EISBLAU

5. Teil - Chaos

,,Was willst du eigentlich hier?'', fragte ich den helläugigen direkt, als er dabei war uns in Richtung Umkleidekabinen zu steuern.

Plötzlich blieb er stehen. Sein intensiv riechendes, männliches Parfüm stieg mir in die Nase. Es gab sicher 1000 schönere Sachen als in Tariks Armen zu liegen. Ich konnte es nicht abhaben, dass seine Finger meinen Körper berührten. Ich mochte es nicht, wehrlos in fremden Armen zu liegen.

,,Kannst du einmal - nur für eine Minute lang - deine Klappe halten?''

Sein abwertender Blick fixierte mich und die minimale Entfernung, welche uns gerade trennte, machte mich tobend.

,,Nein kann ich nicht. Chris konnte mich auch in die Umkleide tragen. Was mischt du dich eigentlich ein?''

Tariks lautes, spöttisches Lachen schallte durch den leeren Gang. Verwirrt sah ich in sein blaues Augenpaar. 

,,Dieser Stock? Der könnte nicht mal einen Bierkasten hochheben, geschweige dich.''

Verdutzt sah ich weg. Mir war klar, dass er mit seiner Aussage Chris beleidigte, jedoch fühlte ich mich auch angegriffen. Wollte er sagen, dass ich zu fett war? Ganz sicher wollte er das.

Gestresst sah ich wieder hoch zu ihm.

,,Du bist wirklich das arroganteste etwas, was ich je gesehen habe.''

Ein amüsiertes Lächeln zierte seine Mundwinkel. Waren seine Zähne gebleicht? Sie wirkten perlweiß. 

Er setzte mich in der Umkleide auf einer der Holzbänke ab.

,,Endlich.'', flüsterte ich leise dahin und zog meine Jogginghose ein Stück höher. Mein Schienbein war gerötet und schien auch etwas angeschwollen zu sein. Zum Glück war ich frisch rasiert, sonst wär die Sache hier ziemlich peinlich geworden..

,,Du bist echt tollpatschig, kann das sein?''

Mein Blick ging blitzartig hoch. Tarik stand an der gegenüberliegenden Wand angelehnt und hatte seine Hände in die Hosentaschen seiner gebleichten Jeans gesteckt.

,,Was weißt du schon..'', entgegnete ich überraschend ruhig und verdrehte doch zumindest meine Augen.

,,Eigentlich weiß ich so ziemlich viel über dich, für die paar wenigen Tage.''

Sein Erscheinungsbild, diese überhobene Art, einfach alles provozierte mich an ihm. Allein dieser Machoton, welcher durch seine Stimme immer hervordrang, mit jeder einzelnen Silbe, war zum Kotzen.

,,Ach ja? Und was sollte das sein?''

Sein muskulöser Körper richtete sich gerade auf.

,,Zum Beispiel, dass du eine richtige, kranke Zicke bist. Außerdem sehr reizbar und auch völlig lustlos.''

Ich musste ironisch auflachen.
Was für ein Scheiss!

,,Du hast schlechte Menschenkenntnisse.'', entgegnete ich spöttisch. ,,Dein Charakter ist um einiges transparenter.'', fügte ich noch provokant hinzu.

Seine Augenbrauen zogen sich erneut ein Stück hoch, während mich seine mandelförmigen Augen genauer fixierten.

,,Schieß'  los.'', gab er locker zurück und setzte sich auf die gegenüberliegende Holzbank. Verdeutlichend hob ich drei Finger in die Höhe.

,,Pubertierend, arrogant und egoistisch.''

Er nickte mehrmals und spielte ein beeindrucktes Gesicht vor. Seine Finger kratzen uninteressiert an seinem Kinn.
,,Solange andere auf diese Charakterzüge fallen, finde ich das absolut okay.''