Geständnisse -7-

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Erhalten und entziffert durch die Hand der Bibliothekarin und Archivarin Dó'a:

Das vierte Anzeichen versprach Leben und sicherte gleichzeitig den Tot. Die Anzeichen der Einsamkeit -meine Hände zittern schon wenn ich das schreibe- waren damit komplett. Nachdem sie mich von einem Mann zu einem Monster gemacht hatten, von Tag zu Tag mehr, und dieses letzte war nach meinem Gespräch mit der Sonne eingetroffen, um mir die Frage zu stellen, die mein Schicksal besiegeln sollte. Aus Angst vor den Gaben der Nacht viel es mir leicht, mich für eine der Seiten zu entscheiden, denn die Antwort, nach der es dem vierten Anzeichen verlangt hatte, war die Entscheidung zwischen Gut und Böse, zwischen Tag und Nacht. Man könnte sagen, dass ich diese Entscheidung voreilig getroffen hätte, man könnte sagen, dass ich mich falsch entschieden hätte (wenn man bereit wäre den Rest seines einfältigen Leben in einer Zelle zu verbringen), doch wenn ich nun so auf meine, mir zu Füßen liegende Stadt schaue, weiß ich, dass ich zumindest bei dieser Abzweigung den rechten Weg beschritt; die Religion des Tages. Und damit sollte ich der erste von vielen sein. Der Erste, dass erinnert mich wieder an den Grund dieses Schriftstücks und weckt schlummernde Erinnerungen. Meine Hand hält einen langen Graphitstift, eine eindeutige Verbesserung zu den Kohlestummeln, die ich in der Fremde hatte „ernten" müssen. Die andere Hand liegt auf dem Papier. Es ist faserig und aus Schilf gefertigt, ein billiges Stück, doch seinen Zweck erfüllt es, zumal sein Tod bereits besiegelt ist. Lange wird dieses Geständnis, das es ist, nicht rumliegen, Staub fangen und von potentiellen Besuchern gelesen wird, stattdessen wird es durch einem milden Hauch von meiner Handfläche in den Kamin befördert werden. Ein Lächeln liegt auf meinen Lippen; ich habe es vermisst zu schreiben. Auf meiner Reise hat mich diese simple Tätigkeit wahrscheinlich nicht nur einmal vor dem Aufgeben gerettet und ohne sie würde ich statt in einem Thron zu sitzen und über meine eigene Stadt zu regieren, irgendwo in den Lehm-Ebenen verrotten. Eine Ironie, dass gerade weil ich nicht dort bin sondern hier, ich keine freie Minute mehr zum Schreiben finde. Ich lausche den Tönen, die mein Musikspieler ausspuckt und rekle mich ein wenig auf den weichen Teppichen meines Gemachs. Ich sitze natürlich nicht wirklich in meinem Thron, das war lediglich eine Metapher gewesen. Mein Blick schweift über die, mit Mosaiken ausgeschmückten, Wände zur weißen Decke. Sie ist schlicht und aus Putz, doch hat sie für mich eine weitaus größere Bedeutung, ja fast schon einen persönlichen Wert, so wie diese Schrift, und da wären wir wieder bei dem Thema, vor dem ich mich gezielt versuche zu drücken. Hallo Flamme meines Kamins, falls du das hier liest, bevor es in deiner Hitze zu einem Haufen Asche vergeht, nun weißt du, wie mein privates Zimmer außerhalb des Ziegelkamins aussieht (allein das macht dich schon schlauer als die Großzahl meiner machtgierigen Minister) und einige andere Dinge, die mir einfach nur so durch den Kopf gehen. Ich würde zwar nicht behaupten, dass mir das Sprechen mit Gegenständen fehlen würde, doch manchmal ist es so viel leichter, als sich mit den Menschen vor den Mauern meines Hofs abzugeben (macht mich das zu einem Verrückten?). Wie dem auch sei, nun muss dieses Dokument sogar noch dringender verspeist werden, also Kaminfeuer, hältst du dich bereit?

Wenn das jetzt geklärt ist, zurück zu meinem Geständnis. Erneut schaue ich in dieses Ding, das ich auf meiner Reise als Tagebuch genutzt hatte. Eine Seite ist aufgeschlagen. Es ist eine ganz bestimmte Seite und unter dem Datum (das nur aus „Jahr 0 nach der Ruhe besteht, da ich schon nach kurzer Zeit mit dem Zählen der Tage aufgehört hatte) sind drei Kreuze in die Seite geritzt und unter jedem steht ein Name: Fog, Heat und Hydrogen (geschafft, jetzt führt nichts mehr um mein Geständnis herum). Ich atme einmal tief ein. Ich zittere. Mein Blick geht immer wieder zu der Tür, die im toten Winkel hinter meinem Rücken verborgen ist. Habe ich abgeschlossen?

Nachdem ich nachgeguckt habe mäßige ich mich wieder ein wenig (natürlich hatte ich an alles gedacht und auch nicht vergessen die Tür abzuschließen). Meine Hand allerdings zittert immer noch und ich hole den Beutel mit den Marshmallows aus seinem Versteck (mein Arzt hatte mir abgeraten in „diesem Ausmaß" weiterhin von diesem „Teufelszeug" zu speisen). Ich verfluchte ihn und steckte mir gleich drei in den Mund. Ich hatte mir vorgenommen, auf Nebenwirkungen zu achten und sofern welche auftraten, nochmal über den Rat dieses Quacksalbers nachzudenken. Es war nichts geschehen. Natürlich nicht.

Eine Prise SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt