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Tiënje't – Jahr 30 nach der Ruhe

„Und nun sitzt du hier und lauschst meiner Geschichte", endete ich und Mill seufzte. Langsam erhob er sich aus seiner Sitzposition und streckte sich.

„Ich kann es kaum erwarten, Tiënje't zu sehen."

Ich lächelte über den Sarkasmus, trank den letzten Schluck Tee, der sich noch in meiner Tasse befunden hatte und begleitete ihn dann zur Tür hinaus.

„Du wirst alles sehen, das verspreche ich dir, aber für heute ist es genug. Leg dich hin, ruhe dich ein wenig aus. Morgen ist ein neuer Tag."

Mill lächelte: „Langsam beginne ich den Anhänger-des-Tages-Humor zu verstehen: eine Gute Nacht."

Mit diesen Worten verließ er mein Gemach und suchte sich, wie ich es ihm angeboten hatte ein eigenes Zimmer. Immer noch lächelnd blickte ich ihm hinterher.

*****

Jahr 1 nach der Ruhe

Die Nacht war über das hügelige Land hereingebrochen und ich begann die Schmerzen zu spüren, die meine aufgescheuerten Handgelenke verursachten. Heimlich schielte ich zu Élodie hinüber, die noch immer am Feuer saß und auf mich achten sollte. Sie hatte sich gewährt, diese Aufgabe anzunehmen, doch unter der Zusage, sie könne Alain jederzeit wecken - sie könne Heat jederzeit wecken -, hatte sie sich hilfsbereit gezeigt. Dass es ihr dennoch missfiel und ihr diese Verantwortung schwer auf den zierlichen Schultern lastete, war für mich kein Geheimnis: Élodie wirkte hochgradig nervös, ihre Sitzposition war schmerzhaft aufrecht, ihr Rücken bis zum Anschlag durchgedrückt, die Füße in einem unmöglichen Winkel, und ihr Bein hämmerte einen rollenden Takt in den Boden, das es mich nicht gewundert hätte, wären Laurent oder... Heat von dem Gestampfe aus dem Schlaf gerissen worden. Der neue Name bereitete mir deutliche Schwierigkeiten; wichtig nur, dass ich den alten Namen nicht aussprach, ihn zu denken bereitete keinen Schaden.

„Eine erholsame Nacht, nicht wahr?", verhöhnte ich meine Wärterin.

Ertappt blinzelte sie mich an: „Sei dir versichert, das ich dich umbringe werde, sobald du von keinem Nutzen mehr bist."

„Könntest du das denn? Mir in die Augen blicken und zustechen, oder wie auch immer du es tun willst?"

„Geh davon aus, dass ich es nicht können werde, wenn es dir hilft", gab sie schlagfertig zurück.

„Was hältst du davon, mir deinen Namen zu nennen?"

„Ich habe keinen-"

„Nonsens!", unterbrach ich: „Jeder hat einen Namen. Also wie lautet deiner?"

„Ich", stammelte sie beunruhigt: „Ich weiß nicht, ob ich einfach so... einfach so einen Namen... aus dem Nichts..."

„Wenn es dich überfordert, lass es", lächelte ich sie madig an.

Das Trippeln und Stampfen ihres Fußes hatte sich intensiviert und sie unterließ es, als sie es endlich bemerkte: „Hydrogen. Nenn mich Hydrogen, wenn es dir so viel bedeutet", entgegnete sie schließlich.

Das Stampfen jedoch hatte Laurent geweckt, der näher am kleinen Feuer lag als Heat, und nun kam er auf uns zu: „Ich übernehme", meinte er nur knapp zu Hydrogen – diese ganzen Namen!

Während sie sich in der Nähe von Heat auf den weichen Boden legte und eine angenehme Schlafposition suchte, setzte sich Laurent vor mich, die Beine überkreuzt.

Eine Weile sagte er nichts, saß einfach nur da, und als ich bereits annahm, er wäre eingeschlafen, erwachte er plötzlich wieder zu neuem Leben. Ausdruckslos hielt er einen Finger vor die Lippen und ich hielt mich nickend vor einer Bemerkung zurück. Noch einmal sah er mir prüfend in die Augen und stand dann mit aller Vorsicht auf, schlich auf leisen Sohlen zu seinen beiden Freunden und kam kurz darauf wieder zu mir zurück. Er prüft, ob sie tatsächlich schlafen, ging es mir auf.

Eine Prise SchicksalWo Geschichten leben. Entdecke jetzt