Im Schatten der Elemente [Unbearbeitet Fassung]

22: Splitter

"Oh mein Gott!"

"Phil reicht vollkommen."

Ich starrte meinen Freund entsetzt an. Er saß im Schneidersitz auf meinem Bett, neben ihn ein Pizzakarton, und blickte mich grinsend an.

"Schickes Outfit, übrigens. Der Bademantel steht dir besser als das Nachthemd, was du bei unserer ersten Begegnung getragen hast."

Mein Gesicht glühte, wahrscheinlich war ich schon hochrot angelaufen.

"Was um alles in der Welt tust du hier?"

Er hielt den Pizzakarton hoch.

"Ich dachte, vielleicht könnten wir zusammen etwas Ungesundes essen und darüber reden, was heute passiert ist. Oder eben nur essen, ich bin da flexibel."

"Lass mich raten: Jake hat dich reingelassen."

"Nicht so ganz... eher... indirekt. In seinem Zimmer war das Fenster offen."

Ich erstarrte.

"Du bist hier eingebrochen?"

"Ist es immer noch Einbruch, wenn man ganz genau weiß, dass die Personen, die in dem Haus leben einen rein lassen würden?"

"Ja."

Er zuckte mit den Schultern.

"Dann bin ich vermutlich eingebrochen. Aber ich habe Pizza mitgebracht."

Ich zog eine absichtlich übertriebene Denkermiene.

"Dann wirst du vermutlich noch einmal straffrei davon kommen. Und jetzt dreh dich zur Wand, ich will mich umziehen."

Er rührte sich nicht.

"Ich meine es ernst, wenn du guckst, landet meine brennende Faust in deinem Gesicht. Und dass wäre doch schade darum, oder?"

"Ziemlich schade, sogar."

Er hielt sich den Pizzakarton wie ein riesiges Sichtschutzschild vor das Gesicht. Ich hielt das zunächst für einen Scherz, aber wenn es einer war, dann zog er ihn bis zum Ende durch, sogar länger als es nötig gewesen wäre, denn ich stand vor dem altbekannten "Der Schrank ist voll aber für mich ist gerade nichts dabei" Problem, als ich mich dazu entschloss, dass ich das T-Shirt mit dem verblichenen Bandlogo jetzt wohl nicht mehr anziehen konnte. Schlussendlich saß ich aber neben ihm auf dem Bett und öffnete den Karton, als würde er einen alten Piratenschatz enthalten.

Phil legte einen Arm um mich.

"Bekomme ich keinen Willkommenskuss?"

"Erst wenn du mir erklärst, wo das fehlende Stück Pizza hingekommen ist."

"Du warst lange im Bad und ich konnte das gute Fastfood doch nicht kalt werden lassen..."

"Du bist unverschämt."

"Das ist ein Teil meines Charmes"

"Nein, ist es nicht."

Phil bekam seinen Willkommenskuss und ich bekam auch ein Stück von der Pizza. Sie war tatsächlich schon kalt, aber das störte mich nicht. Phil sprach alles, was heute passiert war nicht mehr an, worum ich auch wirklich froh war. Ich musste das Chaos in meinem Kopf, die Geschichte mit Aiden und meine Verwandschaft mit Rose erst einmal selber verstehen und verarbeiten bevor ich mit jemanden darüber unterhalten konnte. Stattdessen lehnte ich mich an ihn an, wir assen Pizza und schwiegen oder redeten über belanglose Dinge, die ich Minuten danach schon wieder vergessen hatte. Er strich mir durchs Haar und ich lauschte dem Schlagen seines Herzens, das Ohr auf seiner sich hebenden Brust. Irgendwann war die Pizzaschachtel leer, Phil fischte die Krümmel heraus und sah enttäuscht in das leere Innere.