Als ich die Augen aufschlug war ich bereits hellwach. Rauchschwaden zogen durch den Türspalt in mein Zimmer. Hustend sprang ich auf und warf mir ein Lederwams und eine herumliegende Leinenhose über. Eilig hechtete ich zur Tür und rüttelte daran. Doch sie war verschlossen. "Hilfe! Lasst mich raus!", schrie ich und hämmerte gegen die Tür. Mit aller Kraft warf ich mich gegend die Tür, bis meine Schulter zu brechen drohte. Aber sie gab nicht nach. Immer wieder schrie ich panisch nach Hilfe, während der Qualm mein dunkles Zimmer füllte. Tränen brannten mir in den Augen und die Luft zum Atmen wurde immer schwerer. "Hilfe!", schrie ich erneut. Plötzlich vernahm ich voller Hoffnung ein Knacken im Schloss der Tür, worafhin diese mit einem Knall aufschwang. Vor mir stand ein verschwitzter Krol, dessen verrußtes Gesicht gehetzt wirkte. "Komm!", brüllte er entgegen dem Gebrüll des lodernden Feuers und rannte ohne auf mich zu warten in Richtung Treppenhaus. Ohne zu Zögern trat ich auf den Flur hinaus und hatte nur ein Ziel vor Augen: Das Zimmer am anderen Ende des Flures. Die Flammen leckten über die Wände und teilweise fielen brennende Holzstückchen von der Decke. Doch ich musste Nymeth holen. Mit berstenden Lungen rannte ich durch den Flur und wollte beinahe aufheulen vor Erleichterung, als ihre Tür sperrangelweit offen stand und das Zimmer verlassen war.
Der nächste Gedanke formte sich in meinem Kopf, als ich überstürzt die Treppen herunter rannte und zum Ausgang hechtete: Die schwarze Hand muss das Feuer gelegt haben. Die Soldaten haben uns gefunden. Ich musste mich auf das Schlimmste vorbereiten, bevor ich die Villa verließ. Hals über Kopf stürzte ich mich in einen kleinen Raum des untersten Stockwerkes und fand mich in einer, wie ich bereits seit dem vorherigen Tag vermutete, Waffenkammer wieder. An der mit Stein verkleideten Wand fand ich augenblicklich was ich suchte: Justira. Der aus Elfenwaldholz geformte Bogen brannte nicht, was ich zu meiner Erleichterung feststellte. Ich nahm ihn an mich und verbrannte mir die Hand, als ich nach dem heißen Schwertgriffes eines billigen Schwertes griff, was daneben stand. Ausgerüstet und mit brennenden Augen kämpfte ich mich mit letzter Kraft aus dem Hauptportal raus und stand im hell erleuchteten Außengarten. Erschöpft sog ich gierig die frische Nachtluft in meine schmerzenden Lungen und hustete die Rauch heraus. Hinter mit tobte die Flammen und rissen das Gebäude hinter mir ein. Schreie drangen an meine Ohren und erst als ich die Tränen aus meinen Augen wischte, erkannte ich, woher sie kamen. Zwei Dutzend Soldaten standen mit brennenden Fackeln in der Hand vor der Villa. Angeführt durch Lerin, an dessen Seite eine betrübte Saphir stand. Als sie mich sah, wurden ihre Augen panisch groß. Unauffällig schüttelte sie den Kopf und signalisierte mir zu gehen. Dann fiel mein Blick auf die Leichen vor ihnen. Themo, Ramin und drei weitere Leichen lagen mit aufgeschnittenen Kehlen und verbrannter Haut auf dem Boden. Lerins Schwert ruhte an Krols bebender Kehle, der mit erhobenem Haupt vor ihm kniete. Sie hatten mich noch nicht entdeckt. "Wo ist Alena? Wo sind die anderen?", schrie Lerin und spuckte Krol dabei ins Gesicht, welcher das Geschehen mit keiner Reaktion quittierte. Verdammt. Ich musste etwas tun. Wo war Nymeth? "Ich werde Euch gar nichts verraten", lachte Krol, wofür er einen Schlag ins Gesicht kassierte. Eine Hand auf meiner Schulter ließ mich zusammen zucken und herum fahren. Zischend hielt ich Nymeth mein gezücktes Schwert an den Bauch. "Ich bins", flüsterte sie und zog mich in den Schatten des Eingangs. Ihr Gesicht war voller Asche und sie sah sehr mitgenommen aus, doch sie war am Leben. Das war das Einzige was zählte. "Danke den Göttern, du lebst", hauchte ich und sah wie Larudam hinter ihr stand. Dankbar nickte ich ihm zu. "Wir müssen ihm helfen", sagte ich. Nymeth ergriff meine Hand und hielt mich fest. "Nein, wir müssen gehen! Zu den Docks!", bestimmte sie und zog mich sachte nach hinten in die kalte Nachtluft, sichtgeschützt durch einige Büsche. Eine raue, mir eine Gänsehaut über den Rücken jagende Stimme schrie meinen Namen: "Dort ist sie! Alena!". Erschrocken fuhr ich herum und sah, wie die Kreatur aus den Kerkern vor Lerins Füßen kauerte und mit einem knorrigen Finger auf mich zeigte. Alle Blicken waren auf uns gerichtet. "Lauft!", schrie ich Nymeth und Larudam zu, während ich aus dem Schatten heraustrat. Innerlich flehte, dass sie auf mich hörten und verschwanden. Das heulende "Nein!" von Nymeth verriet mir, dass Larudam sie gepackt haben musste und sie mit sich zerrte. Gut. Mit denen hier würde ich fertig werden. Ich trat selbstsicher einen weiteren Schritt auf die geschlossene Front voller Soldaten zu. Gute fünfzehn Meter Abstand waren noch zwischen uns. "Alena Eshrava. Die Verräterin.", fluchte Lerin und spuckte auf den Boden. Bedrohlich hob ich mein Schwert und richtete es auf ihn. "Saphir.", sagte der Kommandant. "Kümmere dich um sie.", befahl er und ich konnte sehen, wie Saphirs Augen immer größer wurden. Unsicher trat sie eine Schritt auf mich zu und zuckte erschrocken zusammen, als Lerins Schwert unbarmherzig Krols Kopf von seinen Schultern trennte. "Den brauchen wir wohl nicht mehr", sagte er beiläufig.
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Der Dunkle Thron
FantasyWas wäre, wenn ein einzelner Mensch dich deinen Lebenssinn überdenken lässt? Wenn die pure Existenz dieser Person die Grundlagen deines Lebens umwirft? Mit dieser Wendung hat Alena Eshrava, besser bekannt als 'der Schatten', nicht gerechnet. Sie m...