28. Teil - Gleicher Grund

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„Leila, warte bitte!", hörte ich hinter mir Idris' Stimme atemlos schreien. Im Innenhof des Mehrfamilienhauses blieb ich wortlos stehen.

In meinem Inneren tobte Stille. Unheimliche Stille.

„Leila..es tut mir so leid.."

Idris' gequälte Stimme war dicht hinter mir. Meine Augen fingen an zu brennen, während mein Herzklopfen immer langsamer zu klopfen schien.

„Es..Es ist einfach passiert..Ich habe aber nichts empfunden..Es..war-"

Mein Körper drehte sich meinem einstigen Seelenverwandten entgegen. Seine Augen waren gerötet, während seine Unterlippe bebte. Der Blick, welcher durch das sanfte, nussbraune Gemisch zu mir sah, begutachtete meine Mimik zaghaft.

„Sag was..Bitte..", flüsterte er und traute sich den Schritt, den er in Zeitlupe näher trat, beinahe nicht.

Ich schwieg.

Schwieg, weil die Wahrheit ihn verletzen würde. Mehr als alles was mich jemals verletzten könnte.

„Leila, schreie mich an. Verfluche mich.. Aber sag bloß etwas!", rief Idris mit einem Blick, welchen ich wohl nie wieder vergessen würde.

Seine Handflächen fuhren verzweifelt über sein Gesicht und anschließend durch sein dunkles, chaotisches Haar. Mich zu berühren, traute er sich nicht. Die kleine Lücke zwischen unseren Körpern blieb stets bestehen.

„Willst du nicht wissen, wie lange das schon geht? Wie lange ich ein verdammtes Firmenflittchen dir vorziehe?"

Idris' Stimme war lauter geworden. Laut und beinahe vorwurfsvoll. War meine Reaktion so unheimlich? So abnormal? So anders, als aus allen Filmklischees?

,,Wir sind alle gleich Leila, auch Idris. Er ist auch nur ein Mann und du wirst ihm auf Dauer nicht das geben können, was man braucht"

„Wie lange geht das schon, Idris?", fragte ich ruhig. So ruhig, als ob ich einem Kind antwortete, welches Schutz brauchte. Welches nach Aufmerksamkeit schrie.

Idris sah mich schmerzvoll an. Er kämpfte mit dem Teufel in sich. Dem Teufel, den ich nie dachte kennengelernt zu haben. Der Teufel, dem ich nie Glauben schenken wollte. Nie Glauben schenkten wollte, weil ich dachte das es nur einen Teufel gab. Nur einen hier auf Erden.

Und ich dachte dieser besäße blaue Augen.

„Ein paar Wochen..", flüsterte Idris und klebte mit seinem Blick förmlich an mir.

Ich schwieg. Erneut. Und dieses Schweigen schien Idris' zu töten. Obwohl dies nicht meine Absicht war. Ich wusste einfach nicht, was zu sagen war.

„Willst du nicht fragen wieso? Wieso ich wie der letzte Mistkerl gehandelt habe?"

Idris' Augen schienen zu glänzen.

Ich schluckte.

Nein. Nein wollte ich nicht.

Denn ich wusste die Antwort bereits.

„Idris..", begann ich leise, während der Wind erste nasse Regentropfen entgegenwehte.

Das braune Augenpaar blickte mit einer Mischung aus Hoffnung und Nervosität zu mir.

„Es ist besser wenn wir das hier, was nur wir beide Beziehung nannten, beenden."

Eine Träne streifte Idris' gerötete Wange. Mit dieser Emotion von ihm, entfachte sich in mir Schmerz. Schmerz, obwohl ich nun wusste, dass er vor mir etwas getan hatte. Etwas was toxisch für Beziehungen jeglicher Art und Weise war.

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