20 | Freiheiten

1K 81 0
                                    

„Ein Blutschwur bindet an sein Leben, man kann solch einen Schwur nicht einfach lösen.", sagte ich niedergeschlagen. „Wir werden einen Weg finden.", versicherte mir Saphir, als sie aufstand und in Richtung der Eingangstore ging. Sie machte keine Anstalten mir mitzuteilen, dass ich ihr folgen sollte, also blieb ich sitzen und genoss die Wärme der Sonne.
Als ich sah, auf wen Saphir zuging, fing mein Herz schneller an zu schlagen. Nymeth trat aus dem Foyers heraus und tuschelte eilig mit Saphir. Ich stengte mich an etwas zu hören, aber ich konnte nichts verstehen. Nymeths wunderschönen Augen bohrten sich von Weitem in meine. Dann nahm sie resigniert einen Dolch an, den ihn Saphir reichte und steckte ihn in eine Gürtellasche ihrer Leinenhose. Unwillkürlich musste ich grinsen. Selbst wenn Saphir Nymeth den Dolch zur Verteidigung gegen mich gab, hätte ihr klar sein müssen, dass das nichts brachte. Selbst wenn ich Nymeth etwas antun wollte, hätte ich ihren Dolch schneller gegriffen als sie. Wahrscheinlich fühlte sie sich einfach besser mit einer Waffe. Und ich konnte es nachvollziehen. Nach einer raschen Umarmung verschwand Saphir durch die Nebentore in der Stadt und ließ Nymeth und mich alleine zurück.

Das Mädchen kam auf mich zu und setzte sich zögernd auf die Bank neben mich.
„Hallo", flüsterte sie und strich unsicher mit einem Finger über meine gefesselten Handgelenke.
Ein Stromschlag durchfuhr meinen Körper bei der Berührung. Ich hielt kurz die Luft an und schluckte alle an die Oberfläche kommenden, bösen Gefühle herunter. „Hey", lächelte ich sie sanft an.
Auf einmal fing Nymeth unkontrolliert an zu stammeln und verhaspelte sich mehrmals beim Reden: „Es tut mir so Leid. Das ganze mit dem Kerker und den Handeisen und einfach alles. Und ich hoffe das geht dir jetzt nicht zu schnell und du möchtest das auch. Also hier bei mir sein. Ich ..." Ich lachte kurz auf und unterbrach ihren Redefluss. „Ich habe schon viel Schlimmeres durchgemacht. Dadurch, dass ich so viel Zeit hatte, hab ich viel nachgedacht. Ich bin gerne in deiner Nähe. Und durch die Gefangennahme, nun, ich kann eh nicht mehr zurück. Der Meister würde mich umbringen und euch alle ebenfalls.", fügte ich zynisch hinzu.
Nymeths Augen wurden groß: „Es tut mir Leid. Wirklich. Aber ich dachte, das ist es, was du willst."
Traurig sah sie mich an und griff meine Hand.
Die Nähe gefiel mir, doch mein Blut kochte. Der Schwur rumorte in mir und wollte ausbrechen, wollte an die Oberfläche. Mein Geist wurde von bösen Gedanken getrübt und ich musste das Verlangen nach dem Dolch zu greifen stark zurückhalten.
„Werden wir sehen.", antwortete ich schwer atmend. Sofort bereute ich meine zynische Antwort, doch ich musste mich kontrollieren.
Zögerlich zog sie ihre Hand zurück, als hätte sie gemerkt, dass etwas nicht stimmte. Meine Hände fingen an zu zittern. Ich dachte, ich könnte den Schwur kontrollieren, doch anscheinend kontrollierte er mich. Unruhig sprang ich auf und lief ein paar Schritte auf und ab. Ich atmete tief durch und drängte alles Böse wieder tief nach unten. Schließlich schaffte ich es, wieder einen klaren Kopf zu bekommen und blieb stehen.
Mein Blick fiel auf Nymeth, die aufgesprungen war und mit gezogenem Dolch hinter der Bank stand.
„E..es tut mir Leid. Der Schwur ...", stammelte ich, atmete noch einmal tief durch und ging vorsichtig einen Schritt auf das verängstigte Mädchen zu.
Voller Vertrauen in mich, steckte diese den Dolch wieder weg und trat ebenfalls einen Schritt auf mich zu. „Es ist okay. Wir schaffen das zusammen."
Ich lächelte sie leicht an. „Ja", antwortete ich unsicher.
Auf einmal wurde ihr Gesichtsausdruck düsterer: „Alena, ich muss dir was erzählen. Wir haben nicht mehr viel Zeit, deswegen musste ich jetzt handeln. Der König hat bereits Saphir auf die Suche nach dir geschickt und wenn sie in ein paar Tagen erfolglos zurückkehrt, wird er mehr Leute schicken. Der König denkt, dass du ihn verraten hast. Deswegen müssen wir uns beeilen und Pläne schmieden, wie es weitergehen soll. Außerdem will ich dich nicht länger in diesem dunklen Loch sehen müssen."  "Und ich habe dir ein Zimmer herrichten lassen.", strahlte sie.

Wortlos stapfte ich hinter der vorauseilenden Nymeth her. Sie führte mich in die Villa und betrat das Treppenhaus. Hier und da sah ich andere, mir unbekannte Gesichter durch die Gegend huschen. Einige beobachteten uns kritisch. Neugierig folgte ich Nymeth in den Schlaftrakt, wo sie mich an eine Tür am Ende des Flures führte. Am anderen Ende war ihr Schlafzimmer, sofern ich mich richtig erinnerte.
Neben der Tür vor uns stand ein braungebrannter, breitgebauter Mann mit einer Narbe quer durchs Gesicht. Er trug ein Kettenhemd und eine lederverstärkte Hose. Zudem zierte ein einfach verarbeitetes Schwert seinen Gürtel. „Das ist Krol", sagte Nymeth und blieb vor ihm stehen. Der Koloss nickte kurz angebunden. „Er wird dich überall hin begleiten und dich beschützen." Ich hob eine Augenbraue.  "Du bist eine gesuchte und hier geächtete Person", fügte Nymeth eilig hinzu. Ich schnaubte. 'Eher wird er die Anderen vor mir beschützen', schoss es mir durch den Kopf.



Der Dunkle ThronWo Geschichten leben. Entdecke jetzt