35. Teil - Liebe

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Tariks warmen Hände wanderten weiter hoch und legten sich sanft um meine Kehle ab. Gänsehaut verbreitete sich weiter auf meinem Körper aus - und ich würde mich selbst belügen, wenn ich behaupten würde, dass es sich unangenehm anfühlte. Auch nicht nach den ehrlichen Wörtern, die im Krankenhaus gefallen waren.

„Tarik, geh bitte nachhause. Der Alkohol in dir-", fing ich an, doch Tariks Fingerspitzen, welche sich auf meine Lippen drückten und dort verharrten, verwehrten mir weiter zu sprechen. Ich verstummte und nutze die Gelegenheit um sein makelloses Gesicht im Stillen zu betrachten. Das tiefe Blau seiner Augen wirkte plötzlich nicht mehr eisig - es wirkte auf einmal warm. Wie ein Engelshimmel. Und die mir bekannte, kleine Narbe seiner linken Augenbraue war immer noch für mich ein Rätsel. Ich wollte immer noch wissen welche Geschichte hinter dieser stand.

„Ich habe etwas mehr getrunken, aber ich bin mir im Klaren wovon ich rede. Und ich weiß auch, dass ich dich nicht gehen lassen kann, Leila.", sprach er überzeugt und lehnte seine Stirn an meine. Die Wörter, die er so eben ausgesprochen hatte, trafen mich mitten ins Herz. In mein Herz, wo eigentlich eine leere Höhle sein sollte. Zum Schutz für mich. Zum Schutz vor schmerzenden Emotionen, welche meine ganzen Pläne und Wünsche vergaben könnten.

„Wieso würdest du das wollen, Tarik?", fragte ich leise und erforschte das blaue Meer seiner Augen immer noch so, als ob ich noch nie Augen dieser Art von Pigmentierung zu Gesicht bekommen hätte. Und doch erinnerte ich mich an meine früheren Aussagen, welche felsenfest besagten, dass Leila Musai Männer mit blauen Augen als nullprozentig anziehen fand. Doch wieso war bei diesem Riesen vor mir alles so anders?

„Sag du es mir. Wieso kann ich dich nicht gehen lassen? Was stimmt auf einmal nicht mehr mit mir?", sprach Tarik halb lachend zu mir und zeigte wieder sein strahlendes Lächeln, mit welchem er die naive Frauenwelt verzauberte. Im nächsten Moment war er wieder unheimlich still. Sein dunkler Blick wirkte hypnotisierend auf mich. Mein Puls schlug quälend schnell und verursachte ein inneres Chaos von Gefühlen. Gefühle, welche ich am Besten mit der Waffe des Eigenschutzes besiegen konnte. Mit einer zielsicheren Waffe, welche mit Gefühlen von Verabscheuung und Distanz geladen war.

Ich zog mich aus seinem Besitz hektisch zurück und spürte wie mich nun wie beabsichtigt Wut ergriff. Wut welche mich von Anfang an hätte schützen müssen. Denn nur mit solcher Art von Emotion konnte ich gegen diesen unverschämt süchtig machenden Mann ankämpfen. Und hoffentlich siegen.

„Wenn willst du hier eigentlich verarschen? Verpiss dich, Tarik. Am Besten da, von wo du hergekommen bist. In dein widerliches Bett, wo du gestern noch ein weiteres weibliches Opfer als Sexobjekt genutzt hast."

Mein rechter Finger zeigte auf die Haustür, an welcher er immer noch stumm angelehnt war. Sein großer Körper richtete sich auf und schien auf mich näher zu kommen, doch ich schritt automatisch zurück und band meinen schwarzen Bademantel noch enger um meinen Körper. Denn ich spürte Tariks durchdringenden Blick auf mir. Auf meinem Körper - und es wäre eine Lüge, wenn ich sagen würde, dass mir davon nicht noch wärmer wurde.

„Von was redest du?", fragte er verwirrt und blieb stehen, denn er hatte anscheinend kapiert, dass ich seine Nähe nicht wollte.

„Du denkst wohl ich bin dumm? Dumm und naiv? Nein, dass bin ich nicht, Tarik. Ich meinte, dass du dich zu diesem blonden, reichen Mädchen verpissen sollst, welches du gestern noch unter dir liegen gehabt hast!"

Er verstummte. Denn es stimmte. Er hatte gestern mit dieser Frau geschlafen. Er hatte genau das getan, was seinem bescheuerten, schwanzgesteuerten Charakter gerecht wurde. Das getan, für was ich ihn doch von Anfang an nicht leiden konnte. Und nun versuchte er mir auf eine bescheuerte Weise zu erklären, dass er wollte, dass ich bleibe. Was war das nur für ein abstrakter Mindfuck?

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