mit meinem verletzten Bein. Ich konnte ihr Tempo nicht halten. Kurz hielten die Wachen inne, beäugten mein Bein, sahen sich an, zuckten mit den Schultern und schliffen mich weiter zum Haupttor. Wie es üblich war wurde kein Wort gewechselt. Gesprächrigkeit war Schwäche. Ich kannte beide Wachen. Wir hatten bereits Seite an Seite gekämpft. Doch in der momentanen Situation waren wir so etwas wie Feinde.
Ich wurde durch den prunkvollen Palast geschleppt, direkt Richtung Thronsaal. Mein Bein schmerzte und mein ganzer Körper wehrte sich gegen jede Bewegung. Ich fing erneut an zu Husten. Wenigstens hustete ich noch kein Blut. Der Palast war genauso beeindruckend wie er war als ich ihn verlassen hatte. Überall waren Statuen, Gemälde und wunderschönen Wandbehänge. Die Tür zum Thronsaal war mit goldenen Verzierungen geschmückt und bestand aus massiven Marmorholz. Eine extrem massive, extrem teure Holzart, die nur auf der Elfeninsel wächst.
An der Tür fand ein Wachwechsel meiner Eskorte statt und Lerin, der Führer der königlichen Garde packte mich im Nacken um mich in den Thronsaal zu führen. Wütend flüsterte er mir „Was hast du diesmal angestellt ..." ins Ohr und ein Lächeln huschte mir übers Gesicht. Lerin und ich hatten nie das beste Verhältnis zueinander aber wir beide retteten uns das Leben gegenseitig unzählige Male.
Lerin hämmerte mit der Faust gegen die Tür, wartete einige Sekunden und trat dann mit mir ein.
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Der Dunkle Thron
FantasyWas wäre, wenn ein einzelner Mensch dich deinen Lebenssinn überdenken lässt? Wenn die pure Existenz dieser Person die Grundlagen deines Lebens umwirft? Mit dieser Wendung hat Alena Eshrava, besser bekannt als 'der Schatten', nicht gerechnet. Sie m...