18: Brennende Wasser

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Getrieben von Panik trommelte ich- soweit das im Wasser möglich war- auf das Eis ein. Ohne Erfolg. Ich versuchte nach dem Feuer in mir zu suchen, das Feuer, das diese Wand aus Kälte durchdringen konnte. Aber mein Brustkorb fühlte sich an wie mit Packetschnur umwickelt. Eine Schnur, die immer fester gezogen wurde und mir die Luft zum Atmen und zum Denken nahm. Der Instinkt Luft zu holen war fast nicht zu unterdrücken, ein unzubändiges Verlangen danach das Wasser in meine Lungen zu lassen. Und ich wusste nicht, wie lange ich noch die Kraft haben würde es zu unterdrücken. Und dann sah ich die Flammen. In ersten Moment hielt ich sie für eine Hallunziantion, eine Projektion meines müden, panischen Verstandes. Aber sie waren echt. Helle, blaue Flammen, fast genauso kalt wie das Eis über mir, das Eis von dem ich mich entfernte, als ich langsam nach unten sank.

Verbrennen. Ersticken. Ertrinken.

Das war es was Jake damit gemeint hatte. Das war... das war...

Ich wusste nicht mehr wie ich das nennen sollte. Meine Gedanken waren ein Schiff auf einem stürmischen Meer. Die Flammen trafen auf meinen Körper. Und ich hieß die Dunkelheit willkommen.

~~~

Das Dröhnen wurde lauter. Das Schlagen der Wellen gegen die Felsen, ein Schlagen, dass auf kurze Sicht nichts ändern würde und auf lange Sicht den Felsen abtragen würde... das Dröhnen ließ nicht nach und ich registrierte, dass es kein Wasser war sondern nur mein eigenes Blut, dass in meinen Ohren rauschte. Ich hustete und spuckte, drehte mich auf die Seite und schlug die Augen auf.

Ich lebte.

Ich war nicht ertrunken, nicht verbrannt und auch nicht erstickt. Ich lag nass aber unversehrt auf der nassen Ufererde.

“Erstaunlich. Ich habe fast nicht mehr damit gerechnet, dass du aufwachst“

Erschrocken fuhr ich hoch, als ich diese vertraute Stimme hörte. Alec saß im Schatten einiger Bäume und beobachtete mich aus hellen braunen Augen.

“Du!“

Ich wusste nicht, was ich sonst sagen sollte. Mein Kopf dröhnte immer noch und die Erinnerung an seine blauen Flammen unter Wasser waren nicht geraden die schönsten, die ich hatte.

“Willst du mich vielleicht ein bisschen auslachen? Einen Witz über einen Fisch auf dem Trockenden machen? Oder über einen gelöschten Stern?“

“Ich bin nicht Phil. Ich mache keine geschmacklosen Witze“

Er zog ein flachen, schwarzen Smartphone aus seiner Tasche, das bereits einen Riss im Display hatte.

“Du hast bestimmt nichts dagegen ruhig zu sein, während ich meiner Schwester eine SMS schreibe, in der ich ihr erkläre, dass ich dich am anderen Ende des Sees aus dem Wasser gezogen habe, oder? Gerne geschehen, übrigens“

“Äh... ja“

Ich blickte mich um. Tatsächlich konnte ich am anderen Ende des Wassers mehrer Gestalten erkennen. Der See selber lag still und klar vor mir, ohne auch nur eine winzige Eisschicht. Ich kam mir ein bisschen verarscht vor.

“Warum genau hast du das denn gemacht? Nicht, dass mich das stören würde, aber vor ein paar Wochen hast du noch selber versucht mich umzubringen.“

Wir müssen zermalmen oder werden zermalmt“

“Das war keine Antwort. Und ernsthaft? Du zitierst Dickenson? Augerechnet Charles Dickenson?!“

Meinen Lieblingsautoren? Super, jetzt musste ich bei diesem Zitat immer an Alec denken. Aber anstatt sich dafür zu entschuldigen mir das madig gemacht zu haben oder ernsthaft auf meine Frage zu antworten, lächelte Alec nur süffisant und wollte sich wegdrehen, wahrscheinlich um zu gehen. Aber dazu kam es nie: Denn wie ein Komet stürzte sich eine blonde Gestalt vom Himmel und riss ihn zu Boden.

Im Schatten der Elemente [Unbearbeitet Fassung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt