Sein Name -8-

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Jahr 30 nach der Ruhe

Minuten waren verstrichen, bis Twinkle wieder ganz bei sich war. Das Schattenauge kam angelaufen, ein entsetzter Ausdruck auf dem Gesicht. „Ist alles okay?", fragte er und keine Spur von Scheinheiligkeit schwang in seiner Stimme mit, aber er fühlte sich schließlich seiner Taten auch nicht schlecht. Und da man es nicht merkte, dachte sich auch Twinkle nichts dabei, während er vergeblich versuchte, eine angenehme Haltung einzunehmen. Seine Glieder schmerzten und sein Kopf fühlte sich an, als hätte jemand sein Gehirn zweimal herausgenommen und dann ordentlich durchgeknetet (woher auch immer er dieses Gefühl kannte).

„Du weißt nicht, was ich gerade gesehen habe", sprudelte es nur so aus ihm heraus -also die Wörter, nicht sein Gehirn-, doch er bekam nur eine altbekannte Gleichgültigkeit zurück: „Korrekt."

„Du verstehst nicht, ich-"

„Erzähl mir nicht, was ich nicht verstehe", rutschte es dem anderen unbeabsichtigt kaltschnäuzig heraus. Twinkle starrte ihn, scheinbar doch noch nicht ganz da, erschrocken an und er fügte hinzu: „Schon gut, das ist normal. Du hattest einen hypothermischen Anfall."

Nun schaute Twinkle nur noch verdutzt.

„Du hast einen Kälteschock erlitten. Ich glaube, dein Herz hat für einen Moment still gestanden." Nun musste er all sein Können in seine Geschichte stecken. „Ich wollte den anderen Bescheid sagen, da bist du zusammengezuckt und hattest die Augen wieder geöffnet. Dann hast du wieder aufgehört zu atmen, doch ich wollte bei dir bleiben, um nach dir zu sehen."

Twinkles Verstand begann wieder zu arbeiten. Was ihm der Schatten da auftischte ergab keinen Sinn. „Ich verstehe", sagte er lakonisch und versuchte sich zu erinnern, was vor seiner Vision, und er wusste genau, dass es eine war, geschehen war. Nicht nur er, sondern auch das Schattenauge waren von einer unsichtbaren Kraft angegriffen worden und irgendwie, hatte die Schatten, die sein Gegenüber auf seltsame Weise kontrollieren konnte, sie gerettet. Auf jeden Fall wusste dieser Mann etwas, dass er nicht Preis gab.

„Dann können wir nun über das reden, wozu ich dich eigentlich hergeholt hatte."

Nun wurde Twinkle wirklich misstrauisch. Wozu ich dich eigentlich hergeholt hatte. Eigentlich. Doch vielleicht war auch alles ganz anders, dachte er sich.

„Vielleicht ist es dir schon aufgefallen, dass sich Stone eigenartig benimmt."

„In welcher Hinsicht."

Das Schattenauge griente. Darauf hatte er gewartet.

„Hast du schon mal bemerkt, wie freundlich er zu jedem ist? Das ist nicht normal. Außerdem schleppt er, und das kann dir gar nicht entgangen sein, diese Tasche überall mit sich herum und erst heute habe ich ihn unauffällig berührt", den letzten Teil flüsterte er fast: „Seine Haut ist eisig."

Twinkle legte den Kopf schief und hob eine Augenbraue: „Du fasst ihn heimlich an?" Natürlich hatte er einige diese Beobachtungen auch gemacht, doch was war daran verwerflich, sein Hab und Gut immer bei sich haben zu wollen und die Sache mit der Freundlichkeit war einfach nur absurd. Seine kalte Haut war höchstens Besorgnis erregen, aber das war schließlich nichts was Stone absichtlich tat.

„Da ist noch etwas", meinte der andere zögernd. Sein angedeutetes Flüstern wurde zu einem Raunen: „Ich kann in Menschen blicken. Ich kann sehen, wie sie sind und-"

„Ein Hellseher also", witzelte Twinkle: „Und was denke ich gerade?" Seine Stimme nahm einen spöttischen Unterton an, den er eigentlich von sich kannte.

Das Schattenauge schwieg und die Schatten um ihn schienen sich zu verdunkeln. Twinkle dachte an die Schwärze und die Dunkelheit in seiner Vision und wie gut es sich angefühlt hatte weg von dem weißen Licht zu sein. Er dachte an die Schatten, die sie gerettet hatten. Er betrachtete die Schatten über dem Torso des Namenlosen und er konnte, auch wenn er nicht verstand wie, die Schatten des Waldes spüren.

Eine Prise SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt