42: October: sought, found and fought over

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Die Monate zogen ins Land.

Juli

August

Trauer durchzog meinen Körper, in dem ich mich von der Welt abschirmte, keinen Kontakt mehr zuließ, nur noch an jenem Ort zu finden war. Schuldgefühle plagten mich durch jedes Glied, durch dem ich jedes Mal wieder merkte, dass ich noch lebte. Ich war nur noch ausgelaugt und überfordert, alles verlief schleppend. Morgens beim Aufstehen fühlte ich mich gerädert und wäre am liebsten nie aufgestanden. In meinem Kopf lag triste Leere und mein Leben schien gar sinnlos zu erscheinen. Von Tag zu Tag wurde das Gefühl des Nutzens schwammiger und ich spürte deutlich, dass ich die Kraft nicht hatte um dies zu ändern. Seit diesem Vorfall konnte ich nachts nicht mehr schlafen, wache viel zu früh auf und grüble bis in die späten Nachtstunden.

Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich Angst vor etwas, was ich nicht kannte und dennoch heraufbeschwor. Die Dinge waren vor Monaten noch gut. Eine befreiendes Gespräch. Eine verwirrende Stimmlage. Eine muntere Erkenntnis. Und dann nahm der Teufel das Spiel an sich und ließ zu, dass es zu einem Kampf kam. An jenem wütendem Punkt geschah es, dass sich dieser Caius und das Rudel einmischte. Blitzschnell und unvorhersehbar. Im Aufheben meiner Tatze, rannte Veira in das Schlachtfeld, stellte sich vor Demetri und bekam alle stumpfe dennoch scharfe Krallen mit der Hälfte der Geschwindigkeit ab.

Wenn sie sterben würde, hoffte ich, dass der Himmel der ihrer ist. Es war meine Schuld. Es war nicht Demetris Schuld. Es war nicht Veiras Schuld. Es war alleine meine Schuld. Die Mediziner kamen hinein, als sie in jenem Moment einen Krampf bekam und fügten ihr rasch eine Spritze in die Brust zu. Seither verging eine Stunde. Der Krampf erlosch und sie lag still auf diesem Bett. Wenn sie sterben würde, so oder so weinte ich mit dem Rest. Liebevoll strich ich ihr über die eingefallenen Wangen. Sie hatte durch die Verletzungen zu viel Blut verloren, wurde in ein künstlichen Koma gesetzt um sich ganz auf ihre Genesung hin zu arbeiten.

Zweimal am Tag kam Embry zu mir. Immer wenn er bei ihr war, verschwand ich reuevoll. Ich hatte so was wie dich nicht verdient, sie hatte so was wie mich nicht verdient. Immer wenn Embry kam, nahm er meinen Vater mit. Mittlerweilen hatten sie sich ausgesprochen und einigten sich auf ein Kennenlerntag jeden zweiten Samstag im Monat.

„Paul, es ist nicht deine Schuld, dass sie dort schlummert und du bist nicht der Einzige, der sich Schuld zu schreibt." erklärte mir mein Vater in einer Umarmung.

Während meine Mutter mit einer Teetasse um die Ecke kam und mich auch noch einmal in ihre Arme zog. Vermutlich hatten sie ihre Dispute beendet und wollten von vorne anfangen. Ich würde mich freuen, wenn ich nicht in dieser Lage befände, dass ich die einzige Person verletzte, die mir mehr als mein Leben bedeuten würde. Nur, weil der Vampir mir drohte. Nur, weil ich mich von ihr fernhalten sollte.

„Wenn du denkst,die Hoffnung ist verloren und Aufgeben ist alles was du hast, wird Blau zu Schwarz! Denn deine Zuversicht ist gebrochen und es scheint kein zurück von hier. Manchmal ist da keine offensichtliche Erklärung, während die heiligsten Sterne das stärkste Herzklopfen spüren. Das ist, wenn du eine Brücke aus Licht baust! Das ist, was das Falsche so richtig macht! Das ist, wenn du den Kampf nicht aufgeben kannst! Das ist, wenn Liebe die Nacht in den Tag verwandelt! Das ist, wenn die Einsamkeit verschwindet! Das ist, wenn du stark sein musst, heute Nacht! Nur Liebe kann uns eine Brücke aus Licht bauen!" sang meine Mutter sanft in mein Ohr.

September

Oktober

Die Monate vergingen und der Zustand blieb. Es wurde weder besser noch schlechter. Sie wirkte wie gefangen in ihrem eigenen Selbst. Ohne Weg zurück zu finden. Als hätte der Teufel ihr den Atem genommen. Jeden Morgen wenn ich zu ihr kam, hoffte ich, dass ich sie nicht Tod auffand. Ich würde das nicht durchhalten: Schwarzer Anzug, schwarze Krawatte, im tristen Regen und vereint mit der Familie. Zusammengestellt mit Fremden und Freunde.

In jener Zeit lernte ich Caius besser kennen und auch er schien in eine Lethargie gefallen zu sein.

„Sie war meine Schwester." hauchte er mir in der Cafeteria zu.

Anscheinend konnte er meine fragende Miene durchschauen und erzählte mir die ganze Wahrheit.

„Veira stammt aus dem Clan, welches ich vor Jahrtausenden gründete. Zunächst hielt ich diese Art geheim, wobei sie nun überall auf der Welt existieren. Es gibt nun acht verschiedene Campbells und dennoch spüren sie in einer Reichweite von Japan über Russland nach Amerika die Rufe ihrer Rasse. Alle Bären auf dieser Welt sind Hautwechsler. Die Schwarzbären, die Braunbären, die Eisbären, die Pandabären, die Kragenbären, die Lippenbären und die Malaienbären. Jeder war bis zur Geburt von Veira besonders. Durch ihr rotes Haar fiel sie schlichtweg in das Schema der Legende. Allein, dass in diesen Campbell bisher nur männliche Wesen geboren werden wurde, ließ alles darauf beziehen, dass es das Mädchen aus der Legende ist. Veira ist die Reinkarnation meiner Schwester und deswegen habe ich die Freiheit besessen sie nach dem Tod ihrer Eltern in meiner Nähe zu wissen."
„Wer hat ihre Eltern umgebracht? Und aus welcher Gattung stammt sie? Was hat es mit der Gabe auf sich?" stellte ich ihm die Frage.

Er sah mich mit seinen roten Augen an und seufzte leise aus.

„Ich weiß es nicht, aber ich finde es heraus. Auch ihre Gattung weiß ich nicht. Ihr Vater war ein Schwarzbär aus Kanada. Ihre Gabe ist nicht einfach eine Fähigkeit wie die von Edward oder die von Alice. Ihre Gabe ist besonders und kann nur von ihr kontrolliert werden. Florentyna, meine ursprüngliche Schwester, hatte diese Gabe und früher nannte man diese, das Spielen der Gedanken. Je länger ich jedoch lebte und Veira in Russland beobachtete, wusste ich es besser. Ich nannte diese Gabe um in das Spielen der Marionetten. Bisher hatte sie nur zwei verschieden farbige Fäden spinnen können. Die Roséfarbene steht für das Kontrollieren der Gedankenein-, und -ausgänge. Dies macht sie zu der Spielerin über sämtliche Gedanken in ihrer Umgebung, wie zum Beispiel an der Hochzeit mit dir, Paul. Sie hatte mir erzählt im tiefen verschneiten Russland, dass sie Zweifel an der Hochzeit bekam, weil ihr etwas Blaues fehlte. Ihre Gabe war zu jener Zeit unkontrolliert. Und spann die Fäden ohne Gedanken und schubste dich in die Arme von Rachel. Der zweite Faden lag in einem lavendelfarbenen Ton..."
„Woher siehst du diese Fäden?" sprach ich mutig in seinen Redefluss.

Die MarionettenspielerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt