27: Feuer und Asche

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Als wären wir in den letzten Sekunden zu Eisskulpturen erstarrt, starrten wir auf die verschlingende, lechzenden Flammen, die das Baumhaus, dass meine Freunde noch als Kinder gebaut hatten in ein schwarzes, verkohltes Gerippe verwandelte.

Das Baumhaus, indem ich zum ersten Mal von den Elemente erfahren hatte.
Die Elemente!

Ich trat vor und hob die Arme. Mein Herz klopfte. Vielleicht würde ich es schaffen die Flammen zu löschen, bevor sie auf den Baum und schließlich auf das Haus übergreifen konnten. Wahrscheinlich hätte ich das tatsächlich geschafft, aber Nady war schlicht und ergreifend schneller. Das Feuer wurde kleiner und kleiner, bis nur noch Flut und Asche daran erinnerte, dass es einmal da gewesen war. Phil nahm meine Hand, ohne mich an zu sehen. Sein Blick war immer noch wie gefesselt auf den Baum gerichtet. Mir ging auf, dass er mit dem Baumhaus nicht wie ich, einen Ort verloren hatte, der mit der einen oder anderen Erinnerung verknüpft war, sondern einen, an dem sich ein großer Teil seiner Kindheit abgespielt hatte.

"Das war eine Kriegserklärung", murmelte er.

"Und wenn ich Alec erwische, dann mach ich ihn kalt."

"Damit hast du das ausgesprochen, was ich schon seit Ewigkeiten denke", knurrte ich. Alice klammerte sich an ihren Bruder.

"Was ist wenn er noch mehr angezündet hat?", fragte sich und klang ängstlich, aber auch enttäuscht.

"Ich hätte nicht gedacht, dass Alec so etwas tun würde! In letzter Zeit schien er so nett, fast als hätte er nichts mit Rose zu tun."

"Tja"

Nady strich sich wütend eine rote Haarsträhne aus dem Gesicht.

"Einem Schatten ist eben nicht zu trauen. Egal, wer er früher einmal war."

"Er ist immer noch Alec", erwiderte Alice.

"Nur eben... irgendwie anders. Das ist mir auch bei Rose aufgefallen, es ist fast als würde etwas mit den Gefühlen der Schatten nicht stimmen."

"Das spielt doch auch eigentlich keine Rolle."

Jake hatte sich den verbrannten Überresten mit versteinerter Miene abgewendet.

"Wollten wir nicht Aiden suchen? Dafür brauchen wir doch gar kein Baumhaus. Das war so oder so kindisch- wir waren längst zu alt dafür."

"Oho", erwiderte Nady schnippisch und machte eine halbe Drehung, sodass sie Jake genau in die Augen gucken konnte.

"Da hat der Werte Herr Stuart, aber wiedermal eine angebrachte und sensible Bemerkung gemacht! Kann man dich für solche Motivationsreden buchen?"

Er zeigte sich vollkommen unbeeindruckt von ihr.

"Du übertreibst, Nady. So wie immer."

"Ach? Tu ich das?! Dann ist die Situation also gar nicht so beschissen, wie ich tue? Und du hast bestimmt schon einen genialen Plan, wie wir Aiden finden können!"

"Hab ich tatsächlich. Überleg einmal- wer war der einzige, der ihn am See nicht angeschrien hat? Wer ist ebenfalls ein Schatten, wem kann er sich anvertrauen? Ich denke, am besten kehrst du mal im wahrsten Sinne vor deiner eigenen Haustür. Und vor der deines Bruders, Feuermädchen."

"Wenn du mich noch einmal so nennst..."

Nady musste diesen Satz nicht aussprechen, um die Drohung wirken zu lassen.

"Leute", mischte sich Alice ein.

"Hört doch auf zu streiten, das bringt uns auch nicht weiter. Lass uns wirklich nachgucken, ob er sich bei Alec einquartiert hat. Ich könnte mir das gut vorstellen."

Im Schatten der Elemente [Unbearbeitet Fassung]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt