"Meinst du nicht es wäre zu gefährlich sich öffentlich zu zeigen?", fragte ich Nymeth als wir den Ratsraum verließen. Die Pläne waren geschmiedet und die Elfen fingen an Waffen für unsere Streitkräfte zu schmieden.
"Ja. Aber es muss sein. Jeder weiß, dass ich die offizielle Thronfolgerin bin. Und auch wenn ich es nicht will, muss ich das lichte Land regieren, bis der dunkle König tot ist und wir Saphir zur neuen Großkönigin küren können. Herzog Denar wird keinen Anspruch auf den Thron erheben können.", antwortete Nymeth mit einem grimmigen Unterton. Ihr gefiel diese Entscheidung genauso wenig wie mir, aber in der Erila, der Hauptstadt des lichten Reichs wird sie sicherer sein als im offenen Kampf mit dem dunklen König. Und das war mir letzlich lieber. Doch in Gefahr war sie dennoch.
Wir gingen in unser Gasthaus, welches menschenleer war, bis auf die Inhaber. Die Nachricht über den Tod einer der Könige war bereits beim Elfenvolk angekommen und alle flüchteten vor Angst der kommenden Konsequenzen dieses Geschehens. Wir bestellten uns ein warmes Mittagessen und zwei warme Biere, welches wenigstens unseren äußeren Frost wegwärmen sollte. Die frostige Stimmung blieb dennoch. Die Luft war angespannt. Der Plan war geschmiedet. Es mussten nur noch Vorbereitungen getroffen werden.
"Also...", sagte ich durch den Mund voll Brot und Suppe, welche wohl dampfend auf dem Tisch zwischen Nymeth und mir stand. "Du reist mit Esrada und Larudam nach Erila. Dort wirst du dich öffentlich bekennen und den Thron übernehmen. Meinen ... Vater ... wirst du strikt beobachten was er tut. Ich weiß nicht, was er vor hat. Er hat bereits mich verraten, indem er nie nach mir suchen ließ, wer weiß wen er noch verrät. Währenddessen werden Pleia und ich Saphir aufsuchen und sie aus dem dunklen Schloss rausholen. Dann versammeln wir die Rebellen und die Drakis und greifen Dalra an, vernichten alle treuen Anhänger des dunklen Königs und krönen die neue Großkönigin. Klingt doch gar nicht so schwer?", versuchte ich enthusiastisch zu sagen. "Warte...", seufzte Nymeth. "Du wirst nicht direkt alle töten. Auch du hast dem dunklen König mal gedient, weißt du noch?" Schmerzende Erinnerungen durfchliefen meinen Kopf. "Wir töten nur diejenigen die sich gegen uns stellen, sonst niemanden. Der Rest wird sich uns vielleicht anschließen. Wenn nicht, können sie im Kerker verrotten.", endete Nymeth und trank von ihrem Bier. "Wir?", fragte ich rhetorisch. "Du bist in Erila und hälst dort die Stellung!", setzte ich fest. "Nein...! Esrada wird in meiner Abwesenheit dort bleiben und als 'rechte Hand' das Herrschen solange übernehmen. Die Hexe ist über 100 Jahre alt. Sie wird das schon hinbekommen.", antwortete Nymeth entrüstet. Ich runzelte die Stirn und ließ mein Besteck laut auf den Teller fallen. "Darüber reden wir nochmal...", bestimmte ich und blickte ihr fest in die Augen. Ich mache mir doch nur Sorgen um dich, versteh das bitte, dachte ich mir. Und lächelte sie an. Nymeth lächelte grimmig zurück. „Was ist mit den Drakis? Jemand hatte mal erwähnt, dass die Rebellion mit ihnen kooperiert?", versuchte ich eilig das Thema zu wechseln.
Bedrückt rutschte Nymeth hin und her. „Nach dem letzten Desaster hatten wir im Rat uns entschieden, erstmal nicht mit den Drakis zusammen zu arbeiten. Sie sind zu unverlässlich. Wir werden uns später um das Problem der Drakis kümmern."
„Okay"' murmelte ich und hing meinen Gedanken hinterher."Komm, wir gehen in die Schmiede und schauen wie es mit den Waffen läuft.", sagte ich und bezahlte den ängstlich dreinblickenden Wirt. Ich nahm Nymeths Hand und führte sie aus dem Wirtshaus. Draußen ging bereits die Sonne unter und es war blaue Stunde. Meine liebste Abendstunde. Nymeth blieb stehen und schaute in die Ferne übers Wasser. Ich drehte sie langsam zu mir um und nahm sie in den Arm. "Egal was passiert, bitte vergiss nie, dass ich dich liebe.", flüsterte ich in ihr Haar. Eine kleine Träne rollte mir über die Wange, die ich direkt hektisch wegwischte. Ich wollte vor ihr keine Schwäche zeigen. Ich musste für uns stark sein. Dann nahm Nymeth mein Kinn in die Hand, drückte es zu sich herunter und küsste mich leidenschaftlich. Für einen Moment waren alle Sorgen vergessen. Es gab keinen Krieg. Keine Schlachten, keine Toten, keine Wächter des Todes, keine Könige und kein zerteiltes Land. Es gab nur uns beide.
Doch der Moment endete schneller als ich es gewollt hätte. "Ich liebe dich auch", flüsterte Nymeth zurück, nahm schließlich wieder meine Hand und zog mich weiter Richtung Schmiede.
Die Geräusche von aufeinandertreffendem Metall und der Geruch von Feuer und Schweiß kündigten an, dass wir angekommen waren. Die Schmieden waren beeindruckend. Sie waren riesengroß, hatten goldene Verzierungen und waren mit den modernsten Schmiedewerkzeugen ausgestattet. Überall waren Lagerstellen mit Elfenwaldholz, Elfenmarmor, Gold und einem mir unbekanntem metallischem, leicht rötlich-golden glänzendem Material. In der Schmiede standen kräftige Männer, welche auf Waffen und Rüstungen einschlugen. Ab und an sah man eine kräftig gebaute Elfe umherhuschen, welche die Materialen formte. Was mir direkt ins Auge stach war eine kleine Elfe. Sie hatte ein buntes Gewand an und nahm sich der fertigen Sachen an. Sie nahm Schwerter, Dolche, Rüstungsteile und solches an und es schien so als würde sie diese verzaubern. Sie legte ihre Hände über jedes Teil und murmelte fremde Worte. Dann glühte das Teil auf und verblasste wieder.
"Wow", sagte ich und bemerkte, dass Nymeth genauso gebannt dorthin starrte. In einer Ecke stand Larudam und beobachtete das Geschehen. Er bemerkte uns und trat auf uns zu. "Gefällt euch was ihr seht? Elfenwaffen und Rüstungen sind die Besten und Wertvollsten die es in Azera gibt." "Es ist sehr beeindruckend", sagte Nymeth ehrfürchtig. "Ihr sollt eure Maße angeben und eine Waffe wählen. Die Elfen wollen euch für den Krieg mit Waffen und Rüstung einkleiden." grinste Larudam. Geschockt riss ich meine Augen auf. "Was?!", stammelte ich. Das wäre mehr wert als ich je besessen hatte und ich war reich. Larudam grinste weiterhin blöd und nickte. Dieses Geschenk ehrte uns übermäßig. Ich freute wie ein kleines Kind und auch Nymeth grinste über beide Ohren. Also gingen wir zu der kräftigen Elfe, welche sich als Myra vorstellte. Sie nahm mit einem Faden unsere Größe und Breite und notierte sich die Werte. Auf die Frage was sie für eine Rüstung schmieden würde antwortete sie nur selbstgefällig: "Lasst euch da mal überraschen. Ich weiß alles über euch. Und ich werde euren Ansprüchen gerecht werden." Sie verschwand im Hinterzimmer und kam mit einem neuen Notizzettel wieder. "Nur eine Sache müsst ihr mir beantworten. Welche Waffe soll ich euch schmieden?". Sie blickte zuerst Nymeth an. Diese überlegte einen Moment, dann sagte sie: "Ein Kurzschwert". Myra nickte zufrieden. Sie wand sich zu mir: "Und einen Dolch der dir entspricht für dich?", fragte sie und ich nickte nur perplex. Mit einem Dolch könnte ich als Assassine mehr anfangen. Schließlich war ich besser in Attentaten und Überraschungsangriffen als im offenen Kampf. Und auch das war ein Problem. Im Krieg gab es mehr offene Kämpfe als Attentate. Aber wenn der Plan perfekt lief, würde ich ein Attentat auf den dunklen König verüben, mit dem er nicht rechnete. Und dafür brauchte ich einen perfekten Dolch. "So soll es sein", verkündete Myra. "Seid in drei Tagen wieder hier, dann werden wir fertig sein."
Die Tage vergingen zäh. Ich trainierte jeden Tag mit Nymeth und ging immer wieder den Plan durch. Mit jedem. Morgen, wenn wir unsere Rüstung hatten würde ich mit Saphir kommunizieren. Dann würden wir losreisen, die Drakis und Rebellen sammeln, das lichte Reich 'einnehmen' und den dunklen König töten.
Ich würde diese Nacht nicht ruhig schlafen können.
DU LIEST GERADE
Der Dunkle Thron
FantasyWas wäre, wenn ein einzelner Mensch dich deinen Lebenssinn überdenken lässt? Wenn die pure Existenz dieser Person die Grundlagen deines Lebens umwirft? Mit dieser Wendung hat Alena Eshrava, besser bekannt als 'der Schatten', nicht gerechnet. Sie m...