2× October: Do you think about me now and then?

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„Wie Sie schon sagen." lächelte die Braunhaarige mir gequält advers.
„Oh, ich wette, ihre Eltern haben sich scheiden gelassen und jetzt fliegen Sie für das Wochenende zu ihrem Vater?" meinte ich ironisch aus dem Häuschen.
„Unter anderen. Meine Mutter hat wieder geheiratet und möchte mit ihrem Mann auf seine Baseballtour gehen..."
„... und Sie mögen ihn nicht?" versuchte ich ein Gespräch aufzubauen.
„Nein, so ist es nicht. Ich gönne Beiden diese Tour, deswegen verbringe ich gewisse Zeit bei meinen Vater. Ich habe ihn schon lange nicht mehr gesehen und wollte meiner Mutter ein bisschen Freiheit verschaffen. Und was machen Sie in Forks?"

Die Braunhaarige verstand anscheinend rasch, schließlich überhörte sie nicht das 'auch' und meinen Unterton im gesprächseinführenden Teil auf die Frage, ob sie nach Forks müsste.

„Vermutlich muss ich nur kurzfristig durch. Meine Heimat liegt an der Küste elf Meilen von Forks weg."
„Ihre Eltern warten bestimmt schon auf Sie?"

Hier ist wohl das Problem, welches mich dazu veranlasste mich bei dem einzigen Menschen zu melden, dem ich je etwas bedeutete. Nachdem meine Eltern sich suizidierten, bekam ich ein Angebot einer Privatschule in einem wundervollen Städtchen. Ich zog ohne große Gedanken von Cecina nach Volterra um mich dort ausbilden zu lassen.

„Nein, nur Angelegenheiten, die ich damals zurückließ. Sie kennen bestimmt auch, sie machen einen Fehler und würden lieber abhauen. Rückgrat musste ich erst in den vergangenen Jahren lernen und anwenden. Ich lebte ziemlich behütet auf und als alles abrupt endete, musste ich auf meine eigenen Beinen laufen lernen."

Ich wusste nicht, warum ich einer wildfremden Frau meine Intimität preisgab. Vielleicht war es auch gut mit jemand fernab aller Dinge zu sprechen, die mich nicht verurteilte für das was ich tat.

„Egal, was Sie in ihrer Heimat zurückgelassen haben. Ich denke, Sie finden Versöhnung."
„Danke, dass glaube ich nicht. Ich war mit einem von ihnen zusammen und folgte damals eher meinen Instinkten."
„Ich bin mir durchaus sicher, dass sich für uns einiges ändern wird, wenn wir in Port Angeles aus dem Flugzeug treten."
„Ich bin guter Dinge für Sie." sprach ich eher zu mir.
„Haben Sie den jungen Mann auf den Foto zurückgelassen?" fragte die Braunhaarige neugierig.

Ich nickte, ehe ich mich für den Landeanflug sicherte.

„Wir haben uns schon sehr lange nicht mehr gesehen. Als ich in in Florenz anrief, konnte ich nicht sprechen."
„Moment, verstehe ich es richtig, nach all der Zeit haben Sie den Jungen angerufen, den Sie zurückgelassen hatten. Wie hat er reagiert?" wurde sie allmählich gesprächiger.

Ich tippte darauf, dass sie eine Ablenkung benötigte, weil sie Angst vor dem Anflug hatte.

„Sie wissen gar nicht wie lange so einige Piepser dauern kann."
„Genug um viele Szenarien sich vorzustellen?" stellte sie selbst fest.
„Ja, als ich seine Stimme wieder hörte, kam das schlechte Gewissen hervor, welches mich daran erinnerte, dass ich mich nie bei ihm meldete. Dieses Gewissen ließ mich auch nicht zum Sprechen zu. Als die Stewardess mich an das Telefonverbot erinnerte, schien ihm einzufallen, wer sich auf der anderen Seite befinden musste..."
„All die Jahre erinnerte er sich noch an Ihren Namen?"
„Scheint so. Nun ja, er ist der erste Gedanke gewesen. Ich wünsche mir einfach, dass mein Leben einfacher werden würde."
„Ich wünsche Ihnen viel Glück dabei."
„Danke, ich Ihnen auch. Ich heiße übrigens Veira..."

Als ich die Türschwelle des Flugzeugs hinaus passierte, konnte ich in der Tat nicht erahnen, welch eine Wendung auf uns wartete. Während ich die eine italienische Tür fest verschloss, würde ich die amerikanische Tür aufdrücken mit aller Gewalt. Ich ließ meine Probleme zurück und die Personen, die mir wohl mehr bedeuteten, als ich es mir erträumt hätte. Nichtsdestoweniger kehrte ich endlich nach Hause zurück, um mich mit meinen Fehlern zu konfrontieren und alles aus dem Weg zu schaffen, für was ich Anteil hatte. Auf der anderen Seite würde ich eine andere Weltanschauung mitbringen und wünschte mir, dass mir mein damaliger Freund verzieh. Schließlich ging ich vor zwei Jahren mit meinen Eltern in einer Nacht- und Nebelaktion hinfort und verabschiedete mich nicht von ihnen.

Ich stellte mich ihr namentlich vor, ehe sie schon auf einen Mann zu lief. Auf dem Namensschild konnte ich nur noch kurz 'Bella' lesen, ehe ich an der Schulter festgehalten wurde.

„Veira Campbell, bist du das?" drang eine männliche Stimme in mein Ohr.
„Scheint wohl so."

Ich wandte mich zu dem Mann um. Erschrocken, wich ich in der gleichen Zeit zurück wie er seine Hand von meiner Schulter nahm. Ich trug noch immer meine rotbraunen Haare. Das Einzige, was sich an mir veränderte, war die Größe. Dennoch schien auch dieser Junge keine Fünfzehn zu sein. Das Alter in dem ich ihn den Rücken zu wandte. Sein Blick verschlang mich vor Glück und im gleichen Augenblick blockte er mich mit der aufgebauten Distanz ab.

„Paul?"

Ich wusste nicht, ob ich ihn umarmen, die Hand reichen oder gar nichts machen sollte. Seine Haare hielt er stylisch gen Himmel. Seine Augen versteckte seine wiederkehrenden Gefühle, daher blinzelte er öfter wie gewöhnlich. Seine bernsteinfarbene Haut wurde durch sein schwarzen Pullover zur Geltung gebracht. Seine Lippen bebten unbeholfen.

„Du hast mein Namen also auch nicht vergessen."

Ich schüttelte meinen Kopf und lächelte sanft.

„Ich sollte dich abholen. Hier bin ich." kam es trocken von ihm
„Ich hatte keine Ahnung, dass..." versuchte ich aus ihn schlau zu werden.
„Schon ok, Vei...ra. Ich bin hier und werde dich auch nach Hause fahren."
„Danke. Ich..."
„Ich habe dir schon lange verziehen, dass du mit deinen Eltern gegangen bist ohne dich zu verabschieden. Wie sollte ich es auch nicht tun?"

Er nahm meine Koffer vom Band, ehe er mich zum Auto chauffierte. Nachdem er die Koffer verstaute, setzte er sich auf den Fahrersitz und startete den Motor. Den silbernen Opel Manta CC hatte er als wahrscheinlich geltend in seinem Originalzustand aufgebaut. Die Halbledersitze gaben eine gute Gemütlichkeit.

„Paul... Es war nicht meine Entscheidung zu gehen, aber es hatte mich durchaus klar gemacht, was ich nicht vermissen möchte."
„Und was wäre das?" fragte er mich konzentriert auf die Straße.
„Ich will meinen Freund zurück, dem nichts zu fein war um mich zu überraschen oder zu schützen, dem ich alles sagen konnte, dem ich vertrauen und lieben wusste und dem ich mit meinen Abgang am meisten verletzte. Es gab keinen einzigen Tag an dem ich nicht an dich denken musste."
„Und wieso kamen nie Lebenszeichen von dir?" konterte er bitterlich.
„Ich wusste nicht, wie ich einen Brief anfangen sollte. All die Postkarten von den Reisen waren an dich adressiert, doch wusste ich nicht, was ich überhaupt schreiben sollte und welche Reaktionen ich bei dir hochkommen lasse. Ich hab dich wirklich vermisst."
„Ich habe dich auch nicht vergessen können, Veira. Allein die Tatsache, dass du dich bei mir gemeldet hast..."

Die MarionettenspielerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt