22× February: a little campbell

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Am Abend kroch ich in das gemeinsame Bett und legte mich nicht einfach neben ihr. Friedlich nahm ich sie von hinten in den Arm und küsste ihre kleines Öhrchen. Sie regte sich sonst immer bei diesem Unterfangen auf. In dieser Sekunde blieb sie ohne Reaktion. Verständlich, dass sie sauer auf mich war. Schließlich erzählte ich ihr – nur um jemand anderes auszuwischen – dass sie mich irgendwann verlassen würde. Was war ich nur für ein Depp? Ich hatte sie endlich wieder, verlobte mich mit ihr und dann unterstellte ich ihr das? Ausgerechnet das?

„Du musst mich wohl jetzt für einen Idioten halten?“ flüsterte ich an ihren Hals.

Seit dem Vorfall von vor einigen Stunden sprach sie eher distanziert mit mir. Emily nahm sie mit ins Haus und sprach mit ihr eindringlich. Selbst danach ging sie einfach an mir vorbei und verabschiedete sich nur von den anderen. In der Zwischenzeit stellte Sam, Embry und mich zur Rede.

„Paul, was hast du dir dabei nur gedacht?“
„Veira ist total erschrocken zu mir gekommen. Ich hätte fast die Hand in die Autotür gezwickt, weil das Tor unerwartet schnell geöffnet wurde. Wie sollte ich da anders reagieren? Auch, dass sie mir erzählte, dass sie mit Embry unterwegs war.. Nichts für ungut, Embry, aber ihr ward echt oft in letzter Zeit unterwegs. Und dann erzählt sie mir von einer Verwandlung. Ich wollte nur sicher sein, dass es auch stimmt.“
„Ich wusste nicht, dass dir unsere Treffen suspekt vorkommen. Tut mir wirklich leid, aber wir trafen uns wirklich nur für diese eine Sache.“ quittierte Embry mitfühlend.

Sam trat nun in die Mitte und schüttelte nur unweigerlich den Kopf.

„In dem Moment als ihr Euch gegenseitig wegen einer einzigen Frau verwandelt habt, hätte mir klar sein müssen, dass es Besonderes in der Luft liegt. Das Embry sich in ihrer Nähe das erste Mal verwandeln würde, war mir nicht bewusst. Das Embry sich auf ihr prägen könnte, war mir bis vorhin nicht ganz klar. Erahnt hatte ich es, aber nie kommen gesehen. Es hat etwas zu bedeuten, dass zwei Wölfe sich verbinden müssen um eine Frau zu beschützen. Vielleicht kam sie nicht ohne Grund hierher – bewusst schien ihr der Weg nicht gewesen zu sein.“
„Vergesst aber nicht: Rémy Black war die kleine Schwester von meinem Dad. Und Berfino - ihr Vater – ist immer noch ein Campbell. Ihr wisst, was man über diese Familie sagt?“ fügte nun auch Jacob hinzu.

Fragend blickten wir uns an, während Sam Jacob wissentlich ansah. Ich hatte noch keine Legende über eine Campbell gelesen, geschweige dem wusste ich nirgends, dass die hier überliefert wäre. Ich kannte Rémy, Berfino und ihre reizende Tochter, aber nie dachte ich daran, dass hinter dieser kleinen Familie mehr als nur eine Verbindung steckte.

„Manche von ihnen lebten in den Bergen Kanadas, die Einen lebten in Wälder und die Anderen durchforsteten die Landschaften auf dem Weg in die neue Heimat. Die Familie schützte sich seit eher von Ausrottung und gerieten mit der Zeit in Vergessenheit.“ fing Jacob die Rede an.
„An sich war dieser Clan stetig in Bewegung wie ein fließender Fluss. Umso mehr glich diese Familie wie das Wasser. Sie waren taktisch klug, stark, zueinanderstehend und gesinnungstreu. Ihr Vermögen verdienten sie mit ehrlicher Arbeit. Ihre Bildung gleicht weniger der unseren Schulen. Dreiviertel von diesem Clan wurde auf eine weiterführenden höheren Schule verwiesen. Die meisten von ihnen behielten ihren enorm hohen IQ.“ sprach nun Sam nachdenklich weiter.

Jared, Quil, Embry und ich hörten ihnen zu und vergewisserten uns, dass es auch wahr sein muss. Schließlich sprach Jacob sonst nie im Kanon mit Sam. Es musste also stimmen.

„Die Quileute ist das Rudel der Gestaltwandler. Wir verwandeln uns in ein Wolf. Wenn diese Wesen noch begabter sind wie die unsere, warum floh Berfino?“ stellte Quil offen seine Frage klar.
„In dieser Familie gibt es einige mit speziellen Fähigkeiten. Die Cullens würden wohl dazu Gaben sagen, doch diese hier sind anders. Sie übertreffen das Zeit- und Raumkonzept.“ fing wieder Jacob das Gespräch an.
„Berfino kam eine Nacht bevor sie gingen noch einmal zu meiner Großmutter. Er stammelte etwas von: Sie müssen auf die Reise gehen, sie wurden entdeckt und das Wertvolle in ihrem Besitz muss mit.“
„Paul, du musst wissen, dass diese Fähigkeiten nicht jeder trug. Im Clan der Campbells wurden großenteils nur männliche Menschen geboren. Die Frauen wurden hineingeheiratet. Auch Berfino konnte mir nie sagen, ob es eine derartige Verbindung schon einmal in der Geschichte seines Stammes gab. Und jetzt stellt euch vor, wer in dieser Familie als Wertvoll betrachtet werden würde?“
„Veira? Heißt das jetzt, dass sie nichts Ganzes ist?“ fragte Embry skeptisch nach.
„Sie ist halb Black und halb Campbell. Halb Wolf und halb...“
„Jacob, was ist ihre andere Natur?“ verlangte nun Embry und ich zu wissen.

Der Dunkelhaarige seufzte angestrengt und kam zu dem Entschluss zu verraten, worauf er sein Leben lang belehrt wurde.

„Veira ist die rechtmäßige Stammesführer. Ihre Legende wird sie immer wieder in das Reservat lenken. Embry hat sich auf sie geprägt, weil sie nicht nur einen Teil Wolf in sich trägt sondern auch des mächtigen Bären. Deswegen hat Berfino seinen Namen nicht umsonst.“ erklärte nun Jacob.
„Und warum konnte sich dann Paul nicht auf sie prägen?“
„Vermutlich, Jared, nehme ich an, dass er es entweder noch wird oder es nie geschehen wird. Ich hoffe es für dich, Paul, aber in ihrer Geschichte gibt es eine andere Form der Prägung. Sie weiß von all dem nichts und deswegen braucht es seine Zeit und Geduld.“
„Und was geschieht, wenn sich Paul auf jemand anderes prägt und sie sich zum ersten Mal verwandelt?“ wollte nun Quil wissen.
„Mutmaßlich ist eine Prägung auf einem Bären des Geschlecht Campbells stärker wie die Verbindung eines Wolfes. Embry wird weiterhin auf sie gelenkt sein. Auch wenn Paul sich irgendwann anderweitig lenken lässt. Es hat einen Grund, warum ihr beide für diese Aufgabe auserkoren seid. Ich weiß nicht, was geschehen wird. Es kann alles sein, von die Prägung des Wolfes wird aufgehoben und mit der anderen Lenkung vertauscht. Aber auch es bleibt alles wie es ist.“

Dieses Gespräch rückte immer wieder in meinen Kopf herum. Ich wollte ihr sagen, was ich über sie wüsste, aber ich durfte es nicht. Allein, die Tatsache, dass sie nie die Wahl haben würde, wenn sie mehr mochte. Nein, sie würde bei ihrer ersten Verwandlung die stärkere Seite des Wolfes bekommen. Ich glaubte wenig daran, dass es ich sein werde. Embry ist viel aktiver und ruhiger als ich.

„Es tut mir leid, Baby. Ich wollte dich nicht verletzen.“
„Schon gut.“

Die MarionettenspielerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt