9. Teil - Schmetterlinge?

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,,Hast du Angst?''

Ein verschlüsseltes, verbrecherisches Grinsen zierte seine Mundwinkel. Ich starrte ihn fassungslos an, während die Geschwindigkeitsanzeige bereits 190 Kmh anzeigte. Kaum waren seine Augen wieder nach vorne gerichtet, spürte ich wie mir eine unangenehme Hitze in den Kopf stieg. Was hatte dieser Psychopath bloß vor?

Oder stopp! Wollte er mir bloß Angst machen? Ganz bestimmt. Innerlich riss ich mich zusammen und setzte meinen monotonen Gesichtsausdruck auf.

,,Willst du mir deine durchschnittlichen Fahrkünste beweisen oder was ist dein Plan?''

Sein Blick glitt kurz zu mir rüber. Die weißen, geraden Zähne kamen erneut durch ein Schmunzeln zum Vorschein - ich tippte immer noch auf ein Bleaching, sonst wäre seine Genkombination wirklich unfair gegenüber vielen anderen.

,,Warte einfach mal ein bisschen ab.'', sprach er gelassen und blickte erneut vor sich. Nun packte mich Nervosität. Was konnte er im Schilde führen? Doch ich wollte ihm auf keinen Fall meine innerlichen Bangen offenbaren. Ich war dafür zu stolz. Gerade einer wie Tarik es war, verdiente es nicht zu triumphieren.

,,Willst du mir Cola über die Haare schütten oder was?''

,,Deine Fragen werden zunehmend nerviger.'', sprach er gleichgültig und ließ mich wütend seufzen. Ich verschränkte meine Arme vor meiner Brust und verdrehte meine Augen. Es war ja nicht so, dass er mich gerade gegen meinen Willen verschleppte.

,,Bei dir würde ich nicht zögern die Polizei einzuschalten. Ich würde dich ohne mit der Wimper zu zucken anzeigen. Denke nicht, dass du einen Bevorzugung wegen Idris hast.'', rief ich deutlich genug in die Stille hinein und starrte ununterbrochen zu ihm. Wenn er nicht diese monotone, kühle Fassade aufgesetzt hätte, könnte ich vielleicht auch etwas aus seinem Blick deuten. Doch er glich einer versiegelten Tür.

,,Glaube mir - du wirst auch nicht von mir besser behandelt werden. Du bist nur eine, vorübergehende Freundin meines Kumpels. In ein paar Monaten wirst du bloß eine von vielen sein.''

Ich starrte ihn mit offenem Mund an. Was war er bloß für ein ignorantes Wesen? Wut stieg in mir hoch. Wobei - Wut war es nicht. Nein. Es war etwas zehnfach schlimmeres. Dieser Typ war unausstehlich.

,,Du verwechselst ihn mit deiner Person. Nicht jeder Mann wechselt seine weiblichen Bekanntschaften wie seine Unterwäsche.''

Er ordnete das Auto in den rechten Fahrstreifen ein und ließ ein leises, ironisches Lachen im engen Raum schallen.

,,Du kennst die wahre Männerwelt anscheinend noch nicht genug. Denkst du ernsthaft, Idris ist nicht anders? Denkst du wirklich, er wird nie mehr von dir wollen? Denkst du, dass du auf Dauer mit deiner zurückgezogen Art seine Bedürfnisse befriedigen kannst?''

Er sah mich so an, als ob ich das unerfahrenste Wesen auf Erden war. Als ob ich nicht über zwanzig Jahre alt war, sondern mickrige zwölf.

,,Ja, dass denke ich.'', antwortete ich selbstsicher und schenkte ihm einen abwertenden Blick. Er schüttelte bloß seinen Kopf still. Das Geräusch des Blinkers zog meine Aufmerksamkeit auf sich. Wir bogen auf einer Raststätte ab. Es war kein besonders schöner Ort. Es wirkte bloß wie ein kurzer Reisestopp, welcher wirklich für keinen längeren Aufenthalt geeignet war. Besonders jetzt, bei trüber Dunkelheit. Die Bäume und der dahinter versteckte, dunkle Wald schienen nicht einladend.

,,Was wollen wir hier?'', fragte ich verunsichert.

Er stieg wortlos aus und ging auf die andere Seite des Fahrzeuges. Er erforschte das Auto merkwürdig. Was war bloß los? Letztendlich stieg ich auch aus und lief zu ihm. Die Dunkelheit ließ das grelle seiner blauen Augen trotz allem nicht verborgen.

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