2 | Die Reise

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Ich schaute mich um, doch Siltis war verschwunden. Ich sackte in mir zusammen und eine kleine Träne rollte über meine Wange, welche ich sofort sauer wegwischte. Er dachte tatsächlich ich hätte ihn verraten. Und die Konsequenzen waren schlimmer als ich erwartet hatte. Ich hoffte auf einen schnellen Tod aber nun müsse ich mich in erbärmlichen Zustand vor meinem Herren behaupten.
Er hatte mich vergiftet.
Nichtsdestotrotz hatte ich vor nach Dalra zu reisen. Egal, was es kostete. Ich würde es schaffen. Ich würde meinem Herren sagen, dass ich ihm treu ergeben bin. Auch, wenn ich nochmal die Treue schwören müsste. Ich war bereit, alles für den dunklen König zu machen.
Und vielleicht würde er mich vor dem qualvollen Tod retten und mir Gande gewähren.

Nun durfte ich keine Zeit verlieren. Ich stürmte in die Hütte und raffte meine Sachen zusammen in einen Rucksack. Den dunklen Lederharnisch warf ich mir über und versteckte einige Dolche unter den Lederriemen der Rüstung. Die dunkelrote Kaputze des Umhangs zog ich tief ins Gesicht. Dann band ich den Rucksack über meinen Rücken. Darüber schnallte ich Justira und einen Köcher mit einigen Pfeilen. An meinen Gürtel baumelte ein Säcklein mit einigen Münzen.

Mit zitternden Händen hielt ich die Fackel fest und warf einen letzten Blick auf die Hütte die ich die letzten zwei Wochen mein Heim nannte. Das strohgedeckte Dach stand lichterloh in Flammen. Rauchgeruch stieg mir in die Nase. Das Feuer glich sich der Nachmittagssonne an. Das sollte reichen um meine Spuren und Überreste zu verwischen.

Die Fackel fest umgriffen machte ich mich auf den Weg nach Riles, der nächstgelegenen Stadt auf dem Reich des dunklen Königs. Bis nach Dalra zur Festung würde ich um die drei Tage brauchen. Mit einem Pferd wäre ich schneller. Doch ich hatte keines. Vielleicht spielte mir ja das Schicksal in die Hände und würde mir behilflich sein.

Gegen frühen Abend kam ich in der Stadt an. Die Wachen nahmen mich gar nicht wahr, als ich durch die Tore huschte. Die Stadt war wohlhabend und kaum jemand musste hier Hunger leiden. Wahrscheinlich hielten sie mich für eine Jägerin die nach erfolgloser Jagd wieder nach Hause kehrt. Ich folgte den lauten Rufen einiger Marktschreier die ihre Ware anprangten und fand so in Kürze den Markt. Dort hielt ich nach einem ganz bestimmten Laden Ausschau. Die Untergrundbewegung des dunklen Königs, von der ich als Assassine ein Teil bin, unterstützt sich gegenseitig. Sie nennen sich die schwarze Hand. Assassinen, Heilkundler, Kräuterkundler, Magier, Hexen, Räuber, Piraten und weiteres Pack die dem dunklen König Treue schworen durfte ihre bösen Machenschaften fortführen solange sie dem König treu waren und sich untereinander zu erkennen gaben. Das sollte verhindern, dass die falschen getötet werden. Ich wusste, dass es in Riles einen Kräuterkundler gab, der gerne vergiftete Tränke an schlecht zahlende Kundschaft verkaufte. Doch er war ein Teil der schwarzen Hand. Mein Blick schweifte über unzählige gut bestückte Marktstände bis mein Blick in einer dunklen Gasse hängen blieb. Dort war ein Kräuterladen. Eilig schritt ich drauf zu. Ich fuhr mit meiner Hand über den dunklen Holzrahmen der Eingangstür bis ich fand was ich suchte: Eine Kerbe in Form einer Hand. Ich war hier richtig. Ohne zu Klopfen riss ich die Tür auf und ein beißender Geruch kam mir entgegen. Rauch trat aus einigen brauenden Kesseln hervor und Kräuter lagen und hingen in allen Ecken des Raumes. Hinter der Theke stand ein junger Mann mit boshaftem Lächeln. Ich begüßte ihn mit dem Gruß des dunklen Königs, dabei legte ich meine rechte Faust auf mein Herz und winkelte Daumen als auch Zeigefinger ab. Er grinste. "Ich weiß wer ihr seid. Der Schatten", murmelte er. "Dann helft mir", antwortete ich. "Wobei braucht denn der große Schatten Hilfe? Seid ihr etwa vergiftet worden?", grinste er weiter. "Woher ...? Ja. Mit Goldris. Gebt mir Nesselminze, damit ich die inneren Blutungen aufhalten kann", sagte ich. "Ich weiß, ich weiß. Was denkt ihr wer der Schlange das Goldris verkauft hat?", ein widerwärtiges Lachen entkam seinen Lippen. "Aber ich werde euch nicht einfach Nesselminze geben. Damit ... hmmmhh... damit würde ich doch einen Befehl des Königs umgehen. Nein. Aber ich werde es euch verkaufen!", spuckte er mir entgegen. Dieser Bastard! Er hat Sithis das Goldris verkauft. Dafür würd er büßen. "Dafür werdet ihr sterben!", rief ich aus. "Werde ich nicht. Ihr wollt doch kein Mitglied der schwarzen Hand töten. Der dunkle König würde nur noch wütender auf Euch sein." Ich schluckte. Er hatte vermutlich Recht. Also knickte ich ein. "Bastard! Wieviel willst du für ein Büschel?" Er überlegte übertrieben lange. "Hmmm, sagen wir alles in deinem Beutel!" "Das ist alles was ich noch dabei habe!", schrie ich aus. "Also genau der passende Peis.", überlegte er. Ich wurde gerade über den Tisch gezogen, doch mir blieb nichts anderes übrig. Ich würde mich an ihm rächen, aber nicht jetzt. Zähneknirschend warf ich ihm das Säcklein auf den Tisch, welches mit münzklappern liegen blieb. "Das wird Konsequenzen haben", drohte ich. Dann warf er mir ein Büschel Nesselminze zu. "Werden wir ja sehen", sagte er und bleckte die Zähne. Wutentbrannt verließ ich den Laden und trat auf die Straße. Die Sonne ging gerade hinter den Stadttoren unter.

Der Dunkle ThronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt