44× February: sad and happy

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*Erzähler Sicht *

Es war ein schwacher Blick in Richtung Mond, der sich hinter dem nächtlichen Nebel in der Stadt, versteckte. Die Sonne war sein Hoffnung auf ein neues, besseres Leben. Diese Wärme wollte er spüren und doch fühlte er nur die Kälte ihres Umfelds. Nun nach fast zehn Jahren wohnte Paul in einer eigenen Wohnung in Moskau; abgeschieden und alleine. In einer Stadt, des ewigen Schnees. Er hatte einen gutbezahlten Job. Jeder, die ihn sah, konnten meinen, er sei mit beiden Beinen fest im Leben. Doch das war er sicher nicht. In seinem Körper war es leer. Sein Herz schlug unruhig. Sein Kopf war so voll von verbotenen Gedanken.

Seine Tage waren dunkel, immer, wenn er in seiner Wohnung saß und merkte, dass er alleine war. Alleine in einem Leben, welches er nicht haben wollte. In einem Leben, in dem er jeden Tag unterging. In einem Leben, welches keiner erahnt wie falsch sein Dasein war. Furchtlos in einem Leben, in dem er nur im Stich gelassen wurde. In einem Leben, welches mehr wie ein Alptraum glich, als eines perfekten Traums…

Vor einigen Stunden saß er schwer atmend auf seiner schwarzen Couch mit einer Tasse Kaffee in der Hand. Der Fernseher lief im Hintergrund. Er verstand nicht, wie man >Scrubs< lustig finden konnte. Sein Phone klingelte seit einigen Tagen vierundzwanzig Mal. Er war mit sich beschäftigt, dass er in diesem Moment, die Klingel an seiner Eingangstür nicht hörte. Zu sehr war er mit seiner Gedankenwelt konfrontiert, die jeden Tag ein weiteres Stück an Macht gewann. Er wusste nicht, ob er vom Leben gehen oder bleiben sollte. Es war ihm egal, was mit seinen nicht existierenden Freunde waren, die nur in ihren Gedanken lebten.

Sein leerer Blick sah auf ein Bild aus einer dieser ‚glücklichen‘ Zeiten. Paul sah dieses Mädchen mit den roten und wilden Haaren. Der Grund für seine veränderte Identität und seinem Abzug aus dem Rudel von Seth. Keiner hatte es gestört, als sie von ihm ging. Keiner hatte es gestört, als sie ihre Fäden lösten und sie immer mehr ins Land des Paradieses verschwand. Nicht einmal Caius hatte dies vollbringen können. Auch er schien wieder einmal in der selben Situation zu sein, wie damals bei seiner Schwester.

Schließlich hatte sie sich auf den Weg gemacht. Auf den Weg in Richtung Erlösung. In Richtung Freiheit. Er ging durch das frische Treppenhaus hinunter auf die Straße, nachdem er sicher war, dass all sein Plan durch diejenigen verworfen wurde, die meinen, immer wieder auf sein Leben zu achten, anstatt auf das eigene. Auf der Straße angekommen, schloss er seine Augen und fühlte sich als wäre er kurz vor dem Ertrinken. Ertrinkend in seinem leeren Leben. Ertrinkend in seiner Einsamkeit. Ein Atemzug zwischen Himmel und Hölle. Ein Blick in Richtung Mond und doch erwartete er die Sonne hinter diesem Nebelschwaden.

Wie oft wünschte er sich, dass jemand bei ihm war und ihm half, wenn er versank. Und nun brach seine Welt. Seine lieblose Welt. Liebe ist ein langer Weg nach unten. Er verbrachte jeden Moment, aber er kämpfte trotzdem. Er wusste, dass es ihm Kraft nahm, wenn er Gefühle zuließ…

Nun wanderte der bereits dreißigjährige Paul durch einen weißen Raum und lief in Richtung eines Spiegels. Es war kein gewöhnlicher Spiegel. Es war ein Spiegel, der ein Blick auf die lebende Welt erhaschte. Er sah sich selbst weinend an einem weißen Grab stehen. Der Spiegel veränderte seine Position und zeigte ihm den Blick des Grabsteins. Mit einem traurigen Blick starrte er auf den wunderschönen weißen Engel, der ein Buch aufgeschlagen hatte und las darin:

Veira Lahote, geb. Campbell

> Der Herr ist mein Hirte, mir wird nicht mangeln, und ob ich schon wandere im finsteren Tal, fürchte ich kein Unglück, denn du bist bei mir.<

„Ich stell tiefe, tausende Fragen, wie es wäre: dich noch einmal zu berühren."

Es war seine eigene Schuld, dass er den einzigen Menschen zurück gelassen hatte, denn er mehr als alles andere geliebt hatte. Er war da, als sie ihren letzten Atemzug machte. Nun stand dieser junge Mann im Sturm und Regen vor dem Grab und spürte ihre Blicke auf seinen Rücken.

Mit einem Mal spürte er eine zarte Hand auf seiner Schulter legen. Langsam wandte er sich von all seiner Tristigkeit ab und sah in die bekannten grün-grauen Augen, die er glaubte, nie wieder zu sehen.

„Paul, endlich habe ich dich gefunden.“
„Veira, ich… Die Geräte wurden abgeschaltet und dein Herz war Tod.“ stotterte er.

Aus seinem Mund kam ein weißer Hauch vor Kälte heraus. Ihr Lächeln wurde geboren und küsste ihn sanft.

„Ich liebe dich, Paul. Ich hab gehört, was du gesagt hast und ich werde dich nie wieder alleine lassen. Ich hab dich genug sitzen gelassen. Lass uns um die Welt reisen und die Zweisamkeit genießen, mein Mann.“
„Aber erst suchen wir die Mörder deiner Eltern...“
„Nein, Paul, es gibt nur noch uns zwei. Ich will nicht wieder eine Geschichte zwischen Gestaltwandler und Vampire miterleben. Durch die Letzte veränderte sich mein Leben sehr. Lass uns einfach nach vorne sehen und uns für immer dagegen wehren. Lass uns gemeinsam alt werden.“
„Deswegen liebe ich dich. Wir für immer gegen den Rest der Welt.“
„Aber eines müssen wir noch tun!“ sprach der Wolfjunge hervor.

Ihre Blicke klebten aufmerksam auf seinem Körper. Fragen schossen in ihren Kopf umher und warteten auf eine simple Antwort.

„Caius leidet, deswegen sollten wir ihm mitteilen, dass du all erwacht bist und ein leerer Sarg im Boden befindet. Das bin ich ihm noch schuldig.“ beteuerte Paul mit einem Handkuss.
„So soll es sein.“

Die MarionettenspielerinWo Geschichten leben. Entdecke jetzt