49. Teil - ,,Rache?"

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,,Sie ist die Ex von meinem damaligen besten Freund. Eine reine Kinderbeziehung und wie es so ist, geraten solche Kindergartensachen schnell in Vergessenheit.", sagte der blauäugige unberührt und völlig unpassend in den Raum gestellt. Fast so, als ob es tatsächlich der Wahrheit entsprach. Eine Wahrheit, mit welcher ich leben konnte - aber meine Mission hier war nicht die falsche Wahrheit vorzumalen. Und doch störte es mich nicht. Ich hätte aus diesem lügnerischen Mund sowieso nichts anderes erwartet. Vielmehr gefiel mir diese taktlose Antwort von Tarik. Denn sie bestätigte seinen falschen Kern nur noch mehr - und fütterte gleichzeitig mein Ego.

Zaghaft spürte ich wie Logans warme Hand auf meinem Schulterblatt den Druck auf sanfte Weise steigerte. So steigerte, dass ich von ihm die tiefe Unterstützung nicht ausblenden durfte. Wie ein stiller Hinweis im dunklen.

Tarik stand selbstbewusster denn je vor uns und wand allmählich den Blick von seinem Arbeitskollegen mit dem bayrischen Dialekt ab, bis sich unsere gegenseitigen Blicke kreuzten. Blaue Pigmente in hellen als auch vereinzelten dunkleren Tönen zeichneten sich in seinen Augen ab. Wie ein Mosaik. Die hellen Pigmente dominierten über allem und das bedeute nichts anderes, als das in Tariks innerem Emotionen wüteten, welche ihn aufbrausten. So sehr entspannt seine Haltung auch sein mochte - von innen war er es nicht. Er blaffte. Welcher Mann könnte nach dieser Offenbarung ruhig bleiben? Nicht einmal ein Tarik Hodzic konnte das.

,,Okeeeey - ich habe auf eine flüchtige Bekanntschaft getippt, aber ihr scheint euch ja in frühen Tagen ziemlich gut gekannt zu haben..", schlussfolgerte Kevin grinsend und neugierig zugleich, während sein Finger auf uns beide Betroffenen zeigte. Der junge Mann mit den braunhaarigen Kurzhaarschnitt und dem leichten Rotstich in seinem Bart strahlte mich charmant an, während sein Blick kurz über meinen freiliegenden Hals glitt. Er schmachtete mich viel zu offensichtlich an und trotzdem war er mir tausendmal sympathischer, als es sein ein-Kopf größerer, distanzierter Kollege mit dem eisernen Blick.

,,Um ehrlich zu sein - nein, Kevin. Ihr Kollege und ich kannten uns nie wirklich gut. Ich glaube zu meinen, dass wir ihn und Logan beim Gespräch gestört haben. Hatten Sie mir nicht eine Führung durch das Gebäude versprochen?", sagte ich mit einem Schmunzeln auf den Lippen und näherte mich dem großgebauten Mann mit den eisigen Augen vor mir an, welcher mich rätselhaft beobachtete. Sein von Kälte schreiender Blick wirkte dunkler, als sich mein Körper seinem auf wenige Zentimeter genährt hatte. Der herbe und beinah unveränderte Parfümgeruch von damals stieg zu mir auf und bewegte keinerlei Emotionen. Eine Brise von Verwirrung machte sich in seiner kühlen Mimik breit, ehe ich mein Champagnerglas auf dem Stehtisch neben ihm abgestellt- und mich elegant zurück gezogen hatte.

Dabei merkte ich, wie Tariks Kälte erneut in seinen Gesichtszügen Platz einnahm und die Verwirrung ersetzte. Kevin, der eloquente Leiter der Finanzabteilung, bot mir seinen Arm an, damit ich mich bei ihm einhakte und wir die Führung durchs Gebäude anstrebten. Mit meinen Stöckelschuhen war ich mit ihm auf gleicher Höhe. Ich nickte Logan zu, welcher mich mit einem vertrauensvollen Blick ansah und sich meinem Wohlbefinden vergewisserte, ehe der Finanzchef und ich die Türschwelle des Meetingsaals passierten.

,,Kevin, du weißt doch wie effizient wir arbeiten. Logan und ich schließen uns euch an, damit wir den beiden neuen Geschäftspartnern zeitgleich unser geschmackvolles Unternehmen vorführen."

Ich drehte mich zu der tiefen Stimme um. Tarik trank nach deiner Aufforderung hastig einen Schluck des Alkohols, ehe er uns mit Logan schrittdicht verfolgte. Und seinem Kollegen schien das überhaupt nicht zu gefallen. Dachte dieser Schwachkopf wirklich, dass ich die Zweisamkeit mit dem Zahlenjunkie genoss? Herrlich, wie dumm junge Männer bloß waren.

,,Glauben Sie bitte nicht, dass Tarik Hodzic und ich immer so auf einander sitzen. Wir arbeiten zusammen - er brav in der Marketingabteilung und ich hier in meinem Reich. Den aussagekräftigen Zahlen und Fakten.", verkündete Kevin stolz und öffnete die Türe zu einem großzügigen Großraumbüro, in welchem mehrere Mitarbeiter sich brav zu uns drehten und uns begrüßten. Die Büros waren nicht schlecht ausgestattet. Ich musste zugeben, dass unsere Brown.Company etwas engere Arbeitsplätze besaß, jedoch war das bei unserer Mitarbeiteranzahl auch nicht anders möglich. Noch nicht, ehe wir einen neuen und attraktiveren Standort in London gefunden hatten.

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