Jahr 0 nach der Ruhe
Die Grenzen zwischen Tagen und Wochen verschwammen in der Hitze des kahlen Landes, in dem die Einsamkeit über allem thronte und mich mühsam zermürbte. Die Geier kreisten über meinem Kopfe, störten sich nicht an der Macht die mir Inne wohnte, und in jedem Atemzug prasselten die allgegenwertige Stacheln in meine Lunge und schienen mein Herz perforieren zu wollen. Der Sand, auf den Bergen und in den Ebenen so geschmeidig, versuchte mich auszustopfen und mich ein für alle Mal zur Strecke zu bringen. Doch nicht nur der Bruder des Gesteins bevölkert die tragenden Winde, nein, die Luft war von dem Geruch des Schicksals geschwängert, der aus den Fugen strömte, die mein Marsch in den unebenen Lehmboden drückte und hing an mir, wie die drei Diener der Nacht, die so unermüdlich an mir dran waren, wie die kahlen Vögel am sengenden Himmel, ja, die Sonne machte es ihnen schwer, doch der Gedanke an mein Fleisch ließ ihre Flügel schlagen.
Es ging mir erbärmlich. Zu Tage lief ich. Nicht für mich, sondern für meinen Herrn. Lùmon' hatte mir die Macht gegeben, aus der Zeit der Ruhe zu entkommen und genau diese Macht wollte ich nutzen, um auch die anderen Überlebenden meiner Rasse zurückzubringen in eine Zeit des Fortschritts, die dem Gott des Tages gewidmet sein sollte. (Von der Sonne wusste ich, dass er auch noch Gott mehrerer anderer Dunge war, doch laut ihr zählte er sie am liebsten selbst auf, was einige Fragen in mir aufwarf, von denen einige auf die Glaubwürdigkeit des mächtigen Gottes abzielten) Und es gab weitere Überlebende, dass wusste ich von der Sonne, die so wie ich, Lùmon' diente und seine Macht verkörperte, die nun auch mich durchströmte.
Sicher, sie war weder so freundlich, noch so offen, wie der Mond, doch sie hatte mir klar gemacht, wie falsch dieser war. Sie hatte Geschichten erzählt, die zu einer Zeit vor der Übernahme der Ruhe gespielt hatten, und in denen Anhänger der Nacht vorkamen, die freundlich scherzten, doch hinter ihrem Lächeln Intrigen schmiedeten. Die Diener Lùmon's waren stolz und kämpften um jeden Preis für ihre Sache, doch deshalb waren sie zumeist ernst anstatt fröhlich zu jauchzen.
Wenn ich mich an meine Unterhaltung mit dem Mond zurückerinnerte, dann kam er mir nicht mehr freundschaftlich, sondern übertrieben und unvertrauensvoll vor. Zumal er gewusst hatte, dass die Nacht mir ihre Diener auf den Hals geschickt hatte.
In meinen Gedanken hörte ich das tiefe Lachen des Mondes und es kam mir grausam vor, wie die Bergfronten zu meinen Seiten bebten, die sich noch immer nicht verändern wollte.
Gründe für mein Befinden gab es reichlich. Mein Wasservorrat war seit zwei Sonnenläufen aufgebraucht und in der Nacht litt ich Qualen vor Durst. Pilze, die mir als Nahrung dienten, fand ich zu genüge, doch sie rochen bedauerlich und schmeckten noch schlimmer, weshalb ich nicht mehr aß. Ich konnte nicht sagen, ob ich damit aufgehört hätte, wenn die Magie Lùmon's mich nicht stärkte, jedenfalls tat sie es, und solang die Sonne über dem Horizont blickte, fühlte ich weder Durst, noch Hunger, noch Ermüdung. Wenn sie unterging, und der Mond bedrohlich sein Haupt auf die Erde senkte, erlag meine Kraft, und die Müdigkeit kehrte geballt zurück, begleitet von Hunger und Durst, den Bringern des Todes.
*****
Ich stöhnte auf, als die Müdigkeit verebbte und den beiden anderen den Zutritt ermöglichte. Schmerzen durchströmten meinen Magen und meine Hals schien zu verwelken, während Hunger und Durst ihren grausamen Tanz um mich herum stattfinden ließen. Schmerzensschreie flogen über das Land und zwischen den kolossalen Felswänden, der Gebirge, entstanden unmenschliche Klone meiner Rufe und sprangen hin und her, die Folterknechte anspornend. Doch das einzige was mir Angst bereitete, war das Schaben von Rüstungen, das Poltern von Schritten auf dem Lehmboden und das mephistophelische Zischeln der geflüsterten Laute. Schmerz verging, die Nacht musste sich irgendwann wieder dem Tag beugen, doch die Armee der Schatten holte unweigerlich auf und die die Gaben der Nacht lechzten danach, ihr schwarzen Schattenarme nach mir strecken. Und jede Nacht hörte ich sie näher kommen, egal wie oft ich mir schwor, am nächsten Tag alles zu geben, es war, als würde mich meine Vergangenheit doch wieder einholen. Die Zeit verstrich nur langsam und schien sich an meiner Schmach zu laben und auch die Geier, die sonst jeden schwachen Moment meinerseits ausnutzten, ergötzten sich nun an meinen Qualen, zwinkerten mit den Augen und legten die Köpfe schief, während ihr schwarzes Gefieder mit den wabernden Schatten der Nacht zu verschmelzen schienen.
DU LIEST GERADE
Eine Prise Schicksal
FantasyFünf Menschen erwachen, ihrer Erinnerungen bestohlen, in fremden Land. Die Zeit der Ruhe ist vorbei, soviel steht fest, doch wer ist Verbündeter und wer Feind? Und was ist vor der Ruhe mit ihrer Welt geschehen? Eine Geschichte um Erinnerungen, Götte...