Keuchend schreckte ich hoch und hätte Phil dabei beinah eine Kopfnuss verpasst. Dieser stand über mir gebückt und blickte mich mit großen, grauen Augen an.
"Ist alles in Ordnung? Ich habe euch schreien gehört."
"Klar"
Ich hielt mir den Kopf. Die Bilder, die ich gerade gesehen hatte wollten einfach nicht daraus verschwinden, die Szene schien sich immer und immer wieder zu wiederholen.
"Mir geh es super."
"Gut zu wissen."
Jake hatte sich ebenfalls aufgesetzt und schüttelt sich wie ein nasser Hund, wobei Salz und Chipskrümmel aus seinen dunklen Haaren flogen.
"Ich werde jetzt hoch zu Aiden gehen und in an einen Stuhl binden, damit er gar nicht erst auf die Idee kommt zu Rose zu flüchten."
Er stand auf.
"Nein! Meine Güte, Jacob. Hast du denn überhaupt nicht verstanden worum es ging?"
"Ähm... Okay, Leute."
Phil klang verwirrt.
"Kann mich vielleicht jemand erklären, was genau hier los ist?"
Jake und ich ignorierten ihn beide, immerhin hatten wir hier unser eigenes Problem zu lösen.
"Ich hab es sehr wohl verstanden, Bell", zischte Jake.
"Sogar besser als du, immerhin war das nicht meine erste Vision."
Ich holte tief Luft.
"Hey."
Phils Mundwinkel zogen sich nach oben, sein Grinsen wirkte dieses Mal jedoch eher, als würde er Unsicherheit überspielen und nicht als würde er die ganze Situation ins Lächerliche ziehen, so wie er es normalerweise tat.
"Wenn ihr schon beim Aufklären seid, wäre eine Power- Point- Präsentation nicht schlecht. Ohne verstehe ich nämlich kein Wort."
"Blah, blah, blah ich kann alles besser als du blah, blah, blah, ich verstehe mehr als du blah, blah, blah", platzte es aus mir heraus.
"Ganz ehrlich, offensichtlich verstehst du nichts, ganz und gar nichts."
Ich holte noch ein paar Mal tief Luft um mich zu beruhigen- was aber offen gesagt nicht sonderlich gut funktionierte. Die Vision wiederholte sich immer und immer weiter in meinen Gedanken und die Wut darüber, dass ich mich so hilflos gefühlt hatte hörte nicht auf. Ohne, dass ich es wirklich steuern konnte redete mein Mund schon munter weiter, die Worte wurden immer lauter und immer schneller.
"Weiß du, es steht mir bis hier"
Ich hob die Hand über meinen Kopf.
"dass du immer und immer wieder den gleichen Fehler machst. Du läuft kopflos immer und immer weiter im Kreis. Du hast eine Vision und denkst nicht einmal darüber nach, warum du genau diesen Moment gesehen hast. Dabei ist eine Vision wie ein..."
Ich machte eine kurze Pause um den perfekten Vergleich zu finden.
"... wie ein Buch. Du bekommst es in die Hand gedrückt, schaust dir den Umschlag an und wirfst es weg, anstatt es zu lesen und vielleicht darüber nach zu denken, ob es eine Botschaft hat. Weißt du, was das über dich aussagt? Dass du ignorant und dumm bist."
"Dumm?!"
Jetzt war es Jake der lauter wurde.
"Aber als ich dich aus den offensichtlichen Fallen von Alec und Rose gerettet habe, in die du immer wieder reingeraten bist war ich dir nicht zu dumm, oder?"
"Das ist doch-"
Für eine kurze Zeit blieb mir die Luft weg um weiter zu schreien. Jake schien es ähnlich zu gehen, dafür war Phil jetzt zu hören.
"Leute", setzte er an und wir konnten beide wieder frei atmen, trotzdem hatte er unsere ganze Aufmerksamkeit.
"Was auch immer los ist, ihr übertreibt beide maßlos. Können wir uns nicht hinsetzten und das wie erwachsene Menschen klären? Vielleicht mit der besagten Power- Point- Präsentation?"
"Es ist nicht sonderlich kompliziert", erwiderte ich, dieses Mal mit einer deutlich ruhigeren Stimme.
"Jake versteht einfach nicht, was der einzige Vorteil ist, den Rose uns gegenüber hat. Sie ist in der Lage einen gewissen Teil der Macht der Schatten selber zu nutzen und sie versucht die Schatten zu vereinen. Sie hat ein Ziel und sie scheint zu wissen, wie sie es erreichen kann. Wir dagegen laufen einzeln und allein, ohne eine wirklich Plan herum und reagieren auf die Situationen wie sie gerade kommen. Wir müssen anfangen sinnvoll zusammen zu arbeiten, uns eine Strategie überlegen. Vielleicht können wir damit anfangen heraus zu finden, was genau die Schatten bedeuten und..."
Ich brach ab. Die letzte und sicherlich wichtigste Erkenntnis, die ich in dieser Vision gehabt hatte wollte ich noch nicht aussprechen. Einfach, weil ich mir noch zu unsicher war. Es war bis her nur eine Idee und ich brauchte erst einen Beweis, bevor ich Panik schürrte.
Einen Beweis dafür, dass Rose ein gewisse Macht über die Schatten hatte. Und einen Beweis dafür, dass es einen Charakter verändern, verderben konnte wenn er zu einem Schatten wurde. Ich beendete meinen Satz deshalb mit etwas, was ich für unverfänglich hielt.
"... und wenn wir schon dabei sind zusammen zu arbeiten, könnten wir uns auch Hilfe bei euren Eltern holen. Sie haben doch zum Teil auch Elementekräft, oder?"
Leider war das nicht ganz so unverfänglich und locker, wie ich gedacht hatte. Stattdessen fühlte es sich eher an, als hätte ich in ein Wespennest gestochen. Jakes Miene war wie aus Stein gemeißelt.
"Vergiss es, Mia."
Er wahnte sich zur Küchentür.
"Hey! Ich habe gerade eine fast kinoreife Rede darüber gehalten, warum wir zusammen halten müssen! Und was wir jetzt zu tun haben! Du kannst doch nicht einfach gehen, Jacob... Jake!"
Genervt blickte er sich noch einmal zu mir um.
"Es ist vier Uhr morgens und ich gehe jetzt schlafen. Morgen können wir gerne weiter über diesen Schwachsinn reden"
"Das ist kein Schwachsinn", zischte ich. Phil legte mir eine Hand auf die Schulter.
"Er hat Recht"
"Auf wessen Seite stehst du eigentlich?!"
"Auf deiner", antwortet er ganz selbstverständlich.
"Aber es ist wirklich schon vier und ein so zurückgebliebenes Hirn wir das von ihm kann dann einfach nicht mehr arbeiten."
"Leck mich, Spirit!", hallte Jakes Stimme aus dem Flur.
"Das Angebot muss ich wohl ablehnen."
Phils Grinsen war jetzt wieder selbstbewusst und belustigt wie immer.
"Vielleicht solltest du auch nach Hause gehen", schlug ich vor.
"Versteh das nicht falsch, aber so würde nicht einmal auffallen, dass du hier warst und ein paar letzte erholsame Stunden Schlaf würden uns beiden gut tun."
Er gab mir einen Kuss.
"Gut, aber ich werde einen sehr schönen, dramatisches Abgang hinlegen. Und ich erwarte, dass du mir mindestes mit einem weißen Taschentuch hinterher winkst während ich in den Nachthimmel aufsteige."
"Das werde ich ganz sicher nicht tun. Wovon träumst du nachts?"
"Glaub mir, das willst du nicht wissen..."
Das Knallen einer Tür und Schritte auf der Treppe brachte unser Gespräch zu einem vorzeitigen Ende. Jake betrat die Küche erneut mit weit aufgerissenen dunklen Augen.
"Er ist weg! Aiden ist einfach... verschwunden."
Phil und ich tauschten Blicke. Mir schwandte ganz Übles...
"Tja", unterbrach mein Freund schließlich die angespannte Stille.
"Anscheinend bin ich nicht der Einzige, der geplant hat auszufliegen..."
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Im Schatten der Elemente [Unbearbeitet Fassung]
Paranormal~3. Teil~ "Ich finde das etwas zu allgemein", murmelte Jake. "Ein Schatten ist doch nicht zwingend ein schlechter Mensch" "Sie sind ja eben keine Menschen mehr. Das ist ja das, was ihr nicht versteht" [...] "Es wäre besser sie wären alle tot. Schatt...