Jahr 1 nach der Ruhe
Es dauerte einen Moment, bis ich überhaupt erst fähig war, die Welt um mich herum aufzunehmen und eines war sicher: sie war nicht die meine.
Vor mir ragte ein kleiner Hügel aus mit Menetekeln überzogenem grauen Stein aus einem unwirtlichen Boden. Die feine Erde, die bei jedem meiner Schritte geradezu in die Höhe schnellte, besaß einen kräftigen Lila Ton, der in einem starken Kontrast zu den hellgelben mannigfaltigen Pflanzen stand, die meinen Weg säumten. Während ich mich dem Hügel näherte, staunte ich über den Himmel, an dem Asteroiden und Planeten fast greifbar nah hingen und auch die Sterne, die letzten Überreste der Armee der Nacht, schwebten über mir und beleuchteten die Gravuren und Ziselierungen, die ich mit meinen Händen am Gestein erkundete. Über allem lag ein Geruch, so herb und gleichzeitig auch so süß, so allumfassend, dass ich ihn beinahe sehen, riechen und fühlen konnte, aber dann auch wieder so nichtssagend, dass ich mich klein fühlte; winzig und allein unter der Führung meines Gottes.
Serpentinen führten den Berg hinauf -von unten hatte er noch wie ein Hügel gewirkt- und mit jedem Schritt wurde das Atmen schwieriger. Die Luft wurde dünner und dünner, doch etwas in mir trieb mich an, weiter zu laufen, nicht aufzuhören.
Als ich den Berg hinab blickte, um abzuschätzen, wie weit ich schon gekommen war, sah ich auf einen blauen Planeten hinunter und intuitiv wusste ich, dass dies mein Planet war.
Mein Atem ging nun stoßweise; noch immer war kein Gipfel in Sicht. Ich bezweifelte, dass Lùmon' so weit von der Erde entfernt etwas für mich tun konnte, doch ich musste wissen, was mich auf dem Berg erwartete, früher konnte ich nicht zurück.
Bei meinem nächsten Schritt begannen die Menetekel im Stein aufzuglühen, erst ganz sacht, dann glommen sie mit jedem Schritt stärker, intensiver, in einem Farbton, der sich dem mir einsehbarem Spektrum entzog.
Ein heftiger Schmerz in meinen Lungenflügeln ließ mich würgen, grell leuchteten die eingravierten Zeichen auf, blendeten mich. Jäh verlor ich mein Gleichgewicht, schloss meine Augen und zog reflexartig die Arme vor mein Gesicht, doch als der vorhergesehene Aufprall nicht erfolgte, schmulte ich verwundert durch meine zu Schlitzen geöffneten Lider.
Ich schwebte eine Handbreit über dem Boden; ohne dass meine Füße diesen berührten, konnte ich laufen. Meine Beine kribbelten und mir wurde ein wenig schlecht bei der Vorstellung, aufzusteigen und unkontrolliert durch die Lüfte zu schlingern.
Auf der dem Berg zugewandten Serpentinenseite brannten nun in regelmäßigen Abständen helle durchscheinende Flammen auf flachen goldenen Schüsseln, die ein psychedelisches Aroma verbreiteten.
Tief sog ich die lieblichen Dämpfe ein und mit Zug um Zug erkannte ich die Farben in denen die Menetekel glommen und die nebelartig den Berg einzuhüllen schien deutlicher, die Worte sie zu beschreiben erlangte ich hingegen nicht.
Während ich noch weiter den Windungen folgte, wurde auch der Geruch von Schicksal intensiver und legte sich fast wie eine Decke auf mich. Schwerer und schwerer wurde ihr Gewicht und das weiterhin ausströmende Aroma stimmte mich glücklich und zugleich müde.
Entrückt torkelte ich, immer noch über dem Boden schwebend, bis mir ein ohrenbetäubender Gong durch Mark und Bein fuhr. Verwundert schüttelte ich mich, wodurch mein Kopf wieder klarer wurde; erstmals verspürte ich die frostigen Temperaturen, die hier oben herrschten.
Der Nachhall des akustischen Zeichens ließ meine Ohren noch immer vibrieren, da erreichte ich ein Tor, hinter dem die Serpentinen endeten. Das Portal bestand aus einem grellroten fremdartigen Holz und auch darin waren runenhafte Symbole eingeritzt worden, die leicht funkelten.
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Eine Prise Schicksal
FantasíaFünf Menschen erwachen, ihrer Erinnerungen bestohlen, in fremden Land. Die Zeit der Ruhe ist vorbei, soviel steht fest, doch wer ist Verbündeter und wer Feind? Und was ist vor der Ruhe mit ihrer Welt geschehen? Eine Geschichte um Erinnerungen, Götte...