29. Teil - Ausrutscher

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Mein Brustkorb bebte. Bebte im Einklang meines ungesund rasenden Pulses.

Dieses blaue Meer in Form  von zwei mandelförmigen Augen ertränkte mich.

Ertränkte mich in meinen eigenen Fehlern und Trieben.

„Ich habe gesagt, du sollst dich verpissen!", sprach ich so schnell aus, dass ich im Nachhinein das Gefühl hatte, nicht einmal meine Mundwinkel bewegt zu haben.

Tariks bestimmender Handgriff zog mich beinahe schmerzhaft an sich. Unsere Blicke kreuzten sich viel zu nahe und viel zu intensiv. Sein männlich-herber Geruch benebelte meine Sinne. Und genau dieser Situation versuchte ich seid Monaten aus dem Weg zu gehen und doch gelang es mir einfach nicht.

„Wieso gibst du es nicht einfach zu?", raunte er leise und drückte mich im nächsten Moment gegen eine raue Betonwand.

„Gib einfach zu, dass dir unsere verfickten Berührungen gefallen haben. Gib zu, dass du deshalb Idris verlassen hast."

Tariks Blick wirkte unheimlich kühl, während seine Stimme ruhig blieb. Diese stumme Kälte, die er in diesem Moment ausstrahlte, irritierte mich völlig. Es irritierte – und es brachte mich zur Weißglut.

Mit meiner freien Hand krallte ich mich in seine Haut und schaffte dadurch einen minimalen Abstand zwischen uns, welcher aufgrund Tariks tierähnlichem Körperbau immer noch mickrig wirkte.

„Du hast das was du wolltest. Du hast deinen besten Freund von mir entfernt. Auch wenn deine Mittel verdammt widerlich sind.", sprach ich fest aus und spürte wie meine Tränen nicht mehr lange stillhalten würden.

Tariks Griff verstärkte sich, während sich das Blau seiner Augen verdunkelte.

„Aber bilde dir ja nichts ein. Im diesem betrunkenen Zustand wäre mir das selbe mit jedem anderen Mann passiert. Unabhängig von dir.", ich hielt inne, als ich merkte wie Tarik noch näher kam und direkter auf mich hinunter sah.

Mein Blick bohrte sich in seinen, welcher mir insgeheim Angst machte. Angst, weil ich das Gefühl hatte eine Bestie aus ihrem Schlaf zu erwecken.

„Denn jetzt im nüchternen Zustand widerst du mich an. Genauso wie dein bester Freund, welcher mich als Schlampe des Jahrzehntes betitelt hat."

Lüge. Du lügst Leila. Wie gedruckt.

Du weißt ganz genau, was du an diesem Abend gefühlt hast.

Und wegen wem du es gefühlt hast.

,,Ausrutscher.", sagte er auf einmal. „Es war ein dummer Ausrutscher.", sprach Tarik plötzlich befremdlich streng aus. Seine mächtigen Augen sahen mich mit einer Leere an.

Und bei diesem Satz spürte ich etwas unheimlich neues. Etwas, was mich doch tatsächlich mehr verletzte, als das öffentliche Niedermachen in der Bar von Idris' Seite aus. Etwas was mich verstummen ließ.

„Und Idris hat so etwas nicht verdient.", fügte Tarik mit einem festeren Stimmton zu und entfernte sich einige Schritte von mir.

Nein hatte er nicht. Keiner hatte so etwas verdient. Auch nicht ich.

„Pass auf ihn auf.", sprach ich sachlicher als vorher aus und spürte wie sich in meinen Augen schwere Nässe gesammelt hatte.

Nicht jetzt, Leila. Reiße dich zusammen.

Tariks schwerer, undeutbarer Blick verfolgte mich als ich in ein ankommendes Taxi stieg und wegfuhr. Im Wagen ließ ich meinen verdammten Gefühlen freien Lauf und ignorierte die neugierigen Blicke des Taxifahrers.

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