41. Teil - Aufhören

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Fuck.

Leila was hast du nur gemacht? Wie idiotisch, wie leichtsinnig musst du nur sein?

Fuck.

Schweißperlen - welche mich zur Hyperventilation drängen

Fuck.

Herzrasen - welches mir überlebenswichtige Atmung stiehlt

Fuck. Fuck. Fuck!!!

Ich hatte es gesagt. Mit meiner eigenen Zunge hatte ich mich verraten. Mein Herz verraten. Meine Seele ins Verdorben gestürzt. Obwohl ich mir geschworen hatte, niemals darüber mit jemanden zu sprechen. Mit niemanden außer dem Miststück in mir selbst.

Am liebsten hätte ich mir im nächsten Moment zwanzig Ohrfeigen verpasst. Aber das würde diese Situation hier wahrscheinlich nur noch verstörender darstellen als es ohnehin bereits war.

Ich war froh, dass nur das schwache Licht der Nachttischlampe leuchtete. Denn meine feucht gefüllten Augen blieben so versteckt. Und ich wollte Tariks Gesichtsausdruck nicht sehen. Niemals. Nicht nach dem was ich ihm vor ungefähr zwei Minuten gebeichtet hatte. Ich fühlte mich nämlich nackt. Splitterfasernackt. Denn ich hatte alles abgelegt - jede Maske, welche meinen inneren Kern umgab. Jeden Schutz, welcher mich bewahrte, vor dem, was ich seit Monaten befürchtete. Wie ferngesteuert wollte ich auf das Badezimmer zu laufen, um in dem einzigen separaten Raum Flucht zu finden, doch Tariks Stimme bezweckte, dass ich wie erstarrt stehen blieb.

,,Seit wann?", hörte ich ihn kühl fragen.

Meine Lippen bebten. Ich spürte seinen Blick wie eine tonnenschwere Last auf meinem Rücken. Plötzlich fühlte ich mich wie in einem Gerichtssaal. Der Richter stand hinter mir und die Zeugen waren meine verdammten Gefühle für Tarik.

,,Ich weiß es nicht.", antwortete ich ehrlich und merkte wie sehr dieser kurze Satz meine Atmung beansprucht hatte. Denn danach versuchte ich verzweifelt nach genug Sauerstoff zu schnappen.

Stille. Bedrückende Stille.

Meine Füße wollten mich weiter tragen, bis ich mit meiner Hand an der kalten Türklinge angelangt war. Und als ich mir bereits felsenfest sicher war, dass Tarik nicht mehr sprechen würde, spürte ich seinen Atem in meinem Nacken. Gänsehaut überkam meine oberste Hautschicht und ließ mich mehrmals blinzeln. Seine geballte Faust landete laut auf dem Holz der Badezimmertür, dicht neben mir. Mein Körper zuckte zusammen, während meine rechte Hand an der rauen Wandtapete Halt fand.

War er wütend auf mich? War er sauer, weil ich ihm meine Gefühle gestand? Weil ich ihm die wahre Leila offenbarte? Bei dieser auf der Hand liegenden Theorie zog sich in meinem Magen etwas schmerzvoll zusammen.

,,Das ist ein Fehler, Leila. Ein verdammt großer Fehler. Und wahrscheinlich ist das auch nur Einbildung. Du liebst mich nicht. Du kannst mich nicht lieben. Verstanden?"

Stille Tränen verirrten sich auf meinen Wangenseiten, während ich mit weit aufgerissenen Augen die Tür vor mir anstarrte. In mir drin mischte sich Leid und Tollwut. Energisch drehte ich mich zu ihm und konnte trotz der dominierenden Dunkelheit im Raum die blauen Eiskristalle in seinen Augen genau erkennen.

,,Du bist ein verdammtes Arschloch."

Meine Stimme fühlte sich dünner an. Dünner und schwächer.

,,Tarik, du bist seit Tag eins ein verdammter Egoist. Aber du bist kein allwissender Gott. Ich weiß sehr wohl, was ich empfinde. Du nicht. Ich weiß sehr wohl, was mich seit Monaten zerfrisst. Gefühle, von denen ich nie Ahnung hatte, sie besitzen zu können. Vor allem nicht für einen Mann wie dich. Ich hasse mich dafür, ich hasse mich, das Gefühl zu haben, ohne dich in meiner Nähe eine lebende Leiche zu sein. Ich hasse mich deinem Charme verfallen zu sein.."

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