37 | Die Schlacht

419 33 0
                                    

Ein letztes Mal schlugen wir in der Abenddämmerung unsere Zelten unweit von Dalra auf. Wir waren noch im Schutz der Bäume des Waldes, doch der Pfad neben uns führte zu den Haupttoren Dalras. Ich erinnerte mich an diesen Ort. Hier floh ich vor den Händlern die meinen hilflosen Körper mitnahmen und retteten. Ich hatte ein schlechtes Gewissen wenn ich daran dachte. Rhea hieß die Frau glaube ich. Sie wollten mir nur helfen. Und ich tötete sie. Doch nun würde ich das Richtige tun. Endlich. Ich hoffte zumindest, dass es das Richtige wäre.

Ich lehnte an einem Baum und starrte in die Ferne. Dort hinten am Horizont lag Dalra. Die Stadt in der ich so lange lebte und mordete. Jetzt wird all dem ein Ende gesetzt. Es kommt alles zusammen am Ende. Es fühlt sich an, als ob der morgige Tag mein Letzter wäre. "Worüber denkst du nach?", flüsterte Nymeth als sie versuchte sich an mich anzuschleichen. Ich hatte mein Bestes gegeben sie auf einen Kampf vorzubereiten, doch sie war noch lange nicht gut genug. Ich hatte Angst um sie. Sehr große Angst. "Über morgen", antwortete ich traurig. Sie lehnte sich an mich und ich legte meinen Arm um sie. "Wir werden Saphir da raus holen. Und wir werden den dunklen König stürzen", sagte sie selbstsicher. Ich schaute in ihre wunderschönen Augen. "Du lässt das alles so einfach klingen", sagte ich traurig. "Ich will dich nicht verlieren", sagte ich auf einmal. Eine einzelne Träne bildete sich in meinem Auge. "Ich habe so sehr Angst dich zu verlieren. Ich liebe dich Nymeth. Und ich würde alles dafür tun, dass du hier bleibst. Selbst wenn ich dich irgendwo fesseln müsste." Nymeth boxte mir böse gegen die Schulter. "Es wird alles gut. Ich habe Magie. Ich kann mich verteidigen. Und wenn alles nach Plan läuft müssen wir nur gegen den dunklen König kämpfen, gegen niemanden sonst." "NUR gegen den dunklen König. Er ist der beste Kämpfer den es gibt. Er hat mich ausgebildet." "Ssschh", sagte Nymeth und legte einen Finger auf meine Lippen. "Lass uns unseren letzten Abend genießen", sagte sie und küsste mich verführerisch auf den Mund. Ich ließ mich darauf ein und sie öffnete meinen Harnisch. Ich nahm sie hoch und sie quietschte leicht auf. Dann trug ich sie in unser Zelt und wir genossen unseren letzten ruhigen Abend zusammen.


"Tränkt eure Waffen in Goldris!", brüllte ich über den Zeltplatz. Jeder rief irgendeinen Befehl umher. Die Soldaten liefen gehetzt über den Zeltplatz und jeder traf letzte Vorkehrungen. Ich legte meine Lederrüstung an und besprach ein letztes Mal mit Nymeth den Plan. Wir frühstückten unser letztes Brot und machten uns für den Kampf bereit. DIe entscheidene Schlacht. Als die Sonne aufgegangen war waren unsere Soldaten bereit.

Nymeth stand in ihrer Rüstung vor den Soldaten. Sie sah atemberaubend aus. Wie eine richtige Kriegerin. "Soldaten! Heute kämpfen wir für Gerechtigkeit! Heute kämpfen wir für Geeintheit! Heute kämpfen wir für einen Großkönig! Für ein vereintes Reich! Für ewigen Frieden! Heute ist der letzte und entscheidende Kampf eures Lebens! Esrada und ich werden mit Magie die Tore sprengen und ihr nehmt diese verdammte Festung ein! Kämpft Männer und Frauen! Verschont Unschuldige und schlachtet jeden Verräter ab! Für ein geeintes Reich!", schrie Nymeth und ritt vor den Truppen auf und ab. "Für unsere Königin!", schrien die Soldaten. Und als Nymeth und Esrada die Tore magisch explodieren ließen, ritten die Soldaten los. "Auf in die Schlacht!", brüllte Nymeth und ließ die Soldaten vorreiten.

Ich zog meine Kaputze über und spannte Justira auf meinen Rücken. "Kommt jetzt schnell und leise, während die Schlacht die Aufmerksamkeit ablenkt.", sagte ich zu Esrada und Nymeth. Wir schlichen uns um die Festung herum in die Kanalisation. "Woher kennst du diesen Weg?", fragte Esrada. "Ich bin hier früher immer rein und raus geschlichen wenn ich zu einem Auftrag musste. Dies ist der schnellste Weg zu den Kerkern." Angeekelt stapften wir durch das dreckige Kanalisationswasser. Über uns tobte die Schlacht. Männer schrien, Pferde gallopierten und Mauern brachen ein. "Ich sollte bei ihnen sein", sagte Nymeth. "Nein, wenn, dann musst du genau hier sein", erwiderte ich. Die Gänge gabelten sich endlos auf und wenn man sich nicht auskennen würde, hätte man sich schnell verlaufen und würde von Ratten gefressen werden. Oder man wäre an dem bestialischen Gestank gestorben. Wasser tropfte von den Decken und Fäkalien schwammen an uns vorbei. Nach einer gefühlten Ewigkeit hatten wir wieder festen Boden unter den Füßen. "Leise jetzt. Wir betreten die Kerker", flüsterte ich. Je tiefer wir in die Festung eindrangen umso leiser wurden die Geräusche der Schlacht. Ketten hingen von der Decke und überall standen seltsamste Geräte der Folter herum. In einer Ecke stand ein Käfig voll mit ausgehungerten Ratten. Ich wollte mir gar nicht ausmalen, womit Saphir alles gefoltert wurde. Ich betete zu allen Göttern, dass sie noch leben würde. Plötzlich blieb ich stehen. Ich kannte diese Abzweigung. Links ging es zum Truppenraum der Folterknechte, Rechts ging es zu den Verließen. Ich hob meinen Finger an die Lippen und gebot den beiden leise zu sein. Dann zog ich meine Kaputze tief ins Gesicht und schlich in den Raum. Und tatsächlich waren dort fünf Folterknechte, Kerkermeister oder was auch immer das für ein Abschaum war. Ich spannte meinen Bogen und erschoss zwei. Zwei weiteren schnitt ich die Kehle auf, bevor die betrunkenen Ärsche überhaupt reagieren konnten. Dem letzten warf ich meinen Dolch in den Bauch, er sackte auf dem Boden zusammen. Ein letzter Blick in den Raum sagte mir, dass alles sicher wäre. "Kommt jetzt, wir dürfen keine Zeit verlieren", zischte ich. Nymeth starrte eine Sekunde länger auf die Toten und dann auf mich. Ich wollte nie, dass sie sieht wozu ich fähig bin. Ich hetzte vor Richtung Verließe, Esrada folgte mir, dann Nymeth. Plötzlich hörte ich eine Bewegung von hinten. Als ich mich umdrehte war es zu spät. Ich sah wie der eine Kerkermeister einen Dolch warf, genau auf Nymeth. Ich wollte vorhechten, doch ich war zu weit weg. Stattdessen machte jemand anderen das Opfer, das ich hätte treffen sollen. Esrada warf sich vor Nymeth und wurde von dem Dolch durchbohrt. Es traf sie mitten ins Herz. Sofort schoss ich einen weiteren Pfeil in den Schädel des Kerkermeisters. "Esrada, nein!", stammelte Nymeth und kniete sich hin. Auch ich kniete mich daneben und nahm ihre Hand. "Danke", sagte ich leise. Sie nickte wissentlich. Nymeth begann einen Funken Magie zu zaubern, doch Esrada hielt sie auf. "Spar deine Kräfte, meine Zeit ist gekommen.", sagte sie mit ihrem letzten Atemzug. Nymeth weinte. Ich schloss ihre Augen. "Sie hat ein großes Opfer gebracht, würdige es und komm Nymeth", sagte ich nachdrücklich. Wir müssten uns beeilen. Sie hauchte einen letzten Kuss auf Esradas Stirn und wir ließen ihre Leiche hinter uns in den Katakomben des Kerkers liegen.

Es waren unglaublich viele Zellen. In einigen lagen Leichen, in anderen Skelette. Aber bisher haben wir keine lebendige Person ausmachen können. Bei jeder Leiche hatte ich Angst, dass es sich um Saphir handeln könnte. Jedes Mal zuckte ich leicht zusammen, als wir an einer Zelle vorbeigingen. In einer der hinteren Zellen lag ein Körper der dem von Saphir ähnlich war. Als ich die Person als tot abstempeln wollte, sah ich einen kläglichen Atemzug. Sofort hechtete ich an die Gitter. "Saphir?", meine Stimme brach. "Saphir?!", fragte ich lauter. Die Person zuckte leicht zusammen und fing an zu wimmern. "Saphir ich bins, Alena.", sagte ich sanft. Langsam und quälend drehte sich die Person um und hob ihren Kopf. Das Licht der Fackel erhellte ihr entstelltes Gesicht. Ich taumelte einen Schritt rückwärts. Tränen rangen Nymeths Wangen herunter. "Oh mein Gott, was haben sie mit dir getan?", fragte ich entsetzt. Panisch wühlte ich in meinen Taschen umher und holte den Schlüssel, den ich einer der Kerkerwachen abnahm und schloss die Tür auf. Bei jedem kleinsten Geräusch zuckte Saphir zusammen. Sie wich zurück als ich auf die zuging. Sie zitterte und war blass und mager. Überall hatte sie Schnittwunden, blaue Flecken und aufgeplatzte Hautstellen. Einige ihrer Finger waren gebrochen. "Oh Saphir es tut mir so Leid.", sagte ich. Endlich sah sie in meine Augen. Dann in Nymeths. Und sie schien uns zu erkennen. Freude, so weit das möglich war, zierte ihr zerschundenes Gesicht. "Hallo", versuchte sie mit kratziger und gebrochener Stimme zu sagen. "Hallo", erwiderten Nymeth und ich glücklich.

"Wir holen dich hier raus!"

Der Dunkle ThronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt